Montag, 21. Mai 2012

Mit Kaffee und Bleistift wird alles wieder gut

Jedenfalls sagt das neuerdings die Wissenschaft.
Na ja so ähnlich, ok.
Wie zaubern wir uns wieder ein Grinsen ins Gesicht? Wir kochen uns einen Kaffee (Doch, haben die wirklich so gesagt; nämlich dass Kaffee gar nicht so gut sei, ist längst Schnee von gestern. Jedenfalls bis zur nächsten Entdeckung.), dann straffen wir unsere Schultern (Sollst du so machen, weil du dann augenblicklich viel positiver denkst. Weil du dich dann selbstbewusster fühlst. Hmm. OK. Habs grad mal ausprobiert. OK. Einen Weg gibts immer.) und final steckst du dir einen Bleistift quer zwischen die Zähne. Weil sich dein Mund dann in Richtung Garfield verzieht, soll dir dann das echte Lächeln leichter fallen. OK. Bleistift nicht in Sicht. Was nehme ich stattdessen?
Um mir irgendwas zu holen, müsste ich jetzt aufstehen, aber ich ruhe gerade so schön auf meinem Bett. Auf das ich gesunken bin, nachdem ich heute Abend heimkehrte, den Brief einer Lehrerin in meinem Kasten fand und Junior II. ordentlich zusammenfaltete.
Eine Schulstunde geschwänzt, die letzte. Eigentlich, so denkt man, kein Drama, und ein richtiger Lauser muss das vielleicht auch mal gemacht haben. Trotzdem bin ich genervt, ohne Ende, denn dieser Lauser will eines Tages andere, fremde Kinder erziehen (oder pädagogisch begleiten, wie auch immer man das heutzutage nennt). Vermutlich wird er sich mit dem kommenden Zeugnis bewerben müssen und vermutlich wird - dem Brief nach - die Kopfnote in Betragen eine Note schlechter. Aber er hatte dort schon nur eine Drei. Immerhin besser als im Vorjahr, hielt er mir entgegen.
"Und was nutzt uns das jetzt, wenn du dich bewerben musst?" raufte ich mir die inzwischen nicht mehr vorhandene Frisur.
"Na was hätte ich denn machen sollen? Etwa als einziger bleiben?" stand er vor mir, die Arme ausgebreitet frei nach dem Motto: Ja wo leben wir denn?
"Warum denn nicht? Fehlt dir dazu vielleicht der Mut? Stell dir vor, mir ging das haargenauso wie dir, als ich in der zehnten Klasse war! Alle wollten abhauen, alle waren sich einig! Nur ich stand da und sagte: OK, macht das, ich verrate euch nicht, aber ich schwänze nicht! Und ich habe nicht geschwänzt!"
"Und dann? Haste dich alleine unterrichten lassen oder wie?"
"Nee, die sind alle geblieben, weil sie sich einig waren: Alle oder keiner! Mir war egal, was die sagten, ich hatte bloß Schiss vor Opa!" - und vermutlich fehlt dir das vor mir, wollte ich noch hinzufügen, aber das habe ich mir dann doch geklemmt. Angst soll mein Sohn nicht vor mir haben. Das wäre das letzte.
Aber ein bisschen mehr Verstand und dafür weniger Mitläufer würde ich mir nicht zum ersten Mal wünschen. Das Selbstbewusstsein, anderen auch mal die Stirn zu bieten und zu sagen: Bis hierher und weiter nicht.
Scheiß auf die Fehlstunde, aber hier gehts ums Prinzip!
Montag jedenfalls müssen sie die Fehlstunde nachholen. Und Mutters Argusaugen entgeht er erst mal nicht mehr, da konnte er die Augen rollen wie er wollte. Geantwortet jedenfalls hatte er nix mehr und das war auch besser so.
Aber jetzt muss ich doch erst noch mal aufstehen, mir einen Kaffee kochen und dann einen Bleistift mit den Zähnen zerknacken. Jedenfalls befürchte ich, dass dieses Schreibutensil meinem Frustbiss nicht eben standhalten wird. Manchmal möchte ich echt meine Taschen packen und einfach nur abhauen und wegtauchen. Blöd nur, dass ich doch gerade erst nach Hause gekommen bin.

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