Dienstag, 5. Juni 2012

Ganz Wien hat den Blues

ganz wien hat den blues
ganz wien schleicht dahin
ganz wien hat den blues
das liegt in uns drin..




ich glaub, heute abend hab ich begriffen, warum ich schon so lange davon träume, wien für mich zu entdecken. ich war noch kind, als ich meine leidenschaft zur musik entdeckte. ich sang. ich spielte klavier. und ich hörte radio rauf und runter. ossi hin oder her, fakt war ja, dass wir nicht wahllos alles hören konnten oder durften, was wir wollten. sondern nur das, was durch die mauer durfte. vielleicht wäre ich sonst nie auf diesen liedermacher aufmerksam geworden. damals. vielleicht aber auch trotzdem, weil ich selbst mit meinen zwölf jahren voll auf die sehnsüchtigen blauen augen und die locken, die ihm ins gesicht fielen, abfuhr.
ich mochte die sehnsucht, die sich auf mich übertrug, ohne dass ich damals je hätte verstehen können, was er da eigentlich in mir weckte. ohne diese empfindungen verstehen zu können, die ich aber sorgsam in mir trug, lief ich durch die welt, immer auf der suche nach diesen sehnsuchtsvollen augen. komisch eigentlich, dass der mann, den ich heiratete, kaum dass ich die eierschalen abgeworfen hatte, so ganz anders war.
jedenfalls, dieser liedermacher, er besang wien, er besang seine kindheit, die liebe in den allermöglichsten farben. und von kindheit an mochte ich sie, die farben seiner gedanken und empfindungen und als ich etwas älter wurde, träumte ich davon, eines tages in solchen cafés zu sitzen, die beine und die seele baumeln zu lassen. heute seh ich mich dort sitzen, mit einem strohhut über den haaren, mit einem buch in der hand und den nackten füßen, vor mir ein kaffee, ein riesiges stück schokotorte.
noch zweimal schlafen, dann geht die reise los, und ich bin schon jetzt so aufgeregt, dass ich überhaupt nicht einschlafen kann. in mir ist alles voller vorfreude, und mir scheint, es ist zugleich eine rückkehr in eine zeit voller unbefangener, reiner freude, zuneigung, liebe.. ich glaub, genau das ist es, warum ich mich so freu.
zwei seiner alben besitze ich noch, ich habe sie heute abend herausgekramt, entstaubt, sie liegen im dauerrepeat im player, sie klingen durch die sinne, durch jeden zentimeter meines körpers, die haut vibriert, die sinne vibrieren. und ich fühle mich zurückversetzt in eine zeit, die lange her ist. in ein ich, das lange her ist.
heute abend hatte ich ein unschönes telefonat mit dem vater meiner söhne. es endete wie es fast immer endet: indem ich einfach inmitten seiner wortreichen, unschönen tiraden auflegte. natürlich hat mir in dem moment das blut in den ohren geklopft, haben sich mir die nackenhaare aufgestellt allein bei dem gedanken, dass man mit diesem menschen einst ein leben teilte, und als es dann an der haustür klingelte, dachte ich: "wenn er das jetzt ist, zerreiß ich ihn in der luft." jedoch es war eine freundin, verweinte augen, eine flasche wein in der hand, und ich zog sie zur tür herein und nahm sie in die arme.
lange haben wir gesessen und geredet, ich habe ihr zugehört, ich habe ewig an dem glas wein getrunken, das glas in den händen gehalten, und mir hat wieder dieses blut in den ohren geklopft und in dem reden über unerfüllte sehnsüchte, enttäuschte hoffnungen, verletzte gefühle musste ich mit einem mal und unwillkürlich an wien denken, an diese musik, an meine eigenen sehnsüchte, hoffnungen, gefühle. enttäuschte, erfüllte, schmerzhafte, wunderschöne. man sagt ja immer: "schau immer vorwärts, nie zurück." ich weiß nicht, aber ich sehs doch ein bisschen anders. weil, zurückschauen empfinde ich nicht zwingend als rückschritt. zurückschauen.. kann auch bedeuten zu sehen, wie weit wir heute gekommen sind. den riesen schritt zu sehen.
oftmals ist es mir so vorgekommen, als rannte ich wie ein hamster in seinem rad: immer weiter, immer schneller und er begriff einfach nicht, dass er niemals ans ziel gelangen würde...
inzwischen ist es irgendwie.. anders. das rad verlangsamt sich.. ich steige aus.. und nehme wahr, was alles um mich herum ist. und genieße es. ich genieße mich. mit aller gelassenheit.

ich hab den blues
ich schleich dahin
ich hab den blues
das liegt in mir drin..

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

also in westsachsen konnte man rias2 und bayern 3 hören, trotz mauer ! somit drang an unsere ohren alles....

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

...nur dass ich eben nicht aus westsachsen stamme, sondern aus dem hohen norden - und da war nix mit sendern hinter der mauer ;)