Nun. Es regnet.
Und wenn ich an die Frage denke, wie es mir hier geht, wie es mir mit dem Umzug geht und überhaupt, dann... denke ich für den Moment dasselbe "Es regnet".
Natürlich war mir mit der Entscheidung "Wir ziehen zusammen" durchaus bewusst, dass wir beide Persönlichkeiten sind, die es gewohnt sind, im Leben ihre Entscheidungen zu treffen. Die ihr Leben nach ihren Vorstellungen einrichteten und... lebten.
Vor ein paar Tagen sagte ich, dass ich mich mit dem Bewusstsein, jetzt hier nicht mehr zu Besuch zu sein, sondern eben... angekommen zu sein, irgendwie fremder fühlen würde als zuvor als Gast. Und ich glaube, ich weiß auch, warum das so ist: Es atmet nichts nach mir.
Weder wenn ich zur Tür hineinkomme.
Weder wenn ich das Badezimmer betrete.
Weder wenn ich mich nachts in die Kissen kuschle.
Da ist irgendwie nichts von mir.
Nicht mein Bett. Nicht meine Bettwäsche. Nicht mein Geruch, auch jetzt nicht, wo ich bereits ein paar Nächte hier geschlafen habe.
Ich sitze im Zimmer an meinem Schreibtisch, schaue mich um: Ich bin es, die mir hier fehlt.
Ich betrete die Küche, bereite mir einen Kaffee und backe ein Brötchen auf: Ich bin es immer noch, die mir hier fehlt.
Ein schmales Regal mit meinen Lieblingstassen in der Küche, meine Antikkommode mit Fotos von meinen Jungen und einige Bücher im Regal - das sind die einzigen Zeugen dessen, dass auch ich jetzt hier lebe.
Es ist irgendwie viel mehr er als ich - und er reagiert auf "Ich hab die Schale woanders hingestellt" genauso dünnhäutig wie vermutlich ich es tun würde, wäre er zu mir gezogen.
Vielleicht wäre es anders, würden wir gemeinsam in ein neues Heim gezogen sein, würden wir gemeinsam daran werkeln und basteln und uns die Dinge bauen, wie es uns gefällt.
Doch so ist es - aus Gründen - noch nicht, und ginge es jetzt nur nach mir, würde ich mich auch noch eine ganze Weile mit der jetzigen Situation arrangieren wollen. Oder müssen.
Gestern Abend ging mir auch so durch den Kopf, ob jene gewisse Dünnhäutigkeit grad bei Kleinigkeiten auch daher käme, dass sich bereits jetzt, etwa 10 Tage nach meinem Einzug, eine Nähe und eine (räumliche) Enge eingestellt hat, die unzufrieden macht. Dieses Beharren auf "du kommst erst Sonntag zurück" - "nein, ich sagte Samstag" -"nein Sonntag" - "leg mir doch nichts in den Mund, das ich nicht gesagt habe" - "nun, ein Versuch wars wert" hat mich selbst nicht besser fühlen lassen.
Doch anstatt dies anzusprechen, offen und direkt, wie ich es eigentlich immer tu, zog ich mich zurück. Räumlich und innerlich. Unfähig, etwas sagen zu können, auch unfähig, etwas sagen zu wollen.
Im Grunde nämlich ist es eigentlich... ganz einfach.
"Ich wollte nur, dass du auch Zeit für deine Kinder hast, wenn du heimfährst", sagte er heute Morgen.
Klingt gut - aber ist das auch wirklich die Wahrheit?
Zweifel. Alte Zweifel, alte Narben - alles alter Scheiß, den ich längst abgeworfen wissen wollte.
Wenn man in der Mitte seines Lebens beschließt, zusammenzuziehen, sich ein gemeinsames Leben zu erschaffen, dann ist das anders wie damals, als wir zwanzig Jahre alt waren.
Mir war das bewusst. Ihm auch, denke ich. Wir hatten beide gehörig Respekt davor.
Bereuen? Nein natürlich bereue ich nicht.
Ich fühl mich nur etwas verloren... hier. Und weiß, es braucht noch ein wenig Zeit.
Bevor ich wegging, befürchtete ich vor allem, dass meine Söhne und insbesondere der Jüngere mit der räumlichen Trennung nicht so gut umgehen könnte. Er hängt sehr an mir, das war immer so. Und nun ist es so, dass ich nur von ihnen höre, wenn sie nachfragen "Wie war das noch mal mit der Waschmaschine?" oder so wie gestern Abend, als Junior II mitteilte, er habe endlich ein Mädchen gefunden, mit der er sich auch wirklich eine echte Beziehung vorstellen könne.
Sie teilen sich die Hausarbeit, kochen gemeinsam oder einer für den anderen (auch wenn ich davon ausgehe, dass es jeden zweiten Abend Döner & Pizza gibt ;)) und gehen gemeinsam einkaufen. Es klingt wirklich richtig gut, finde ich. So von außen betrachtet.
"Und sonst? Wie geht es euch sonst?" fragte ich zum Abschied und er sagte ganz entspannt: "Sonst ist alles gut. Wirklich."
Die haben dort Sonne, übrigens.
12 Kommentare:
Zitat: "Vielleicht wäre es anders, würden wir gemeinsam in ein neues Heim gezogen sein, würden wir gemeinsam daran werkeln und basteln und uns die Dinge bauen, wie es uns gefällt."
Das mag ein Knackpunkt sein, der dazu beiträgt, sich nicht heimisch zu fühlen, sondern... hm... wie ein "Eindringling". Das klingt blöd, "Eindringling" und ich überlege, ob es das richtige Wort ist. Aber als ich anfangs in die Wohnung vom Mann gezogen bin, habe ich mich genauso gefühlt und ich war froh, als wir umgezogen sind.
Dennoch: Es sind gerade mal 10 Tage. Alles neu. Nicht nur die Wohnung, auch die Stadt. Dann die Jungs, die du zurückgelassen hast und das als die "Löwenmum", als die ich dich einschätze. Ich denke, dass das einfach ein bisschen Zeit braucht. ;)
Ach Helma, neue Lebenssituationen bringen meistens nochmal alte Narben ans Licht. Es braucht alles seine Zeit. Kannst Du nicht zumindest ein paar Dinge von Dir einbringen - vielleicht andere Deko oder so? Oft sind es ja gerade die Kleinigkeiten, in denen wir uns wiederfinden.
Ich wünsch Dir ganz bald ganz viel Sonnenschein!
Liebe Grüsse
Clara
Ankommen braucht ebenso seine Zeit wie loslassen ;) Setz Dich nicht unnötig unter Druck und geb Dir, geb Euch die Zeit, ihr habt sie und in diesen Momenten wenn nix riecht, nix passt, hei scheiss drauf, pack Dein Parfum/Deo oder was auch immer aus und lauf damit sprühenderweise durch die Räume. Stell die Schale morgens wenn er weg ist mitten auf den Tisch und nehm sie mittags lachend und pack sie wieder dahin wo er sie gerne sieht - lach über Dich über Euch, denn würde ich Dir erzählen das es da bei mir gerade dran hapert Du würdest lieblächeln und sagen, dann mach was aber setz Dich nicht unter Druck ;) und wenn gar nix mehr geht dann packt es zusammen an und stellt gemeinsam alles auf den Kopf, sodass für Euch beide alles neu ist ;)
Du bist mindestens so ungeduldig wie ich und alles soll möglichst schon gestern erledigt sein, klappen und funktionieren.
Leicht ist es vielleicht nicht, aber sicher machbar - mit GEDULD!
Hallo Helma,
Ich kann mir vorstellen, dass es in unserem Alter nicht einfach ist, wenn man es gewohnt war "alleine" zu leben, noch einmal sich auf eine andere Person einzulassen. Du konntest sonst machen, was du wolltest, brauchtest auf niemanden Rücksicht zu nehmen. Und jetzt? Ist da diese zweite Person - man will doch alles gut machen. Aber auf Regen folgt doch Sonnenschein. Oder?
Bei uns war das etwas anders:
Die Liebste zog in mein Haus und sagte sofort:
Soooo bleibt das nicht - und dann hat sie das ganze Haus auf den Kopf gestellt und alles, wirklich alles umgeräumt. Ja, sie hat sogar die Zimmer neu verteilt.
Und das war genau richtig so.
Jetzt steht mein Schreibtisch nicht mehr im Souterrain, nein, oben, neben der Küche. Und ich fühle mich total wohl.
Nur ein Gedanke erfüllt mich: Wann kommt sie wieder nach Hause?
Denn ich arbeite nur noch ehrenamtlich, sie fährt jeden Tag nach Köln. Und bringt die leckersten Sachen mit...
LG - Wolf
Liebe Miss April, doch, ich denke, Deine Worte treffens ganz gut - auch der "Eindringling". So fühlte ich mich, als es tatsächlich Streit gab wegen eben dieser blöden Schale.
Liebe Clara, die Wohnung hier ist nicht sonderlich groß, sie reicht gerade so, dass wir uns nicht wirklich auf den Wecker gehen können - aber hier jetzt noch mehr Deko reinzubringen... Wenn es jetzt schon Zoff wegen so ner Schale gibt, mag ich mir gar nicht ausdenken, was passiert, wenn ich z. B. die Vorhänge auswechsle.. Am liebsten würde er nicht mal die Sorte Weichspüler wechseln - aber ich bin es, die einkaufen geht, Punkt ;)
Liebe Goldi, mir wäre es viel zu anstrengend, jeden Tag die Schale hin- und zurückzustellen, und ich glaub, da kann ich richtig typisch nordisch stur sein: Ich mags einfach nicht, wenn Kommoden vollgeramscht werden mit Papieren, Brillen, Schlüssel... Da krieg ich n Fön! Also hab ich meine wunderschöne Steingutschale hingestellt (wie schon auch bei mir daheim), sie mit Nüssen und Äpfeln gefüllt - und seine in den Korridor auf die Kommode: Wenn er heimkommt, kann er alles dort ablegen, stört niemanden. Dachte ich..
Wobei ich eben - gerade weils tatsächlich nur Kleinigkeiten sind - auch das Gefühl hab, dass es gar nicht wirklich um die Schale geht. Vielleicht genügen ja tatsächlich 10 Tage, um sich auf die Nerven zu gehen? Ich meine, ich könnte es sogar verstehen: Wir sind beides Menschen, die viel Freiraum brauchen, und er genießt diesen nun nicht mehr. Ich bin tagsüber ja alleine und freu mich, wenn er abends heimkommt. Während er den ganzen Tag mit zig Leuten zusammen und abends eben auch nicht mal für sich allein sein kann. Für mich selbst wäre das vermutlich auch ein Problem. Wie gesagt, wir beide lieben und brauchen Freiraum, und zugleich sind wir es eben auch nicht gewohnt, nicht mehr mal für uns allein sein zu können.
Gefragt habe ich ihn danach schon. Ne wirkliche Antwort gabs darauf nicht, muss es vielleicht auch nicht.
Liebe Clara, ja, da gebe ich Dir völlig recht: Es gibt Situationen, da bin ich sooo entspannt und geduldig und friedlich (typisch nordisch halt ;)), dass die gelben Seiten glatt nen Koller kriegen könnten - und dann wieder gibts Dinge oder Situationen, da muss es jetzt und sofort oder ICH krieg nen Koller (typisch Papa, das hab ich eindeutig von ihm ;)). Doch da ich inzwischen eben auch keine 20 mehr bin, kann ich mich inzwischen schon auch zur Geduld mahnen: ommmmm :)
Lieber Wolf, würden wir wissen, dass wir hier in dieser Wohnung bleiben, dann wäre das auch meine erste "Amtshandlung" gewesen. Vor allem hätte ich etwas Farbe an die Wände gebracht: alles nur weiß, da wird man ja irgendwann meschugge.
Doch da wir beide diese Wohnung eben nur als Übergang betrachten können (weil sie auf Dauer zu eng wird, außerdem brauche ich ein Zimmer extra zum Arbeiten, Schreiben und Malen), macht es keinen Sinn, hier jetzt großartig etwas zu verändern.
Ich weiß das ja alles vom Kopf her, doch der Bauch... Wissen ist das eine, Fühlen das andere.
Liebe Helma,
ich lese gerne bei dir.
Es kommt mir oft einiges sehr bekannt vor *grinz*
So möchte ich heute mal meine Gedankenkrümel hier lassen.
Wir, mein Anvertrauter und ich, haben auch ein zweites neues Leben. Ich war zu dem Zeitpunkt 50 Jahre jung.
Wir hatte das Problem, dass wir die selben Dinge mit anderen Buchstaben benannt haben. Ich will sagen, wir haben oft an einander vorbei geredet.
Es fiel mir wirklich schwer.
Gerade am Anfang habe ich mich als Eindringling gefühlt, obwohl wir eine neue gemeinsame Wohnung hatten.
Einmal sagte er: Oh, danke das Essen war heute oberlecker. Meine Antwort: Na da habe ich ja Glück da kann ich ja bleiben.
Er war so entsetzt über diese Worte.
Wir haben darüber geredet.
Er hat meinen Hilfeschrei verstanden.
Durch eine glückliche Fügung haben wir den Norden (HH) hinter uns gelassen und haben in NRW völlig neu angefangen. Das ist nun 5 Jahre her und nun ist alles gut.
Ich bin wieder Herr (Frau) in meinem eigenen Leben.
Lieben Gruß
Suzie
Liebe Helma,
das war ein Prinzip von uns, auch als die Töchter noch zu Hause waren:
Jeder hat sein eigenes Zimmer und sein eigenes, breites Bett.
Dazu kam dann ein gemeinsames Zimmer, was auch für Gäste zur Verfügung stand.
Und, ganz wichtig, jeder konnte in seinem Zimmer tun und lassen, was er wollte, Lärm war niemandem gestattet.
Es sei denn, wir hatten gemeinsame Gäste oder Feste. Dann ging die Post bis in den frühen Morgen...
Liebe Suzie, also ich möchte schon gern in den Norden wieder zurück :)
Dennoch bin ich Dir dankbar für Deinen Kommentar. Natürlich weiß ich, dass ich in keiner schlimmen Lage bin ("Jammern" auf hohem Niveau) und ich weiß auch, dass es vielen anderen genauso geht.
Zum einen jedoch befreie ich mich selbst, wenn ich darüber spreche respektive schreibe, und wenn ich dann auch sehe bzw. lese, dass es eben anderen auch so ging und wie sie es für sich gelöst haben :)
Die Tante der gelben Seiten war übrigens nach 20 Jahren Beziehung zum Liebsten gezogen - und die sind beide derart gescheitert, dass sie einander kein Wort mehr wechseln (sie ist nach ein paar Monaten wieder ausgezogen).
Die genauen Umstände kenne ich nicht, aber ich denke, ihr ging es dahingehend ähnlich, dass sie in sein Haus einzog und am liebsten dort so gar nichts verändert werden sollte.
Damit würde ich auf Dauer auch nicht leben können, das weiß ich.
Ja dieses Herr/ Frau im eigenen Leben... Das ist so ein Thema, das ich mal in einem extra Post verarbeiten möchte. Meine Freundin hatte mir vor zwei Tagen was (dazu) geschrieben, und es kam irgendwie.. zum rechten Zeitpunkt ;)
Helma, noch einen Nachsatz zu deinen Söhnen. Ich glaube immer, dass Mütter mehr an ihren Kindern hängen als große Kinder an ihren Müttern. Große Kinder haben ihr eigenes Leben, doch bei Müttern gehören die Kinder wahrscheinlich irgendwie bis ans Ende ihre Lebens mit dazu.
Damit müssen wir uns abfinden, musste ich auch vor langer Zeit.
Ach weißt Du.. Würden die Söhne entscheiden: Ich will in die Stadt XY, wäre es für mich irgendwie... einfacher. Dann wärs ihre Entscheidung :)
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