Freitag, 29. Juni 2012

Erfroren. Bis unter die Haarwurzeln.

"Möglicherweise ist es Migräne?" meinte meine Freundin als Antwort auf die tagelangen, irrsinnigen Kopfschmerzen, die durch nichts zu betäuben waren. Als Antwort auf das Erbrechen. Als Antwort auf das Gefühl, dass nicht nur der Magen verbrennt, sondern gleich der ganze Körper.
Mit Migräne kenne ich mich nicht aus, sowas hatten bislang immer nur die anderen.
"Leg dich in die Badewanne und gleichzeitig einen Eisbeutel auf den Kopf", sagte sie.

http://www.gaestebuchbilder.net/bild-eis-augen-93.php
Dazu habe ich angesichts der Uhrzeit keine Lust mehr. Nicht heute.
Und Eis.. Ach ja, ich hab ja noch eine Ladung Schoko im Eisfach. Wenn man das kiloweise essen tut, ob das dann auch gilt?
OK, gleich ein Kilogramm habe ich nicht gebraucht.
Schon nach ein paar Löffeln schien mir, als erfriere ich.
Mit einer dicken Schutzschicht hinter meiner Brust.
Einer Schutzschicht, die immun macht gegen Frustrationen und Enttäuschungen anderer, die irgendwie... grad zu sehr bei mir abgeladen werden. So erscheint es mir.
Und wo bleibe ich? Mit dem, was ich fühle? Was ist mit mir?
Irgendwie.. möcht ich grad nichts mehr fühlen. Und nichts mehr denken.
Irgendwie.. möcht ich grad überhaupt nichts mehr.
Ich fühl mich leer und traurig. Und erfroren.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Märchen von der traurigen Traurigkeit

Es war einmal eine kleine Frau , die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch Ihr Gang war recht leicht und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens.
Bei einer zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staube des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte : Wer bist du? Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. Ich? Ich bin die Traurigkeit, räusperte die Stimme stockend und so leise , dass sie kaum zu hören war.
Ach, die Traurigkeit !rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte grüßen. Du kennst mich? fragte die Traurigkeit misstrauisch. Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein Stück des Weges begleitet.
Ja, aber… argwöhnte die Traurigkeit, warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du den keine Angst? Warum sollte ich denn vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selber nur zu gut, dass Du den Flüchtenden einholst. Aber, was ich dich fragen will, warum siehst du so mutlos aus? Ich…ich bin traurig, antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme. Die kleine Frau setzte sich zu ihr. Traurig bist Du also, sagte sie, erzähl mir doch was dich bedrückt.
Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. Ach weißt du, begann sie zögernd und äußerst verwundert , es ist so ,das mich einfach niemand mag.
Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit unter ihnen zu verweilen. Aber wenn ich komme, erschrecken sie,fürchten mich und meiden mich wie die Pest! Die Traurigkeit schluckte schwer.
Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich verbannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp , das Leben ist heiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen, Kopfschmerzen und Atemnot. Sie sagen: gelobt sei, was hart macht und dann bekommen sie
Herzschmerzen.
Sie sagen: man muss sich zusammenreißen und sie spüren, dass Reissen in den Schultern und dem Rücken. Sie sagen: nur Schwächlinge weinen und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber, sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen (und Eis), damit sie mich nicht fühlen müssen.
Oh ja, bestätigte die alte Frau, solche Menschen sind mir schon oft begegnet.
Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe Ihnen ein Nest zu bauen um, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf, wie eine schlecht verheilte Wunde und das tut sehr weh. Aber nur , wer die Trauer zulässt, und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich Ihnen dabei helfe.Stattdessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben.Oder sie legen sich einen dicken Panzer an Bitterkeit zu. Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und wie sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel. Weine nur Traurigkeit, flüsterte sie liebevoll,ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst , du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern.
Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an macht gewinnt. Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin.
Aber … aber wer bist du eigentlich?
Ich? ...sagte die kleine Frau schmunzelnd und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen.
Ich bin die Hoffnung!

(Unbekannt)