Montag, 19. Februar 2018

Vegetable Detectives oder: Dem Übeltäter auf der Spur

Meine kratzige Stimme aus Hessen hat früher öfter mal wohlwollend über mich gespottet, wenn ich im Dialog in irgendwelchen Zusammenhängen erwähnte, dass ich gerne ein gemütliches, ordentliches Zuhause habe (Er bezeichnete das gerne mal als waschechten Putzfimmel, hingegen denke ich ja: Wer einen echten Putzfimmel hat, der bekäme bei mir vermutlich eher Schnappatmung.) und dass sich auch mein Essverhalten in den letzten Jahren deutlich veränderte.
Manchmal denke ich mich in das Jahr 2002 zurück, in dem ich erstmals entdeckte, was ein Milchkaffee ist und dass mit einer Latte durchaus Kaffee gemeint sein kann.
Das Jahr, in dem ich die Stadt entdeckte, an deren Rand ich bereits seit 14 Jahren wohnte, wundervolle Ecken, Studentenkneipen, Nachtbars - und eben wirklich gutes Essen. Anderes Essen.
Fingerfood. Tapas. Bruschetta. Antipasti. Kapernbeeren. Italienisches Essen, französisches Essen - bis heute meine unangefochtenen Favoriten, auch wenn ich hier noch ganz viel Entdeckungsbedarf habe.
Ein Jahr später jedenfalls wohnte ich dann allein mit meinen Söhnen - und ganz langsam begann ich auszuprobieren: Wie schmeckt dies und jenes, wenn man es selbst und frisch zubereitet? Wie schmeckt gesundes Essen?
"Du Müsli!" spottete die Hessenkratze ein ums andere Mal - und ich lachte nur darüber.
Ich muss aber auch zugeben, dass ich diese Ideen und Inspirationen erst wirklich umzusetzen begann, nachdem ich mich halbwegs aus den finanziellen Sorgen herausgewühlt hatte. Also relativ spät während meiner Singlezeit. Da ist also noch ganz viel Luft nach oben zur Perfektion. Wobei... Nach Perfektion strebe ich gar nicht, nie, denn Perfektion finde ich gähnend langweilig.

Mit dem Kennenlernen von Herrn Blau entwickelte ich dann erst so richtig die Liebe zum Essen zubereiten, ich entdeckte, wie viel Spaß es machte, auszuprobieren, zu überraschen - und dass er manchmal nur tapfer nickte "Hm, ja, doch, ist gut." Ich hab nichts gegen ehrliche Aussagen, aber ich bin doch schon froh, dass bei mir noch nicht wie bei einem meiner Ex-Freunde der Ehemann wortlos aufstand und das Essen im Klosett versenkte.

Vor drei Wochen waren wir abends zu Gast bei Freunden des Mannes. Zum ersten Mal wagte ich mich an einen Flammkuchen heran, mit selbst angerührtem Hefeteig und so. Mit Hefe habe ich übrigens noch niemals experimentiert, aber ich hatte doch recht gehörigen Respekt davor.
Egal. Nur den Mutigen gehört die Welt, sagte ich mir und griff beherzt ins Regal und zur Hefe.
Es hatte auch alles super funktioniert - bis zu dem Moment, wo es hieß: "Verkneten Sie den Teig gut und rollen Sie ihn aus." Nun. Das, was mir aus der Schüssel mit einem Plopp! entgegensackte und sich leicht fließend auf dem bemehlten Brett ausbreitete, ließ sich ja nun nicht wirklich kneten und erst recht nicht ausrollen. Das war der Moment, wo mir erstmals kleine Schweißtröpfchen auf die Stirn gerieten: "Was, wenn ich DIESEN Versuch komplett versemmle und wir dann nix anderes haben als den Salat der Gastgeber?"
Was soll ich sagen: Der Flammkuchen gelang, wir hatten ein leckeres Abendmahl, ein Glas Wein dazu - und dazu eben jenen Salat, der mich faszinierte: Babyspinat, geraspelte Möhren und Äpfel, große knackige Heidelbeeren und gehackte Nüsse dazu. Ich erlaubte mir, zweimal davon zu nehmen, war ja auch genug da. Und die Gastgeber freut es schließlich, wenn aufgegessen wird. Loben kann man ja viel...
In der folgenden Nacht erwachte ich, geschüttelt von Magenkrämpfen, verbrachte ich eine geschlagene halbe, dreiviertel Stunde im Badezimmer, bis ich mir völlig sicher sein konnte: Da kommt jetzt nix mehr, egal aus welcher Öffnung.
Der Sonntag und der Montag waren gelaufen, ich fühlte mich wie im Würgegriff einer mittelschweren Grippe und erfuhr so nebenbei von einer Freundin, dass ihr und ihrem Kind es gerade ähnlich zu gehen schien. Jetzt fragt mich nicht, wo man sich anstecken kann, wenn man im Home Office arbeitet - aber irgendwo schien ichs doch mit aufgeschnappt zu haben.
Kaum erfolgreich genesen, beschlossen der Mann und ich beim nächsten Einkauf: Den Salat basteln wir uns nach - der war lecker!
Samstags eingekauft, montags zubereitet und genüßlich verspeist, mit Nachschlag, weil der Mann bereits satt war - und in der folgenden Nacht dasselbe Szenario: Magenkrämpfe, Badezimmer, ganze zwei Tage völlig außer Gefecht gesetzt und noch mal zwei, drei weitere Tage bis zur völligen Genesung.
"Mir gehts auch noch nicht so gut und der Kleinen auch grad nicht", vermeldete die Freundin und ich dachte noch so bei mir: "Was ist hier los im Staate, das is aber vielleicht mal hartnäckig, der Scheiß!"
Beinah quer durchs ganze Land häuften sich inzwischen die Meldungen von Freunden, Bekannten und aus der Familie: alles krank. Magen-Darm-Befindlichkeiten oder grobe Erkältung.
Also beschlossen wir: Wir müssen uns wappnen. Mit frischem Obst und Gemüse und - ich kanns langsam weder hören, geschweige denn schmecken: Ingwer. Ja verdammt, das ist schon gut. Aber ich tät schon auch ganz gerne mal wieder etwas genießen, das eben NICHT nach Ingwer brennt.
Also gab es vergangenen Samstag ein Smoothie unserer Wahl: Babyspinat, rote Bete, Äpfel, Mango - und der unvermeidliche Ingwer.
Ihr ahnt es, oder?
Genau. Es sah ja auch ein bisschen.. gewöhnungsbedürftig aus, das Ganze. "Wie Kacke in der Schüssel", grinste der Mann noch, als er servierte. Ich habe mir dennoch ein zweites Mal genommen.
Hätte ichs mal besser gelassen!
Wenn man nachts um drei Uhr schätzungsweise fünfundvierzig Minuten nicht aus dem Badezimmer wieder herauskommt, dann hat man dort nach den ersten Anfällen genug Zeit und Muße zu rekapitulieren: EY WAS GEHT HIER EIGENTLICH AB???
Also mit zittrigen Händen zum Telefon gegriffen und mal ein wenig gegoogelt und an folgender Aussage unter www.christine-knauf.de hängengeblieben: "Wussten Sie schon, dass Oxalsäure zu Befindlichkeitsstörungen oder schweren Erkrankungen führen kann?" Ähm. Ne. Ich wusste nicht mal, dass es Oxalsäure überhaupt gibt. Enthalten unter anderem in frischem Spinat und in roter Bete. A-ha!
"Diese Substanz ist für viele Personen völlig ungefährlich, bei entsprechender Disposition kann sie aber zu vielfältigen Beschwerden und Nierenerkrankungen führen." und "Die Aufnahme größerer Mengen kann auch zu heftigen Magen-Darm-Beschwerden führen."
Das war ja so klar.
Wie sagte einst doch der Kinderdoc? "Ich denke immer, alles bei Ihren Jungs ist das und das und kann ich so und so behandeln - und dann kommt alles IMMER ganz anders."
Nun. Sie werdens wohl von mir haben.
Da willste einmal gesund leben...
"Rauch lieber mal eine, du Müsli, und du wirst sehen, du bist so fit wie ich", hat die Hessenkratze immer geschmunzelt. Denke ich an meinen Vater und dessen fünffachen Bypass vor elf Jahren, dann glaube ich ihm eher nicht. Aber auffallend ist schon, dass die Hessenkratze immer gesund ist - und ich nicht!
Was übrigens die beste Therapie ist im aktuellen Fall? Na das wusste ich dann auch ohne www.
Den Anfall aushalten und in Zukunft die Zutaten meiden oder wenigstens vorher kochen.

10 Kommentare:

waage0310 hat gesagt…

Kreisch...sagsch doch..iss was Vernünftiges..auch mal ein Steak...lach

Du Müsli....https://www.google.de/imgres?imgurl=https%3A%2F%2Fwww.nikon-fotografie.de%2Fvbulletin%2Fpicture.php%3Falbumid%3D11397%26pictureid%3D241959&imgrefurl=https%3A%2F%2Fwww.nikon-fotografie.de%2Fvbulletin%2Fnaturfotografie-einsteiger%2F176502-moewe-an-der-ostsee.html&docid=8JNAcsIaxLq3QM&tbnid=_YgAoncuq2wgaM%3A&vet=10ahUKEwiS_ej43rLZAhWIHsAKHZ1qDSoQMwhGKAswCw..i&w=1024&h=736&bih=922&biw=1920&q=BIlder%20ostsee%20m%C3%B6wen&ved=0ahUKEwiS_ej43rLZAhWIHsAKHZ1qDSoQMwhGKAswCw&iact=mrc&uact=8

Gesunde Raucher-Grüße aus Hessen...:-))))))))))))))))))))))))))))))

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Watt'n Glück, dass Herr Blau resistent dagegen war - oder habt ihr eine Wohnung mit zwei Toiletten? Ansonsten hätte es eng werden können. - Ich hoffe, inzwischen ist alles überstanden.
Liebe Grüße von mir

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Steak gibts schon auch mal, Herr Naseweis, und genau dazu gabs eben den Salat 😂🤪
Ja ja ich weiß schon, was jetzt kommt - das nächste Mal halt ohne Salat 😎

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja Clara, der Herr Blau ist robust, was das Futter betrifft. Badezimmer haben wir nur eins, aber da für gewöhnlich nachts hier alles pennt u die schlimmsten Krämpfe nachts auftraten...
Ne, überstanden ist der Mist noch nicht ganz, aber das gut verdünnte Käffchen geht schon wieder. Und offenbar brauch ich das, denn als ich mich gestern u heut Morgen noch mit einem Kopfweh plagte, als hätte ich drei Tage u Nächte gefeiert, meinte der Mann „Vielleicht bist du ja auch auf Entzug?“
Sowas lass ich mir ja nicht zweimal sagen 🤪
Kopfweh hab ich zwar immer noch, ist aber schon besser geworden. Fehlt wohl noch bisschen was am Pegel 🤪

A. hat gesagt…

Ich sage nur: Grünkohlsmoothie. Hölle, das war echt übel und hat mir wirklich einige Tage die Beine weggezogen. So dreckig ging's mir nach Pommes mit Currywurst oder nach ner schönen Rostbratwurst noch nie.^^

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ernsthaft, Anna??? Ich kann mich nämlich noch sehr gut dran erinnern, als Du mal über dieses Grünkohldingens gebloggt hattest (aber noch ohne Erfahrungsbericht bzw. kann ich mich nur noch erinnern, dass er Dir diesen Völlgefühlbauch weg..äh..blies ;)) und seither schlummert irgend so ein Grünkohldingens in meinem Amazonien-Warenkorb. Ich denke, ich werde es umgehend entfernen!
Übrigens, mir ist grad nach Currywurst! Danke! :D

A. hat gesagt…

Vielleicht meinst du Gerstengras? Das war gut - aber wenn du gescheit isst, brauchste auch kein Gerstengras. Aber Grünkohl? Geh mir wech mit dem Zeug. ;D

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ach jaaaaa!! Gerstengras wars! Wusst ich es doch - irgendwas mit G und Grünem (Gras) hinten dran :D

A. hat gesagt…

Helma, wenn's was mit "G" sein soll, dann nehmen wir die Gurrywurst. Viel besser.^^

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

de Görriewurscht - na von mir aus :D