Donnerstag, 8. Februar 2018

28



28 Jahre.
Ich kann noch gar nicht glauben, dass Du 28 Jahre geworden bist, wenn Du heute Morgen Deine Augen öffnest und ganz verschlafen schaust, ob vielleicht das Frühstück schon fertig sein könnte.
Ich kann noch gar nicht glauben, dass ich Deine Mama bin, wenn ich in den Spiegel schau. Denn eigentlich... fühl ich mich kaum älter als Du es jetzt bist - und wenn ich an Dich denke, dann sehe ich Dich vor mir, wie Du als kleiner Junge warst, mit hellen Haaren, einem verschmitzten Blick und dieser unfassbaren Neugier. Alles wolltest Du wissen, alles wolltest Du erkunden und auf alles wolltest Du immer eine Antwort haben. Keine, die so dahergeredet wurde. Du wusstest genau, ob man Dir zuhörte oder nicht. Und diese unglaublich feinen, sensiblen Wahrnehmungen hast Du Dir bis heute bewahrt, vielleicht sogar noch einmal mehr verfeinert.
Doch heute versteckst Du Dein Wesen hinter einem zurückgezogenen Ich, das viel allein ist, viel zu viel allein für mein Empfinden. Eine Kostbarkeit, ein Diamant irgendwo zwischen all den Kieselsteinen, verborgen und irgendwie doch.. nicht zu übersehen..
Manchmal denke ich.. ich habe Dich lange, sehr lange mit mir herumgetragen und wenn ich mir heute wünschte, Dich in andere Hände legen zu wollen, dann nicht, weil Du mir zuviel geworden wärst. Das kannst Du gar nicht, das kannst Du nie niemals - aber ich weiß auch, dass es noch sehr viel mehr in Deinem Leben braucht als Du in diesem Moment bei Dir hast. Ich weiß, dass Du mich liebst, und ebenso weiß ich, dass Du zu Deinem Glück noch etwas anderes brauchst.
Das wünsche ich Dir so sehr, das wünsche ich Dir von ganzem Herzen - nicht nur heute, jetzt und hier, wo Du, Dein Bruder und ich gemeinsam feiern, dass Du da bist, dass Du bei uns bist, dass wir Dich haben.
Heute wirkst Du von außen manchmal unbeteiligt, manchmal ruppig, manchmal sehr in Dich gekehrt, und wenn man dies beklagt, dann denke ich immer.. dass es so leicht ist, viel zu leicht, eine Nuss zu knacken, die eh schon halb geöffnet ist. Und dann denke ich wieder, dass es eigentlich.. so einfach ist, Dich für sich einzunehmen. Solange man es ehrlich mit Dir meint. Solange man Dich ernst nimmt. Solange man DICH sieht. Und wenn man auf Dich zugeht - denn um das zu tun, bist Du selbst viel zu schüchtern.

Manchmal wünschte ich, Du würdest wenigstens weniger rauchen, wenn Du es schon nicht ganz sein lassen kannst.
Manchmal wünschte ich, Du würdest viel mehr auf Dich achtgeben, indem Du frühstückst oder wenigstens über den Tag etwas zu Dir nimmst, wenn Du Tage zu Hause verbringst. Nicht mit nackten Füßen auf die Terrasse gehst zum Rauchen, während die Minusgrade klirrend über die Haut kriechen und die Härchen aufrichten lassen. Dass Du es nicht nur versprichst, sondern auch tust.
Manchmal schmunzel ich nur, wenn ich hier bei Euch ankomme, meine Tasche abstelle, Dir durch das kurze Haar wusele und Dir einen Kuss auf das Haar gebe und Du Dich beklagst: "Jetzt geht DAS wieder los!"
Manchmal tut mir weh, wenn Du Dich inmitten einer Gruppe von Menschen mehr allein fühlst als an Tagen, die Du wirklich allein verbringst.
Manchmal tut mir weh, wenn Du über Deine Wünsche und Träume sprichst und zugleich hinzufügst: "Na ja aber wer weiß, ob das je mal was wird."
Manchmal tut mir weh, wie wenig Du an Dich glaubst und wie viel Zuversicht Du trotz alledem besitzt.
Du gibst nicht auf, das hast Du niemals - aber mir wird beklommen in der Seele, wenn Du sagst "Du kennst mich, eigentlich bin ich Optimist. Aber manchmal fällt es sogar mir schwer, optimistisch zu bleiben."
Dann sprechen wir manchmal ewig lang miteinander oder schauen Deine Lieblingsserie, deren Dialoge Du bereits im Vorfeld fehlerfrei wiedergeben kannst und worüber wir dann lachen - oder hören uns stundenlang durch die Musik, laden die Songs, die Du in Deinen Ohren haben möchtest, wenn Du stundenlang durch die Straßen oder hinunter zum und um den See läufst, egal, ob tags oder abends, sommers oder winters.
Du kommst zur Ruhe, wenn Du laufen kannst, Du findest Ruhe, wenn Du Deine Musik dabei hast - und darin bist Du mir so ähnlich: in der Liebe zur Musik, in dem Glauben daran, dass vielleicht doch eines Tages alles gut wird und in der unerschütterlichen Kraft, immer wieder neu aufzustehen, weiterzugehen, an das Gute zu glauben und irgendwie darauf zu vertrauen. Du malst so gerne wie ich, auch wenn Du es seit Ewigkeiten leider nicht mehr getan hast. Bücher sind Dir zu aufwendig, aber Sportzeitschriften liest Du so intensiv, dass Du hernach beinah alles auswendig kennst.
Dein Wissen über Fußball überrascht selbst eingefleischte Fans wie Deinen Opa.
Wenn Du nur mehr an Dich selbst glauben könntest... Mehr denn je möchte ich alles dafür geben, DIR selbst zu vertrauen. Auf das zu vertrauen, das in Dir liegt. Du Mensch mit dem Herz aus Gold, wie Dein Bruder immer von Dir sagt. Denn dann kannst Du alles erreichen, alles, was Du möchtest. Lass Dich niemals beirren, lass Dich niemals zerreden, lass Dich niemals zerbrechen. Vertraue Dir, denn Du hast ein wahnsinnig gutes Gespür für Menschen und Situationen. Ich weiß, dass Du Deinen Weg finden wirst. Alles in Deinem Leben hat etwas länger gedauert, um zu werden. Aber es ist geworden. Lass Dir nie niemals einreden, dass etwas nicht geht. Wende Dich den Menschen zu, die an Dich glauben und die Dir sagen "Was willst du tun, was willst du erreichen? Was kann ich dazu tun?"
Weil jeder Mensch jemanden braucht, der bedingungslos an einen glaubt..

Ich liebe an Dir, dass Du Dich nie beklagst, niemals jammerst und Dich auch nicht verbiegst. Wenn Du Unrecht spürst, lässt Du Dich nicht darauf ein - und Unrecht ist das, was Dich richtig wütend machen kann. Dann vergisst Du alles - aber niemals Deine Loyalität. Wer Dich zum Freund hat, der hat Dich sein ganzes Leben lang, egal, was andere sagen. Ob das immer so gut ist, weiß ich allerdings nicht so genau ;) Wer Dich hingegen enttäuscht, das vergisst Du niemals. Du kannst verzeihen, aber nicht vergessen.
Du besitzt ein fotografisches Gedächtnis, aber Dinge, die Dich nicht interessieren, entfallen Dir hingegen sofort. Ich habe längst aufgehört zu zählen, wie oft wir alles mögliche gesucht haben: Schlüssel, Portemonnaie, selbst die EC-Karte etc. Erst gestern Abend wieder und ich verstand Deine Seelenruhe nicht, mit der Du Dich entspannt aufs Bett warfst "Ach ich suche jetzt nicht."
"Du musst doch wenigstens nachgucken, wo dein Schlüssel ist?? Du hast schon mal einen verloren."
"Ich bin ja reingekommen, also muss er mindestens in der Wohnung sein."
So sehr ich Entspanntheit liebe - manchmal machste mich auch irre damit ;)
Vielleicht hätte ich Dir doch zum Geburtstag das T-Shirt kaufen sollen, auf dem steht "Ich bin nichts für schwache Nerven"?
Dann lachst Du - und ich liebe Dein wundervolles Lachen, das meine Seele zum Klingen bringt und das so wunderbar herzlich sein kann mit diesen tiefen Grübchen rechts und links.
Ich wünsche Dir ein Jahr, in dem wir wieder sehr viel öfter dieses Lachen sehen können.
Ich wünsche Dir DEIN Jahr.
Greif nach Deinen Sternen!

Alles Liebe zum Geburtstag.
Von Herzen, Deine Mama

7 Kommentare:

A. hat gesagt…

Die aller<3lichsten Glückwünsche zum Geburtstag, unbekannterweise. ;) Ich glaube, du bist "die Mama", die die allerschönsten und zu Herzen gehendsten Geburtstagsposts schreibt (ich schwelge heute in Superlativen, muss auch mal sein...^^)

Und ich habe gerade Gänsehaut bei folgemdem Satz: "Weil jeder Mensch jemanden braucht, der bedingungslos an einen glaubt." Ja. Das stimmt.

Wobei es wohl am besten wäre, selbst dieser Mensch zu sein, der bedingungslos an sich glaubt? Sonst bist du zeitlebens auf der Suche nach einem Menschen, der diesen Job für dich übernimmt... deinen Job. (Oder denke ich gerade wieder zu verschachtelt... hm... ich denke darüber nach...)



Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Anna, als der Junge heute Morgen seinen Geburtstagspost las, las er auch Deinen Kommentar dazu. Er lächelte und war ziemlich gerührt :)
Natürlich ist es am besten, Selbstvertrauen zu besitzen. Aber ich seh in ihm vor allem auch mich, wie ich früher war. Und wie gut mir tat, dass da jemand war, der an mich glaubte. Das pusht und bringt einen nach vorn und macht es, dass man sich wagt, immer mehr Schritte zu machen und irgendwann zu realisieren: Es geht tatsächlich, ich kann das, ich schaff das.
Und irgendwas in mir weiß, dass er da auch hinkommen wird. Wenn er den richtigen Menschen dazu begegnet - und das wünsche ich ihm sehr.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

..und dann wollte ich noch Danke sagen für Deine Zeilen! <3

gretel hat gesagt…

So rührend, so witzig, so voller Liebe.
Witzig vor allem, weil es wohl nie aufhört, sich Gedanken um nackte Füße und gesundes Essen zu machen, egal wie alt das Kind auch ist.
Alt werden mag viele Probleme bringen, aber jung sein ist heute auch nicht mehr einfach.
Möge es SEIN Jahr werden, unbedingt.
Liebe Grüße

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja Gretel, man hört einfach nie auf, sich Gedanken zu machen ;) Meistens halte ich mich auch raus. Aber wenn ich ihn barfuß auf dem eiskalten Fußboden stehen bzw. sitzen sehe, blutet mir das Herz. Da muss man doch mal was sagen :D Ich glaube, ich bin ganz froh, dass ich nicht alles weiß und sehe - und ich glaube, die Jungs sind auch ganz froh ;)
Ich bin wirklich sehr, sehr gespannt, wie dieses Jahr für ihn wird.

Sanni hat gesagt…

Oh wie schön...was für eine goldene Mutter

Glumm hat gesagt…

Ich bin auch mal 28 geworden und war dieser in sich zurückgezogene Typ, vielleicht ein bisschen überheblich, ohne genau zu wissen, warum. Ich hatte auch mal eine Mutter, die an mich geglaubt hat, wenn alle anderen schon am abwinken waren, aber wenn sie mich knuddeln wollte wie einen kleinen 27jährigen Jungen, tauchte ich schnell ab. Ich schätze, ich war mal ähnlich wie dein Sohn. Ich glaube, mit 28 war die erste Zeit in meinem Leben, wo ich dachte, jetzt geht das wirklich los mit dem Zeugs, den die anderen den Ernst des Lebens nennen. Und genau das machte alles so unheimlich kompliziert. Im Nachhinein betrachtet war 27/28 der Wendepunkt, sowohl zum Guten wie zum Schlechten. 28 hat Potential. 28 braucht Glück. 28 ist das Leben wie mit 27, nur heller.