Dienstag, 17. Januar 2017

...aber was fehlt, ist das Gefühl.


Wenn der Schmerz im Körper überhand nimmt und Wochen überdauert, dann geht mir irgendwann ein wenig die Energie aus. Irgendwann und ein wenig. Was ich bis dahin versuche zu verbergen, kostet Energie, und wenn diese ausgeht, verleitet es mich zu Postings wie unlängst bei FB, die ich einen Tag später wieder lösche und mich schäme für diese Schwäche, Schwäche zu zeigen. 
"Es wird nicht gejammert und es wird nicht gebettelt", hat mich mein Vater früher gelehrt - also versuche ich nichts zu sagen, so lange, wie ich es ertragen kann, so zu tun, als sei gar nichts. 

"Wenn Sie nicht sagen, dass Sie Hilfe brauchen, dann können Sie auch nicht erwarten, dass Sie Hilfe bekommen."
"Aber ich erwarte doch überhaupt nichts."

Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Wo Entwicklungen - auch und insbesondere in der Medizin, in der Humangenetik und überhaupt - viel Gutes bewirken können, ist auch viel Missbrauch. Da, wo die Dinge eine Eigendynamik entwickeln, die man irgendwann gar nicht mehr kontrollieren kann..
Wo wir vor ein paar Jahren noch ein kleines Kärtchen besaßen, am Abend im schnell übergezogenen Kapuzenshirt, die ungekämmten Haare zu einem Zopf zusammengebunden im spärlichen Neonlicht Videofilme im Laden zwei Straßen weiter ausliehen, genügen heute die Onlineregistrierung und ein Klick mit der Tastatur, um das sehr schmerzhafte Strecken und Beugen der Finger, des Armes, des Beines auf dem Sofa zu umgehen und zu warten, bis das Level wieder erträglich wird. 
Ich gebe zu, derzeit möchte ich am liebsten kaum etwas anderes tun. Natürlich fragt das Leben nicht danach, die Arbeit muss erledigt werden, und auch das Leben zu Hause will ja gelebt werden. Am Leben teilhaben, nicht nur zuschauen und alles vorbeiziehen lassen. 
Aber ich genieße sie, die Abende, an denen wir uns die virtuelle Videothek auf den heimischen Bildschirm holen.
"Ex Machina" ist rein dem Titel nach nicht die Art Filme, die mich reizen - doch dieser hier überraschte mich. Ein fein konstruiertes Szenario aus Mensch und Maschine, aus Klang, Bild und Gefühlen.
Ich weiß gar nicht, wie alt der Wunsch des Menschen ist, künstliche Intelligenz zu schaffen. Diese Technik immer weiter zu vervollkommnen und zu perfektionieren - und demzufolge weiß ich auch nicht, wie alt die Gier des Menschen ist, diese perfektionierte Technik für sich und seine Zwecke zu missbrauchen.
Ich weiß auch nicht, ob es je einen Film gab, der uns nicht aufzeigte, dass selbst im ausgeklügelsten System der winzigste Programmierfehler zu verheerenden Folgen führte. Abgesehen von Baymax, vielleicht. 
"Ich versteh das Ende nicht", sagte Herr Blau, "warum hat sie das gemacht?"
Ich wandte meinen Kopf und schaute ihn nachdenklich an.
"Weil sie lediglich wusste, dass sie eines Tages abgeschalten würde. Ihre hohe Intelligenz signalisierte ihr, überleben zu wollen. Sie hat präzise funktioniert. Aber was ihr fehlte, war das Gefühl. Das ist etwas, das man nicht programmieren kann. Noch nicht jedenfalls. Stattdessen hat sich die Fehlbarkeit der Menschen gezeigt. Weil sie eben nicht nur denken, sondern auch fühlen."

Meistens bin ich froh, ein Mensch zu sein.
Manchmal aber denke ich, wenn die Maschine keine Gefühle haben kann, dann fühlt sie auch keinen Schmerz. Und manchmal.. wäre das besser für mich. 
Aber auch.. nur manchmal.

5 Kommentare:

ganga hat gesagt…

Ich habe beim Sehen des Trailers die Luft angehalten, so schnell und intensiv bin ich in die Geschichte eingebunden gewesen.

Ich denke an deine Lebenslust und finde deine Stärke und den Willen auch mit Schmerzen Lebensqualität zu haben beeindruckend.
Ich hoffe, dass das Weh wieder leichter zu ertragen wird. Momentan ist auch keine gute Zeit, so ganz allgemein.
Herzliche Grüße
Ganga

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Ganga, ich bin immer ziemlich vorsichtig darin, Filme zu empfehlen, denn Geschmäcker sind viel zu verschieden. Diesen hier aber kann man sich durchaus anschauen. Er ist nachdenkenswert, weil er insbesondere am Ende Wendungen nimmt, die nachvollziehbar, weil menschlich sind, aber nicht in jeder Hinsicht vorhersehbar war.

Was den Schmerz betrifft: Ja, es ist das Leben, das mich (an)treibt, weil nichts wieder zurückkommt. Was vorbei ist, ist vorbei - und dann wäre es schade gewesen um die inzwischen 12 Jahre, in denen ich nicht auch genossen hätte.
Dieser aktuelle Zustand dauert seit Anfang Dezember an und noch vor einer Woche dachte ich, ich würde wahnsinnig. Ich denke, es ist die Kälte, die es so akut macht. Denn wenn ich nur auf die Terrasse gehe, um Wäsche reinzuholen, dann genügen diese wenigen Minuten in der Kälte, um anschließend die Wände hochkriechen zu wollen. Ein heißes Bad indes lindert es jedoch nicht. Mein Posting bei FB wurde gerade noch "rechtzeitig" vor dem Löschen von jemandem als Hilferuf aufgefangen, der für gewöhnlich wenig dort liest, und ich habe Empfehlungen bekommen, die mich zuversichtlich stimmen und denen ich gerade nachgehe. Es ist auch die Zuversicht, die Schmerz erträglicher machen können, auch wenn das in der akuten Phase nicht immer so einfach ist.

Unabhängig davon gebe ich Dir recht: Die Zeit allgemein fühlt sich gerade nicht so gut an, das empfinde auch ich so. Auch wenn ich denke, dass hier viel Unsicherheit reinspielt. Und mit diesen Unsicherheiten gepokert wird.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ich merke grad, dass ich einige grammatikalische Fehler eingebaut habe. Siehst Du, ich werde schon matschig im Kopf ;) Ich lass es trotzdem einfach so stehen.

Anonym hat gesagt…

Oh, wenn wir gerade Filme empfehlen...den hier habe ich heute mit meinem Kleinen auf Youtube entdeckt und musste an Dich denken. :)

https://www.youtube.com/watch?v=7rraSBxm4PM


Alles Liebe und bunte Eier!


Luna

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Oh Gott Luna, ich muss so lachen!!!! Das passt ja wieder :) Danke schön.