Freitag, 24. Februar 2023

Ein Junkie der besonderen Art

 Letzte Nacht konnte ich ewig lange nicht einschlafen. Wieder mal nicht. Erst quälte mich die letzten zehn Tage lang bevorzugt nachts der fiese trockene Corona-Husten, der anstandslos genug war, mich schätzungsweise aller fünf Minuten dahingehend erfolgreich zu reizen, dass an Schlaf gar nicht zu denken war - und nun bin ich wieder genesen, doch die schlaflosen Nächte gehen weiter.
(Hab ja mal gelesen, dass, wer nachts nicht schlafen könne, jener in den Träumen eines anderen wach sei. Los! Raus mit der Sprache: Wer ist das Schwein? *kreisch*)

Und weil ich ja schon seit vielen Jahren bevorzugt nachts munter durch die Gegend flirre (könnte aber auch rein erblich bedingt sein, die Mama hat da ja auch so Allüren von wegen nachts um zwei noch n Käffchen kochen, weil der Krimi grad so spannend wird), wurde ich irgendwann ein Fan von Medical Detectives. Mich fasziniert daran vor allem die forensische Aufklärung. Ist es nicht irre, wie die aus kleinsten Kleinstteilen den Täter  identifizieren und nachweisen können?
Letzte Nacht allerdings überkam mich irgendwie so ein Gedanke, ob dieses doch recht kontinuierliche Konsumieren dieser Sendung vor allem in der Nacht nicht doch einen eher unguten Einfluss auf meine  mentale Befindlichkeit hätte?
Ich meine... Angst vor der Dunkelheit habe ich, seit ich denken kann.
Da fühle ich mich auch heute noch äußerst unwohl, wenn der Weg vom Lichtschalter zum Bett größer als eine Schrittlänge ist. Wenn der Mann mal außerhäusig ist, gibts den schon auch immer noch mal, diesen beherzten Satz und Sprung aufs Federbrett. 
Es gab andererseits aber eben auch diese Zeiten, also gerade in meinen wilden Singlezeiten, da war ich - wenn ich das mal so rückblickend resümiere - absolut vertrauensvoll und ziemlich unbedarft im Umgang mit anderen  Männern. Bin in fremde Städte gereist, habe fremde Wohnungen besucht, bin in fremde Autos gestiegen. Wenn ich da heute so drüber nachdenke.. ist es eigentlich unfassbar, was für ein unglaubliches Glück ich all die Jahre hatte.
Grad wenn man sich eben so diese Sendungen in Erinnerung ruft! Es ist ja tatsächlich in den seltensten Fällen ein Zufallsopfer. Meistens kannte man sich - entweder Ex-Partner oder welche aus Deinem Umfeld, die gerne Dein Partner wären. Und wenn die Dich nicht haben können, soll Dich halt auch kein anderer haben. Oder die Dich (wie in einer Folge der letzten Nacht zu sehen) für irgendwas bestrafen wollen, was Du irgendwann mal gesagt hast und dem anderen nicht passte. Oder eben Datingfeinde, die auf diesem Weg so leicht wie sonst nie an ihre Opfer kommen. 

Mit dem nunmehr so nah gerückten Umzugstermin steigt zwar die Vorfreude, aber ich stelle auch fest, dass sich mulmige Gefühle einschleichen. Wer wohnt dort mit uns, wer wohnt im Umfeld, was sind das für Menschen? Können die in unsere Fenster schauen? (Also die Fassade hochklettern wie hier in M dank dieser Holzjalousien draußen am Balkon ist da schon mal nicht möglich. Obwohl... Kommt aufs Equipment an... eventuell...) Weckt man Begehrlichkeiten? Kann sich jemand in der Tiefgarage verstecken und mich dort hinterrücks abmurksen, ohne dass mich je ein Schwein hört? Leute, ich hab so gut wie nie Bargeld einstecken - dat lohnt nich! Zahngold habe ich auch nich. Nur den Ehering und den Verlobungsring - aber das sag ich Euch, Griffel weg, Ihr Klauschweine, sonst gibts Schmorze!  
Aber mag ich in der neuen Wohnung allein schlafen, wenn der Mann verreist? Oder quartiere ich mich bei Sohnemann mit ein, der immerhin sehr bestechlich ist, wenn ich ihm dafür etwas Leckeres zu essen zubereite? 
Letzte Nacht habe ich dann beispielsweise gegoogelt, was es so für technische Schutzraffinessen an Wohnungseingangstüren gibt. Habe mir Rezensionen durchgelesen, wo einer schrieb: "Vergesst den ganzen Scheiß, klemmt Euch einfach nen Keil von innen gegen die Tür, kommt auch keiner rein."
Ich las das und dachte so bei mir: Joar... Simpel, aber geil. Wenn es denn auch funktioniert! In meiner Phantasie ist ja aber leider... ach fragt bloß nicht, was DA alles möglich ist! Da werden sämtliche physikalischen Gesetze ausgehebelt, da ist alles, wirklich al-les möglich!

Der Mann lacht nur noch über mich und rügt: "Hör einfach auf, deine Detectives-Scheiße zu gucken!" und ich glaube, er hat echt recht. Sag ich nicht so gerne, ist vermutlich aber so. Wenn ich so drüber nachdenke, vor wem und vor was ich alles so Ängste entwickle... 
Als er gestern Abend also fragte, ob ich Lust auf nen schönen Film hätte, er hätte da mal was vorbereitet, da meinte ich "Au ja!" und er startete die Serie "Wednesday". Weiß ja nicht, ob das einer von Euch schon mal gesehen hat - aber auch wenn ich weiß, dass es im Real Life keine Monster mit langen spitzen Klauen gibt: Im nebelwadernden, dunklen, lediglich wolkenverhangen-mondbeschienenem Wald damit den Bauch rasiert zu bekommen - na ich weiß ja nicht, ob DAS nun schön(er) ist!?

Vielleicht fange ich ja doch mal mit Guidos Deko-Queen an. Inspiration kann man schließlich immer gebrauchen - und bei Guido scheint die Welt immer irgendwie so in Ordnung. 

7 Kommentare:

Lutz hat gesagt…

Och, min Deern! Mach' mal halblang. Überlege doch mal, neben wie vielen Nachbarn Du im Laufe Deines Lebens schon gewohnt hast. Und offensichtlich war keiner davon ein Serientäter, Massenmörder oder Fassadenkletterer.

Sicher, man kommt immer mal wieder in Situationen, wo man grundlos, aber manchmal auch mit einem kleinen Bauchgrummeln ein komisches Gefühl hat. Aber das sollte man dann auch versuchen, rational einzuordnen. Und in einem mehrstöckigen Mehrfamilienhaus ist man gerade in einem oberen Stockwerk doch sehr sicher. Was sollten denn die Bewohner im Erdgeschoss erst sagen? Und wenn Du dann dort fragst, ist da auch bloß nichts passiert.

Klar, es gibt auch manchmal komische Situationen. Ich z.B. war 2017 zu einer Veranstaltung in Berlin, ziemlich im Zentrum. Mein Hotel lag eher so in den Außenbezirken. Ich bin zu dem Kongress mit den Öffentlichen gefahren. Habe dann aber die Rückfahrt zu wenig beachtet. Bis Kreuzberg bin ich mit den Öffentlichen noch gekommen, aber dann war Schluss. Der nächste Bus in die richtige Richtung fuhr erst in über einer Stunde. Also bin ich losgelaufen. Immer an den Bushaltestellen entlang, weil ich den Weg ja nur grob von der Hinfahrt kannte. Eine reichliche Stunde war ich unterwegs. Einmal auch entlang eines dunklen Parks. Und genau dort kam mir eine Gruppe von 5 oder 6 Jugendlichen entgegen. Auch noch genau auf derselben Straßenseite. Was machst du denn da? Augen zu und durch. Ich bin einfach stur weitergelaufen, obwohl mir schon etwas unwohl war. Und, was ist passiert? Ich hatte am Ende Schmerzen. Aber nur deshalb, weil ich mir die Füße wundgelaufen hatte, weil meine Schuhe für so einen langen Fußmarsch völlig ungeeignet waren.

Also, selbst in dieser "komischen Situation" ist nichts passiert. Muss man da wirklich Angst in seinen eigenen vier Wänden haben?

Die allerallerallermeisten Menschen sind ganz normal, für die ein wie auch immer geartetes Verbrechen nichtmal einen Gedanken wert wäre. Dass die (verhältnismäßig) wenigen Verbrecher so einen breiten Raum in der Öffentlichkeit erhalten, haben sie einerseits natürlich genau diesem ihren Tun zu verdanken, eben weil es nicht normal ist. Und sicherlich in den letzten Jahrzehnten auch, weil es in seinen spektakulären Ausprägungen gern als Quotenbringer in diversen Filmen und Fernsehserien verwurstet wird. Aber man sollte es eben genau deswegen auch realistisch einordnen.

Also, mehr Komödien gucken oder Weltraumabenteuer oder was weiß ich. Dann klappt's auch mit dem Schlaf. :-))

Gut`s Nächtle.

Nova hat gesagt…

Es belustigt mich sehr, dass Wednesday die Gegenveranstaltung war... :D

Solche Ängste habe ich zuhauf, die vermutlich noch irrationaler sind. Ich liebe die Zeitlosigkeit der Nacht, aber ich mag ihren Schatten nicht.

Ich kompensiere das einfach mit den herrlichsten Schnulzen und schaue so einen Kram nicht mehr. Auf dem Dorf fühle ich mich jedenfalls noch wohler als in der Stadt. Obwohl ich schon denke, dass so ein Haus mit vielen Parteien aufgrund der Menschendichte mehr Sicherheit bietet...

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Vor Jahren kam mal ein Polizist zum Vortrag in den Großelterndienst - da ging es auch um die Sicherung von Türen, wenn man sie für Leute an der Tür einen Spalt öffnen will. Er empfahl ein rundes Teil, das sich von allen Seiten wie ein Berg erhöhte.
Gab es in Sicherheitsläden zu kaufen und hat auf einem Teppichfußboden bombenfest gehalten - so fest wäre keine Türkette bei Gewalt gewesen.
Das Teil habe ich heute noch, kann es aber auf glattem Bodenbelag nicht nutzen, weil es weg geschoben werden kann.
Ich bin offensichtlich wenig ängstlich - fast alle hier im Haus schließen auch AM TAG mindestens drei mal ab, möglichst noch mit zwei Schlössern.
Ich stelle früh fest, dass ich meist nicht ein mal zugeschlossen habe. Bisher ist es mehr als sieben Jahre gut gegangen.
Ich bin immer ziemlich bedenkenlos spät abends Verkehrsmittel gefahren, von dort nach Hause gelaufen - zum Glück nie attraktiv genug gewesen für einen Überfall.
L. hat sicher eine niedrigere Kriminalitätsrate als M.
Gruß zu dir

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja Lutz, ich hab schon in so einigen Wohnungen gewohnt - und eben früher sehr unbedarft :) Zum Beispiel hatte ich eine kleine feine Terrassenwohnung im Hinterhaus, wo die Terrassentür offen stand und ich selig in der Badewanne lag. Zwar nicht abends und nicht im Dunkeln, aber trotzdem.
Nach zwischenzeitlich unendlichem Detectives-Konsum allerdings würde mir sowas heute im Traum nicht mehr einfallen. Wie so einiges anderes auch nicht, über das ich mir früher nie Gedanken gemacht hatte. Das Glück war mit der Seligen :D

Ich muss jedoch anfügen, dass ich nicht grundlos so ängstlich bin - und die haben mit Sendungen nichts zu tun, sondern leider mit Erfahrungen :(
An eine erinnere ich mich besonders gut.. Ich war Grundschülerin und morgens auf dem Weg zur Bushaltestelle, weil Klassenausflug. Das Haus meiner Eltern stand unmittelbar an einer Bundesstraße, der Seitenweg jedoch komplett unbeleuchtet. Dort stand ein Mann mit heruntergelassener Hose, der mich aufforderte, mit ihm mitzukommen. Ich bin losgerannt, ins Licht rein - und höre noch heute, wie er mir folgte, bis es ihm zu hell wurde :( Selbst heute, wenn ich jetzt hier davon schreibe, fange ich an zu zittern.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja Nova, ich hab auch nicht schlecht geguckt, als der erste in Wednesday abgemurkst wurde - und das auf eine ziemlich unschöne Art und Weise ;)
Interessanterweise habe ich in der Stadt weniger Angst - solange es gut beleuchtet und belebt ist. Vermutlich wollte ich deswegen auch immer ins Zentrum einer Stadt, wo man abends nochmal vor die Tür kann, ohne sich fürchten zu müssen. Also alleine.
Das hat aber hier in M nicht so geklappt, der Weg von der U-Bahn nach Hause ist zwar nicht lang und auch nicht ganz unbeleuchtet, aber eben seeehr einsam ab dem Abend. Jedenfalls in der Winterzeit. Die Ecke in L, in die wir jetzt ziehen, dürfte ähnlich sein, nur ohne U-Bahn ;)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Clara, ein rundes Teil, das sich wie ein Berg erhöhte: klingt nach nem Kegel?!
Als der Mann den aktuellen Blogpost gelesen hatte, verdrehte er die Augen, schüttelte den Kopf (über mich ;)) und klärte mich dann über gewisse vorhandene Sicherheitsmechanismen auf, von denen ich bis dato noch nix gewusst hatte. Rein logisch sollte ich mich jetzt also gut fühlen! Aber was weiß die Logik schon von meiner Phantasie! :)
Wusstest Du nicht, dass M die sicherste Stadt Deutschlands ist?
L hingegen ist auf Platz 6 der gefährlichsten Städte :(

Lutz hat gesagt…

"... unmittelbar an einer Bundesstraße ..." Fernverkehrsstraße, bitte. Alles mit "Bundes" war damals "bei uns drüben" (wie es damals so schön im Osten hieß - zumindest bei uns war das ein Standardjoke).

Natürlich kann (und sollte) man solche Erlebnisse keinesfalls negieren. Und die Zeiten sind gegenüber damals ja auch nicht gerade ungefährlicher geworden, keine Frage. Nur sollte man versuchen, die Gefahr trotzdem rational einzuordnen. Eine dunkle Straße entlangzulaufen (oder im EG bei offener Terrassentür zu baden) ist etwas ganz anderes als in einer verschlossenen Wohnung einfach nur alleine zu schlafen.

Sonst macht man sich selbst das Leben unnötig schwer.