Donnerstag, 10. Juli 2014

The Long Day Is Over

  

Ich besitze drei Alben von ihr. Dieses hier war mein erstes, und es begleitete mich in der wohl intensivsten Zeit meines Lebens. Auch darum wohl wird es für mich ihr allerschönstes Album bleiben, für immer & ewig.

Als ich heute Abend heimkam, da war der eine Junge noch unterwegs, während der andere schon in der Tür stand, um das Haus zu verlassen. Ich stellte meine Tasche ab, streifte mir die Sandaletten von den Füßen und das Kleid von den Schultern. Löste meinen Haarknoten und stellte die Musik an. 
Oh Gott, ich liebe es so... Mit jedem Zentimeter von mir kann ich diesen Augenblick genießen, wie der Geist und die Seele noch immer kreiseln ob der Anspannung des Tages, langsamer und immer ruhiger werden, bis in jeder Zelle meines Seins nur noch die Musik lebt, der Klang, die Vibration, und dann ist da nichts mehr in meinem Kopf, kein Job, keine Pflicht, keine Bügelwäsche, kein Abendessen zubereiten... Einfach nichts außer der Musik und den wunderbaren Bildern, die hinter meiner Stirn und vor meinen Augen erwachen, auftauchen, und dann schenke ich mir ein Glas Weißweinschorle ein und erhebe das Glas. Lasse  das Badewasser einlaufen, ruhe auf dem Badewannenrand, während mein Blick meiner Hand folgt, die beinah bedächtig das Badesalz im Wasser verteilt...
Erst unlängst schrieb ich irgendwo, dass Zeit etwas ist, das wir nicht mehr haben und uns nicht mehr geschenkt wird. Nicht mehr zum Zuhören, nicht mehr zum Verweilen, nicht mehr zum aneinander lehnen. Und dann ruhte ich vollkommen entspannt auf dem Rand meiner Badewanne und mir kam einmal mehr der Gedanke: "Es sind wir. Wir sind es, die sich die Zeit nicht nehmen, die durch den Tag eilen, weil wir glauben, wir müssten noch dieses und jenes, weil wir meinen, es wird von uns verlangt, erwartet, vorausgesetzt und weil wir der Auffassung sind, wenn wir nicht machen, dann macht es niemand und dann wird es auch nichts mehr werden" - doch je mehr wir hasten, tun, bemühen, desto weniger hören wir die anderen und vor allem auch nicht mehr uns selbst. Wir hören uns nicht mehr, wir fühlen uns nicht mehr, wir spüren uns nicht mehr. Wir vergessen, was wir brauchen, was wichtig ist für uns - und was wir eigentlich wollen.
Wir funktionieren und wir reagieren.
Aber das ist mir nicht genug.
Ich will nicht funktionieren und auch nicht nur reagieren - ich will agieren. Ich will leben. Lieben. Genießen. Das, was ich habe, will ich mit ganzem Herzen und mit der Kraft meiner Leidenschaft fühlen, erleben.

Einer der langen, unsagbar angespannten Tage ist vorüber gegangen.
Und ich nehme mir die Zeit für mich selbst. Lege mir die Hand auf die Schulter und bette meinen Kopf darauf. Im Spiegel kann ich sehen, dass ich lächel. Einfach so.

2 Kommentare:

ladybright hat gesagt…

Ich kann zwar den Link nicht sehen, den du eingefügt hast, da utube hier gesperrt ist, aber ich hatte bei deinem Text gleich ein bestimmtes Lied im Kopf. Hier ein Textauszug:

Annett Louisan "Alles erledigt"

Menschen machen, planen tausend Sachen
und nach und nach komm' Häckchen hinten dran
Erst Haus und Garten
Weltreise muss warten
bis die Kinder aus dem Haus sind
aber dann

Glück kommt mit der Zeit
doch sie rinnt wie Sand durch unsre Hände
nur die Wünsche geh'n am Ende

nie zuende
Schrei das Schicksal an
bis es sich bewegt
sonst hab'n wir irgendwann
alles erledigt
aber nichts erlebt

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Lady, der Link ist derselbe von FB gestern Abend :)
Den Song von Annett kenne ich nicht, aber allein vom Text bekomm ich eine Gänsehaut. Es ist ja das, was ich immer sage: Ich verplane mein Leben nicht (gern). Ich lasse oft und viel auf mich zukommen, schau, was passiert, (er)lebe... so gut es eben geht. Nur die Eckdaten, die werden geplant ;)