Montag, 14. September 2015

Lieb mich, wenn Du kannst



Manchmal denke ich, dass es schade ist, dass ich in meinen Singlezeiten noch nicht bloggte. Liebe Frau I., warum hast Du mich nicht einfach eher darauf gebracht? :)
Im Frühjahr 2003, als ich mich zum ersten Mal ins web begab, um überhaupt mal jemanden kennen zu lernen, da habe ich das alles doch ziemlich... ernst genommen. Ich habe mir tatsächlich die Mühe gemacht, auf alles und jeden zu antworten und das zumeist so ausführlich, dass mir jemand irgendwann mal begeistert schrieb: "Es ist der helle Wahnsinn!! Ich hab mir mal Deine E-Mail ausgedruckt, kannst Du Dir vorstellen, dass die zwölf Seiten lang ist?" (Er war wirklich begeistert davon - und ich habe natürlich nicht jeden so zugetextet.) Einen Stapel ausgedruckter E-Mails von verschiedenen Leuten habe ich heute noch; schade auch, dass ich mir nicht mehr davon aufgehoben habe. So mit einigen Jahren Abstand ist es irgendwie doch ganz witzig, ab und an mal nachzulesen, was man alles so von sich gegeben hat. An manches davon denke ich heute noch ab und an.
So wie der eine, der mir mal schrieb: "...Du schreibst sehr schön und ich finde es auch erfrischend, dass Deine Rechtschreibung so gut ist. Aber nicht jedes ß wird mit ss geschrieben. P.S. Sorry, ich bin Lehrer." Witzigerweise achte ich seither bis heute darauf, also bei anderen ;)
Ich habe mich auch nicht mit jedem getroffen - das wäre schon rein logistisch gar nicht zu bewältigen gewesen. Aber das Interesse daran hatte ich auch gar nicht. Erst mal abwarten und gucken, wer der andere überhaupt war. Wobei ich da weniger an die Gefahr dachte, nach dem ersten Kaffee oder Wein abgemurkst in der nächsten Ecke zu liegen. (Wenn ich heute allerdings an so manche Situation denke, dann kann ich wem auch immer danken, dass ich eben keinem verkappten Irren begegnet war.) Vielleicht sah ich nicht in jedem Typen den potentiellen Nächsten - aber getroffen habe ich mich nur mit jenen, die ich mir zumindest vorstellen konnte. Ja ich weiß, ist total oberflächlich, war aber trotzdem so.
Überhaupt muss ich sagen, dass ich übers Netz weitaus mehr Männer kennen gelernt habe, mit denen ich tiefergehende, interessante Begegnungen und Dialoge hatte, ohne dass sie auch nur irgendwas mit Sex zu tun gehabt haben. Und ja - ich persönlich glaube daran, dass eine Freundschaft zwischen Mann und Frau tatsächlich möglich ist, auch wenn der Mann nicht schwul ist. Gut, vielleicht auch nur, solange einer von beiden ignorant genug bleibt - oder wenn man irgendwann schon mal ein Paar gewesen war. Man kann und man muss nur nicht auch mit jedem befreundet sein.

Ich war einige Jahre im Netz unterwegs. Mit Pausen zwischendurch, solange ich in einer Beziehung war. War diese beendet, folgte fast umgehend ein neuer virtueller Auftritt. Nicht um mich gleich in die nächste Begegnung zu stürzen - aber um mich abzulenken. Mich nicht mit mir und den Ereignissen beschäftigen zu müssen. War - auch wenns nicht gut war - meine Überlebensstrategie.
Ich wusste genau, ich konnte noch nichts und ich wollte auch noch nichts Neues eingehen - aber allein das Gefühl, dass ich es hätte können, das genügte mir für diesen Moment. Und vermutlich hätte ich meinen Blog auch mit so lustigen bzw. denkwürdigen Posts füllen können wie die Juliane.
Vom Papst Paul, der darauf stand, sich selber zu erniedrigen, und der einem die Füße küssen und lecken würde - gerne auch im Beisein einer Freundin. (Ein Fußfetischist wird übrigens in diesem Leben aus mir nicht mehr. Auf Zehen lecken stehe ich so gar nicht.)
Vom Typen, den ich tagelang allen Ernstes vom Wert des Lebens überzeugen wollte, dass da noch mehr sein musste, als die Bilder nackter Frauen an die Wohnzimmerwand zu pinnen. Auch dann, wenn man - den eigenen Argumenten nach - noch so fett und hässlich sei etc. Ach Gott, war ich scheiße naiv!
Und so weiter und so fort.
Insbesondere aber finde ich es vor allem deshalb schade, nicht schon damals gebloggt zu haben, weil ich selber meinen Weg gerne "nachgezeichnet" hätte. Den ich heute hätte nachlesen können, mich zurücklehnen würde können, um mir selber noch einmal zuzuschauen -  und so vielleicht weniger an mir selber zweifeln würde. Die Zeit vergeht und man vergisst so vieles. Zu vieles Wichtiges, auch wenn das Elementare im Bewusstsein verankert ist. Manchmal finde ich es gut, sich an Vergangenes zu erinnern, sich an Schritte zu erinnern - und an die Beweggründe. Für mich lässt sich so besser nachzeichnen, wie weit bin ich gekommen, was habe ich dazu gebraucht, wer war bei mir - und wer war es nicht? Ja gut, vielleicht denke ich auch viel zu viel.
Bei den späteren Internetauftritten wurden Zuschriften dann spärlicher. Na ja, ich empfand es als spärlich, zwei, drei Zuschriften am Tag zu bekommen; die ersten Jahre wars schließlich anders, da war ich wohl "verwöhnt". Dass das auch am Faktor "Alter" lag, diesen Gedanken lasse ich ohne Zweifel zu. Zugleich aber denke ich auch, dass es insbesondere am eigenen Auftreten lag. Verglichen mit dem verträumten, sehnsüchtigen Auftreten der ersten Zeit hatte ich mich aus den Erfahrungen in meinem realen Leben weiterentwickelt, dachte ich ernster, realistischer, ich hörte genauer hin, las genauer zwischen den Zeilen - und reagierte entsprechend. Und hier stellte ich ein Phänomen fest, das ich immer wieder bei Mrs. Candybeach lese: Der Mann im allgemeinen wünscht sich eine starke Frau an seiner Seite. Eine, die genau weiß, was sie will, die ihr Leben allein beherrscht und sich nicht an seine Knie hängt und damit jeden seiner Schritte beschwert. Die Realität jedoch sah im genauso allgemeinen so aus, dass der Mann mit so einer Frau überhaupt nicht umgehen kann. Er ist ihr schlichtweg nicht gewachsen! Er fühlt sich überfordert, tritt entsprechend großspurig auf, um eigene Defizite zu überspielen - oder kneift gleich ganz  - mit Verlaub - den Schwanz ein. Ich bin überzeugt davon, dass viel weniger klasse Frauen Single wären, wenn der Mann tatsächlich eine echte Frau an seiner Seite hätte haben wollen - und nicht das Puschi-Mäuschen, das kaum eine eigene Meinung vertritt, am liebsten auf Parties hängt, aber immerhin 90-60-90 vorzuweisen hat. Was zum Vögeln, was zum Vorzeigen, was zum Beneiden für die anderen, und nur heimlich bevorzugt der Mann die Frau mit mehr auf den Rippen und auch mit mehr im Kopf.
Bediene ich hier ein Klischee? Ja na freilich!
Es gibt sie auch, die anderen Männer, die Perlen vor der Sau - es gibt nur leider so erschreckend wenige davon. Oder sie haben sich gut getarnt - oder haben es genauso aufgegeben wie die desillusionierte Single-Frau. Oder sind eben leider schon vergeben.
Andererseits bin ich - als aktuell glücklicher Nichtsingle - davon überzeugt, dass jedem die Liebe begegnet, der sie auch ehrlich sucht. Früher oder später kriegt sie Euch alle. Das hat das Leben bis jetzt immer wieder gezeigt - im Realen.

Der heute publizierte Song übrigens ist in Wirklichkeit etwas langsamer, aber sonst hätte der User ihn dank GEMA wohl nicht veröffentlichen dürfen, und leider auch nicht vollständig. Vermutlich unnötig zu erwähnen, dass sich dieser Song im Original seit dem Wochenende in meiner Datenbank befindet - und mich in dem für mich genau richtigen Takt in diese neue Woche bringt.
Lets swing and drink some coffee. It's Monday, so what.

4 Kommentare:

lautleise hat gesagt…

Als ich sie, die Liebste, vor Jahrzehnten zum ersten Mal traf, da traf mich ein Blitz.
Bis heute blitzt sie zurück.
So kann's gehen...
LG - Wolf.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

...ja, so kanns gehen, die Realität sieht ganz oft aber eben auch anders aus ;)

Nicola Hinz hat gesagt…

Die Liebe kriegt uns alle?! Ha, das wollen wir doch mal sehen! Oder vielleicht doch besser: Dein Wort im Ohr der Göttin! ; )
Liebe Grüße
Nicola

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Tjaha! Due letzte große Zweiflerin, die ich kenne, dachte auch, aufgrund ihres Alters und der Konfektionsgröße fände sie keinen Mann mehr - und nun ist Frau Rollringelpiez seit wenigen Wochen glücklich mit einem, der auszog, um noch mal die Liebe zu finden. Vielleicht schnackt Ihr beide ja mal?
Ich antworte hier übrigens im Dunkeln ausm Bett heraus übers Handy und dann noch ohne Brille: Vermutlich rettet mich die Worterkennung, wenn nicht, mein ich trotzdem alles wie ichs sag - auch mit Tippfehlern aufgrund Nachtblindheit :)