Sonntag, 11. August 2024

In dieser Küche wird getanzt

Irgendwann vor einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass ich seit einigen Jahren nächtens keine Alpträume mehr erlebe. Vor allem nicht den einen, der immer und immer wiederkehrte: dass mich jemand in meiner Wohnung überfiel, mich entweder ruckartig hochriss, um, wenn er mich mit Wucht wieder zu Boden warf, sicher sein zu können, dass alles, das in einem Körper brechen könne, auch gebrochen sein würde.. Bis heute weiß ich übrigens nicht, woher diese Träume kamen.

Jedoch viel wichtiger finde ich sowieso inzwischen, dass diese Träume schon seit Jahren der Vergangenheit angehören. 

Stattdessen ist es heute so, dass morgens, wirklich jeden Morgen, sobald ich die Augen öffne, irgendein Musiktitel in meinem Kopf ist. Ich erwache sozusagen damit. Ist das nicht kurios? Aber eben irgendwie auch schön!

Und vor zwei Tagen war es dieser Titel. Ich wusste seinen Namen nicht mehr, ich erinnerte den Text für den Augenblick nicht mehr - aber die Melodie, die war in meinem Kopf und nur diese einzige Zeile "..ich habe solche Angst zu sterben.." Es hat einen Moment und Google gebraucht, bis ich zu diesem Titel zurückfand. Seitdem hör ich ihn rauf und runter - und habe auch den Text ultra schnell wieder im Kopf gespeichert. Habe mir außerdem eine Playlist angelegt, in der nur solche und vor allem alte Titel abgelegt sind. Woher kommt das eigentlich, dass es vor allem diese schlagerpopähnlichen Titel sind, die mir so ein gutes Lebensgefühl vermitteln? Weil sie mich an früher erinnern? An die Kindheit auf der Insel? An eine Zeit, in der die Eltern genau all diese Titel rauf und runter spielten und man sich an all das sofort wieder erinnert? Der Mann und ich sind manchmal verblüfft, wie unfassbar viel Text ja doch noch in unseren Köpfen gespeichert ist - nach all der Zeit!

Aber warum auch immer - ich liebe dieses Gefühl, das diese Songs mir vermitteln. Ausgerechnet mir, die mit Schlager so überhaupt gar nichts anzufangen vermochte - und auch nie und nimmer wollte. Jedoch.. Als ich mich heute Nachmittag auf den Weg zum Sohn machte, die Sonne so herrlich schien, da ließ ich sämtliche Fensterscheiben herunter, drehte die Musik auf, fuhr durch die Straßen, genoss und sang! Manchmal hab ich Blicke von Leuten registriert, vor allem die Frau an der Ampel, die mich mit aufgerissenen Augen und offenem Mund begeistert anschaute. Ist das nicht herrlich?? Wenn man Leute mitreißen, wenn man sie "anstecken" kann?

Ich glaube, dass ich deshalb auch so gerne Auto fahr: Ich kann die Musik aufdrehen, so laut ich mag, ich kann so laut singen, wie ich mag, ich fühl den Wind in meinen Haaren und auf meiner Haut, fühl den Wind um die Beine und unter dem Flatterkleid - und dann fühl ich mich so frei!! So herrlich frei und unbeschwert!

Dieses Gefühl hielt dann auch immer noch an, als ich wieder nach Hause gekommen war, in der Küche Kartoffeln für das Abendessen schälte und den Fisch würzte. Draußen schien noch immer die Sonne, es war immer noch warm, ich hatte die Musik in den Ohren und sang mit einer solchen Leidenschaft, als stünde ich auf einer Bühne, die nur mir ganz allein gehörte. Bewegte mich im Takt, wie ich es für gewöhnlich nur mit ein oder zwei Gläsern Weißweinschorle hinbekommen könnte. Ja, der Text ist nicht zum Singen, nicht zum Tanzen  - mir ist das durchaus bewusst. Aber das Leben ist das ja auch nicht - und grad deshalb denk ich.. Man sollte einfach viel öfter singen und tanzen. Wenigstens für einen Moment die Welt vergessen.. So ein bisschen wie in Greys Anatom - die haben sich ihren Frust, ihren Kummer, was auch immer, herausgetanzt. Meistens hats geholfen, sich besser zu fühlen.

Vermutlich sagt das jede Generation - aber ich finde, die Musik aus den 70ern, aus den 80ern, das ist die einzige Musik, die einen heute wirklich vom Stuhl, aus dem Sessel, vom Sofa holen und ein so wunderbares Lebensgefühl vermitteln kann. Die ist irgendwie noch so "handgemacht", obwohl das ja wiederum auch nicht wirklich stimmt. Sie fühlt sich aber so an. Sie fühlt sich.. einfach toll an.

Fast tut es mir leid, dass ich morgen wieder arbeiten muss. Dass ich auch noch einen Home Office-Tag hab. Im Office kann ich ja wenigstens Musik hören, wenn auch nicht so laut, und da kann ich wenigstens auch singen - wenn auch nicht so laut. Hier im Home Office geht das nicht, immerhin sitzt der Mann in meinem Rücken. Oder ich in seinem :) Aber.. Ich hätte grad so echt richtig mega Bock auf eine Autobahntour mit so herrlicher Musik. Am liebsten natürlich sowieso direkt ans Meer. Habe mir aber auch wirklich vorgenommen, wieder mehr ans Meer zu fahren. Habs ja jetzt nicht mehr so weit. Und wenn mir eins nicht schwerfällt, durchzuziehen - dann das.

Und zwischendurch.. wird weiter in meiner Küche gesungen und getanzt :)

1 Kommentar:

angelface hat gesagt…

einmal Frank Farian an und wippen...wippen...wippen...das geht ganz von alleine im Takt sich dreh' n und wenden, ja liebe Helma wie gut kenne ich das auch...und auch ich weiß nicht warum, - weil ich ebenfalls nicht unbedingt Schlagerfan bin oder es jemals bewusst war.
die Musik ist ein Ohrwurm, lockt dazu sich zu bewegen sobald man sie hört. Ich weiß natürlich nicht wie es anderen damit geht, vielleicht lachen sie ja lauthals darüber, - wäre mir aber wurscht.
Musik jeder Art kann betören, einen zum swingen bringen, berühren und man folgt dem Klang denn er macht einen leicht...entspannt und fordert zur Lebenslust auf die uns leider in schwereren Zeiten verloren zu gehen scheint... vielleicht ist es das..?
ich bin gespannt was die anderen die dich lesen, dazu meinen, ich danke erst mal herzlich dass ich nun swingend den Tag beginne auch ohne Autofahrt sondern auf dem Balkon und Garten...
angel