Freitag, 13. November 2015

Kleine Kinder, kleine Sorgen

Aus Sicht von vor rund 24 - 25 Jahren hätte ich diesen Satz so nicht unterschreiben mögen. Der Junge hat mir schon damals viele schlaflose Nächte bereitet. Sehr viele.
Dass es phasenweise heute nicht anders ist - macht Sorgen weder kleiner noch größer.
Sie sind eben da.
Er war immer ein bisschen anders als andere.
Als Kleinkind unglaublich kontaktfreudig, unbedarft, wissbegierig wie kaum ein anderes. Oft dachte er schneller als er zu sprechen vermochte. Und er schmuste viel und gern.
Liebte die Zeichentrickfilme von Bugs Bunny und das Vorlesen, bis er selber lesen konnte.
"Ich habe ihn mal beobachtet", sagte seine Tante zu Beginn des zweiten Schuljahres, "er liest und vergleicht dabei sofort mit den Bildern, ob das, was er da liest, auch zu den Bildern passt. Verstehendes Lesen nennt man das. Dass er das jetzt schon kann, ist außergewöhnlich. Normalerweise kommt das später."
Die ersten drei Lebensjahre schlief er nachts nicht. Schrie die halbe Nacht. Beruhigte sich weder auf dem Arm noch im Bett neben mir. So schlagartig, wie es begann, hörte es vier Wochen vor dem dritten Geburtstag auf.
Er war drei Jahre alt war, als die Diagnose "Absencen" gestellt wurde. Ihm fehle ein Drittel des Tages, das er nicht wahrnehme und nicht aufnehme.
Er war fünf Jahre alt, als die Diagnose "Infektallergie" gestellt wurde - und dass die Mandeln raus müssten, sie würden ihre Funktion eingestellt haben und ihn stattdessen "vergiften". Ihn zu operieren unter den Medikamenten, die er für die Absencen bekam, hätte einen Atemstillstand während der OP verursachen können. Ich vergesse nie niemals die Reaktion des bis dahin behandelnden Neurologen: "Na und? Und wenn das passiert, gibt es auch genug Mittel und Wege, ihn wieder zurückzuholen."
Ich bin dort nie wieder hingegangen, habe mich zur Uni-Kinderklinik überweisen lassen.
Dort konnten die Absencen nicht bestätigt werden, "wohl eher frühkindliche Anomalien, gibts bei jedem dritten Kind, merkt bloß kaum einer". Die Medikamente wurden ausgeschlichen, dafür Ritalin verabreicht für ein Kind, das innerlich immer noch unglaublich rege und beweglich war  und äußerlich immer irgendwie "in Bewegung". Und sei es mit Bein schaukeln oder an den Fingernägeln knabbern.
Unter Ritalin wurden seine schulischen Leistungen merklich besser, als Dauermedikation habe ich es trotzdem abgelehnt.
Er war sechs Jahre alt, als er nachts schreiend aus den Träumen hochschreckte. Das ging lange, ziemlich lange. Drei, vier Jahre lang.
Er war in der 7. Klasse, als er sagte: "Hier fühle ich mich jetzt richtig, richtig wohl!"
Ein halbes Jahr später trennte ich mich von seinem Vater und der Junge sagte: "Ich will hier bei ihm bleiben."
Was das bedeutete, was das nach sich zog und was in all den Jahren vorgefallen ist - weiß bis heute niemand wirklich hundertprozentig genau. Und der Junge spricht kaum darüber. Nur dann, wenn die Seele kurz vor dem Reißen ist. Zwar war ich immer in seiner Nähe, immer da, auch dann, als er ganz zu uns zog, aber gut machen... kann ich nichts. Gar nichts.
"Ich bringe dich um, wenn du es wagst, mir auch den Jungen wegzunehmen", habe ich oft genug vom Ex gehört. Die kleine thailändische Masseuse übrigens wundert sich heute über meine rechte Schulter. Die, die er mir im rechten Winkel "verbog", vor den Augen der Söhne. Dass der Große nicht wusste, wohin er schauen, was er sagen, was er tun sollte.
"Deine Mutter hat mich geschlagen, hast du das gesehen? Ich musste mich doch wehren! Hast du das nicht gesehen?"
"Nein", antwortet der Junge leise, "das habe ich nicht gesehen."
Das war im Mai 2003.
Warum nur war ich damals noch nicht so weit wie heute? Wie viel mehr hätte ich schützen können und müssen? Seit Jahren zerfleische ich mich damit. Ich weiß, dass ich Vergangenes nicht ändern kann. Aber ich weiß auch nicht, ob die Gegenwart hilft.

Er hat sich durchgekämpft, der Junge. Die 10. Klasse mit gutem Abschluss. Die 1. Ausbildung überraschend geschafft: "Lassen Sie ihn abbrechen, das liegt ihm so gar nicht. Er ist noch viel zu verspielt und verträumt, so hat er das 1. Jahr überhaupt nicht mitgemacht und genau das fehlt ihm jetzt. Die Praxis wird er schaffen, aber die Theorie nicht." Es war genau umgekehrt. Die Theorie bestand er mit Zwei, durch die Praxis fiel er im 1. Anlauf, im 2. kam er durch. Er wollte es selber unbedingt schaffen: "Eine abgebrochene Ausbildung sieht doch scheiße aus." Und er wusste: "Ich will danach was anderes machen, nicht als Elektroniker arbeiten, das ist so gar nicht meins."
Er wurde medizinischer Dokumentationsassistent, er blühte regelrecht auf. Genoss es, den Führerschein in der Tasche zu haben - und sein erstes eigenes Auto zu fahren.
In diesem Job dann auch zu arbeiten, ist ihm nicht gelungen. "Mangelnde Berufserfahrung". Ja, wie soll man die auch haben, wenn man in diesem Job nicht arbeiten kann? Seine Noten waren durchschnittlich, manche sehr gut, manche nicht so prall, aber auch nicht schlecht. Gereicht hat es bislang nirgendwo. Dann kamen die Callcenter. Das letzte für 8 Monate. Ich habe ihn selten so unter Strom erlebt wie in dieser Zeit. Am Anfang gefiel es ihm dort. Dann wurde er immer stiller, in sich gekehrter. Auf mein Nachfragen erzählte er nur wenig: "Ich komme irgendwie mit der Firmenphilosophie nicht klar. Auf deutsch gesagt soll ich den Leuten das Geld aus der Tasche locken, indem ich ihnen einrede, dass es ohne Monteur nicht geht. Anfahrtpauschale 75 Euro. Weg für nichts. Weg für Sachen, die man sicherlich auch telefonisch klären kann, manchmal. Aber Tipps darf ich nicht geben. Die passen echt auf." Und: "Am Anfang waren da paar Leute bei, mit denen ich mich richtig gut verstanden habe. Von denen ist kaum noch einer da. Manche nur zwei Wochen. Eine ist krank geworden, ist dann gleich gekündigt worden. Irgendwie..." Er verlor die Motivation, den Spaß - nur den Ehrgeiz nicht. Wollte - wie schon als Kind - immer der Beste sein. Dass er gründlich ist, verdirbt seinen Zeitschnitt. Er liegt in etwa immer eine Minute irgendwas über der Zielzeit. Die liegt zuletzt bei 4,50 Minuten für Telefonat und Dokumentieren im PC.
Er isst kaum noch, schläft kaum noch, die täglich wechselnden Einsatzzeiten stressen zusätzlich. Dafür raucht er viel. Mehr als sonst. War er immer schon hager, wird er nun regelrecht dünn.
Als er im April kurz vor Ende der Probezeit die Kündigung bekommt, bricht trotz allem eine Welt für ihn zusammen. Es ist, als gäbe er auf. "Alles umsonst", sagt er, "es ist immer alles umsonst. Und gerade hatte ich noch gefragt, wie es weiterginge. Ich solle mir doch keine Sorgen und Gedanken machen. Auch wenn ich Eins Nochwas über der Zielzeit liege, ich bin der Vize bei den meisten Auftragseinholungen." Eine Woche später die Kündigung.
Dann kommt er zu uns.
"Er begreift seine Chance nicht, er nimmt sie nicht wahr", heißt es oft.
Er verschläft oft, der ganze Körper zittert, die Augen werden immer größer, der Junge immer dünner. Er schläft während der Arbeit während des Schreibens ein, kann sich nicht konzentrieren. Ihm fallen während der Autofahrt die Augen zu. Erzählt er erst, als alles kurz vor dem Eskalieren ist.
Ein scheiß Sommer 2015.
Morbus Basedow bei ausgeprägtem Tremor, lautet schlussendlich die Diagnose. Die Blutwerte grottenschlecht.
Er wird vier Wochen krank geschrieben, auf Medikamente eingestellt, dann macht er wieder weiter. Nach und nach stelle ich fest: Er wird viel ruhiger, endlich schläft er auch nachts, er schläft oft schon vor zwanzig Uhr ein. Endlich nimmt er auch wieder ein wenig zu, ich sehs vor allem in seinem Gesicht. Morgens verschläft er nicht mehr. Er vergisst keine Termine mehr, keine wichtigen Dinge. Alles ein Zeichen für den richtigen Weg? Einen guten Weg?
Eine Therapie für seine Seele beginnt er ab 2. Dezember. Es wird lange dauern. Sehr lange. Aber was früher oft als "Schande" empfunden und bezeichnet wurde, erhoffe ich mir für ihn vor allem als Beistand für seine Seele. Verarbeiten, was in den früheren Jahren vorgefallen ist. Erkennen, dass auch er ein sehr wertvoller Mensch ist - so wie er ist.
Vor drei oder vier Wochen sagt der Hausarzt, dass er nun gar keine Medikamente mehr nehmen soll - seine Blutwerte zeigten, er würde jetzt in Richtung Unterfunktion tendieren, nicht mehr die Überfunktion. Zu seinem Facharzt soll er erst am 17. Dezember wieder hinkommen. Also nimmt er jetzt gar nichts mehr  seit diesen Wochen - und fühlte sich anfangs trotzdem wohl.

Den Geburtstag vom Opa, an dem er sehr hängt, hat er vor drei Tagen vergessen.
Heute morgen bekomme ich die Nachricht, dass er wieder verschlafen hat. Das zweite Mal in dieser Woche. Mit ihm selber gesprochen habe ich noch nicht. Aber der Chef.
"Das Schlimme ist, wie er einen anguckt und man sieht, wie er mit den Tränen kämpft", sagt Chef, "wie hilflos und unsicher er sich fühlt wahrscheinlich. Aber auch wenn er Ziggenheimer heißt, kann er keine Sonderstellung kriegen."
Nein. Kann er nicht und soll er auch nicht.
Ich hatte gerade begonnen, mich zu entspannen. Gerade dieser Tage gedacht, wie gut es ist, dass unser aller Leben gerade wieder in ruhigeren Bahnen läuft.
Und jetzt habe ich Angst. Angst, dass alles wieder von vorn losgeht. Angst davor, dass er ganz aufgibt. Ich werde heute Abend mal mit ihm sprechen. In der Hoffnung, ihn zu erreichen.

15 Kommentare:

Goldi hat gesagt…

Umärmel
Die Medikamente von heute auf morgen komplett abzusetzen ohne Untersuchung vom Facharzt halte ich für saudoof. Gerade bei der Schildkröte dosiert man ja langsam hoch und wenn, dann reduziert man auch langsam um zu sehen ob sich die Kröte von alleine wieder einpendelt. Vielleicht noch mal den Doc kontaktieren oder aber, falls noch Tabletten da sind, zumindest die Hälfte der bisherigen Dosis bis zum Facharzttermin nehmen?
Du wirst ihn erreichen, da bin ich mir sicher und bitte mach Dir nicht diese Vorwürfe, Du hast damals so gehandelt wie Du konntest und es für richtig gehalten hast, das es anders kam, dafür kannst Du nichts.

Anonym hat gesagt…

Da krampft’s einem beim Lesen das Herz zusammen. :(

Was das Thema Ärzte (ja, Verallgemeinerung. Böse.) angeht, habe ich gerade schon bei Clara (ein wenig zu)drastische Worte gefunden. *räusper* Und irgendwie stimmt das schon. Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder… wobei es auch die Verantwortung ist, die einen –also mich – ganz klein werden lässt. Theoretisch war mir das schon klar, aber das praktisch zu erleben, ist noch mal eine ganz andere Hausnummer. Nichtsdestotrotz ist der Junior ist das Beste, was mir passiert ist. Ich habe viel von ihm gelernt und das Muttersein hat mir so einige Augen geöffnet. Aber ich hoffe sehr, dass ich auch das Beste war, was ihm passiert ist und dass ich ihm beibringen konnte, seinen Wert zu erkennen, seinen eigenen Kopf zu gebrauchen, seine Chancen zu nutzen und seinen Weg zu gehen – wie auch immer der aussehen mag. [Okay, manche Wege wären blöder als andere, aber schau’n mer mal ;D]Manchmal habe ich allerdings Angst, dass das, was ich da gegeben habe, nicht genug war. Dann reiße ich mich zusammen und mache mir bewusst, dass es alles war, was ich zum jeweiligen Zeitpunkt zu geben imstande war und vertraue darauf, dass das genug war und dass das Leben es gut mit ihm meint. Aber wenn ich das lese, was du schreibst… Das erinnert mich so verdammt an meinen Bruder…

Ich drück die Daumen, dass du deinen Junior erreichst. Wobei die Frage für mich auch wäre, warum er verschläft. Wenn die Akkus leer sind oder gesundheitlich irgendwas im Ungleichgewicht ist, kann er noch so sehr wollen und es haut wahrscheinlich nicht hin. Wurden denn neben der Schilddrüse mal die anderen Werte[Eisen, HB,Zink, B-Vitamine und was weiß ich] gecheckt, die man bei einer körperlichen Leistungsminderung im Blick haben könnte? Zumal, wenn er so rapide Gewicht verloren hatte und sich wohl, vermute ich mal, auch nicht vorbildlich ausgewogen ernährt? Manchmal reicht „ins Gewissen reden“ halt nicht, zumal ich glaube, dass er sich eh genug nen Kopf macht…

[Verdammt, ich schwalle dich andauernd zu, das tut mir leid. Würdest du ein Modeblog führen, käme ich mit sehr viel weniger Worten aus. ;)]

Goldi hat gesagt…

Gerade nochmal nachgelesen, Morbus Basedow äußert sich doch als Überfunktion, hat er was falsch verstanden und meinte der Doc, dass sich die Werte Richtung Unterfunktion entwickeln? In der Fachliteratur wird von 12-18 Monaten Medikamententherapie geschrieben um dann zu sehen ob sich alles wieder normalisiert hat. Wenn er jetzt schon Richtung Unterfunktion tendiert ist es ja ein gutes Zeichen, aber dann wäre ggf. die schrittweise Reduzierung wirklich sinnvoller, wenn sich die Probleme jetzt wieder zeigen ist es das Absetzen jedenfalls nicht. Also Montag ab zum Doc.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Goldi, nein, das war schon korrekt: Morbus Basedow unter akuter Schilddrüsenüberfunktion. Er wurde umgehend auf Medikamente eingestellt und diese je nach den regelmäßig genommenen Blutwerten wieder reduziert. Er wurde auf ein anderes, geringer dosiertes Medikament eingestellt, 5 mg, glaube ich, und sollte davon zuletzt auch nur noch eine halbe Tablette nehmen; seit ca. 3 Wochen gar keine mehr.
Der Hausarzt, der im Wechsel mit dem Facharzt die Werte kontrolliert und Medikamente verschreibt, sagte, dass er so gut eingestellt worden wäre, dass es nun von der Überfunktion in die Unterfunktion ginge.
Es gibt einen Wert, der immer noch abnorm für die Überfunktion ist, und es gibt drei Werte, die wohl in Richtung Unterfunktion gehen. Ich kann Dir das mal als Bild schicken, wenn ich das nächste Mal bei ihm bin, er hat den Befund zu Hause.
Er hatte mich gerade angerufen, übrigens, weil er freitags immer schon 11.30 Uhr (eigentlich) Schluss hat; musste ja nun aber die dreiviertel Stunde nachholen und hat wohl auch so noch länger gemacht, um seine Arbeit fertigzuhaben. Wir haben jetzt fast ne halbe Stunde telefoniert und uns verabredet, am Wochenende noch mal zu reden. Nächste Woche bin ich ja auch wieder dort.
Er sagt, im Gegensatz zum Sommer hört er den Wecker, hat sich das aber so eingestellt, dass er erst 20 min nach dem ersten Klingeln raus muss. Aber den dritten Weckruf hat er diese Woche nicht mehr wahrgenommen.. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte sich das im Frühjahr auch so bemerkbar gemacht. Schleichend halt.
Ihn plagen auch einige andere Dinge, aber die möchte ich nicht ins Internet schreiben. Ich bin aber froh, dass er mit mir darüber spricht. Das ist auf jeden Fall ein Anfang.

Liebes Frl. K., ja, diese Frage stellte ich mir auch oft - gebe ich "genug" Rüstzeug etc. mit, war es genug, das ich mitgab und kann man überhaupt als Vater bzw. Mutter versagen, wenn man seine Kinder wirklich liebt? Eins ist sicher: Es waren vor allem meine Kinder, die mich zu dem gemacht haben, das ich heute bin. Der Kampf mit Behörden und Ärzten zu den Zeiten, als Sohn I noch klein war, hat mich oft über mich hinauswachsen lassen. Der Rest kam dann mit den Ereignissen der Trennung Anfang 2003.
Ob seine sonstigen Werte auch untersucht wurden, kann ich Dir nicht sagen. Ich denke mal nicht. Aber dass er sich nicht ausgewogen ernährt, kann durchaus stimmen. Zwar isst er, seit er in unserer Firma ist, regelmäßig Mittag, aber er frühstückt nicht mehr und zum Abendbrot gibts oft dasselbe. Er ist zwar derjenige, der zu Hause kocht - das aber doch immer noch einseitig (trotz meines extra für die zwei handgeschriebenen Buches ;)). Die dunkelgrünen Äpfel in seiner Obstschale sind mittlerweile gelb geworden. Liegt zwar ein schöner frischer Geruch im Zimmer - aber dazu sind sie nicht gedacht..
Und nein - Du schwallst mich überhaupt nicht zu! Letztlich bin ich auch nur immer wieder auf der Suche nach Wegen, nach Alternativen, nach Lösungen, und ein Feedback von außen ist da mehr als hilfreich. In einem Modeblog bekäme ich DIE jedenfalls nicht ;)

Ich danke Euch.

Anonym hat gesagt…

Dann schaut doch mal, dass neben der Schilddrüse auch auf andere relevante Werte geachtet wird. Habe das vor einigen Monaten in meiner ausgeprägt veganen Phase an mir selbst beobachtet, dass ich quasi nur noch völlig lethargisch "in der Ecke hing", gar nicht in die Gänge kam und vor allem morgens auch nicht aus dem Bett. Ich war überhaupt nicht mehr ich selbst, das war gruselig - bis ich auf die Idee kam, einige Wochen lang Vitamin B [Komplex] einzuwerfen. Das war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und seitdem tue ich mich schwer damit, alles auf die Psyche zu schieben. Oder anders: Mir ist schon klar, dass die Psyche extrem viel beeinflusst, aber (!) körperliche Ursachen mit einer einfachen Blutabnahme ausschließen zu lassen, ist nie verkehrt. Dann kann man immer noch am Rest rumdoktern. ;)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Nee also alles schiebe auch ich nicht auf die Psyche. Wäre ja dasselbe wie bei mir selbst :) Und dass es nicht nur die Psyche, sondern im speziellen Fall eben die SD ist, hat sich ja dann auch sehr schnell gezeigt. Der Doc meinte dann noch, dass die immer noch vergrößert wäre und sich das jetzt auch nicht mehr ändern ließe, aber optisch kann man das nicht sehen. Und wenn die Vergrößerung eben entstanden ist und jetzt aber keine Überfunktion mehr bewirkt, bitte sehr, dann sei es so. Mal sehen, was der Facharzt im Dezember zu ihm sagt.
Vitamin B... Da fällt mir grad was ein. Ich lese da noch mal was nach und berichte dann :) Ich danke Dir in jedem Fall erst mal für den Tipp!!!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

@Goldi: Jetzt weiß ich, was Du meintest, habe meinen Fehler korrigiert :)

Monika hat gesagt…

Wie gut ich Sie und Ihre Sorgen um Ihren Sohn verstehe...
Alles Gute für Sie und Ihren Sohn!
Monika

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Danke, Monika.

Anonym hat gesagt…

Liebe Frau Ziggenheimer,
als lange stille Mitleserin lege Ihnen, wenn ich darf und es eh nicht bereits bekannt ist, dieses Forum ans Herz.
http://www.ht-mb.de/forum/forum.php und http://www.morbusbasedow.de/

Es wird dort auch über Mischformen Über-und Unterfunktion eingegangen.
Mir hat es die Jahre über sehr geholfen.

Alles Liebe für Sie und Ihren Sohn
Nicoletta

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Nicoletta, nein, ich kannte dieses Forum noch nicht - umso herzlicheren Dank dafür!!
Ich muss jetzt erst mal was essen und dann belese ich mich dazu.
Ich wusste bis heute noch nicht mal, dass es auch Mischformen gibt. Ob der Sohn darüber beraten bzw. informiert wurde, weiß ich leider nicht. Aber das wäre zumindest ein Ansatz für die Zukunft.

Conny hat gesagt…

Liebe Helma,
auch wenn ich schon 47 bin, fühle ich sehr mit Deinem Sohn mit, denn mir geht es teilweise noch heute so, wie ihm.
Im Job immer 120 % geben und nach einer überstandenen Krankheit als "Dank" die Kündigung bekommen. Oder woanders wieder bis zum Umfallen arbeiten, um dann (weil Chefs schlecht gewirtschaftet haben) wegrationalisiert werden. Ich hätte noch mehr Beispiele, würde aber jetzt zu weit führen.
Scheinbar konnte ich bis heute auch nicht richtig die Scheidung meiner Eltern (da war ich 7!) und die Folgen durch Umzüge, neue Partner, viele Konflikte, zu viel Alleinsein in dieser Zeit, verarbeiten, geschweige denn abschließen.
Auch ich habe mir jetzt Hilfe gesucht (Antrag läuft), denn so lange ich diesen Rucksack rumschleppe, kann ich nie unbeschwert leben. Deshalb finde ich es sehr gut, dass Dein Sohn das macht. Mir hat vor vielen Jahren mal ein Arzt gesagt "Verwandte oder Partner können nie Therapeut sein" und das stimmt. Sie sind zu befangen und machen manches mit falsch gedachter Hilfe noch schlimmer. Wobei ich damit nicht meine, für denjenigen nicht da zu sein. Ich denke, Du weisst, was dieser Arzt damit sagen wollte.
Ich drücke Euch die Daumen, dass ihm gut geholfen wird. Vielleicht ist ja sogar mal eine Reha für ihn sinnvoll?

Lieben Gruß
Conny

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Conny, ja, ich weiß, was der Arzt sagen wollte. Meine Schmerzärztin hatte mir mal dasselbe gesagt in einer schwierigen Beziehung: "Sie müssen sich entscheiden, was Sie sein wollen, seine Partnerin oder seine Therapeutin. Beides geht nicht. Denn wenn Sie seine Therapeutin sind, wird er sie dafür eines Tages schätzen, aber er wird aufhören, Sie als Frau zu lieben."
Sohnemann wurde mit 13 von einer Mentorin betreut, wegen der Scheidung damals. Mein Ex ist mit ihm dann aber nicht mehr hingegangen, als die Mentorin begann, dem Ex kritische Fragen zu stellen.
Er war dann wieder mit 18 in einer Therapie, hat dort aber nicht mitgearbeitet, weil er keinen Sinn darin sah. Jetzt wieder ein Anlauf. Auch hier habe ich momentan noch den Eindruck, dass er es eigentlich nur mir zuliebe macht und selber gar keinen Bedarf darin sieht. Aber ich hoffe, dass diese Thera einen Zugang zu ihm findet und ihm hilft, seinen vollgestopften Rucksack zu entpacken. Mit seiner aktuellen "Einstellung" dazu wird er vermutlich keinen Reha-Antrag durchbekommen. Dazu müsste er ja selber erst mal bereit sein.
Insofern.. bleibt zunächst abzuwarten, wie es weitergeht - auch mit der Therapie ab Dezember.
Ich wünsch Dir von Herzen alles Gute!

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Helma, für einen langen Kommentar bin ich zu müde und will dich mit deiner Zeit auch nicht stressen: Wenn ich all das, was du schon an Kummer und Leid miterlebt hast, auch erleben "wollte", müsste ich mindestens noch 40 Jahre leben.
Zu beneiden bist du wirklich nicht, nicht mit deinen eigenen Schmerzen, nicht mit deinem Kummer um deine Söhne, nicht mit deiner Verachtung für deinen Ex.
Ganz, ganz liebe Grüße schickt dir eine von den vielen Claras, die sich bei dir tummeln. :-)

Anonym hat gesagt…

Mit Tränen in den Augen und Gänsehaut sitze ich hier... ich drücke dich Helma. Einfach nur fest und doch vorsichtig. Summer