Montag, 16. April 2018
Where Words fails
Momentan gehts mir wie einigen anderen Bloggern auch: Mehr und mehr versinke ich in Wortlosigkeit bzw. allgemeiner Unlust, Gedanken und Emotionen zu Papier zu bringen.
Wobei "momentan" es sicherlich auch nicht richtig beschreibt. Eigentlich geht es mir schon länger so, seit Monaten, um genau zu sein - und bisher dachte ich, das läge an meinem Umzug nach M vor gut vier Jahren (Ist es wirklich schon wieder so lange her? Erschreckend...), an dem Arbeiten überwiegend im Home Office, wo niemand wirklich mit Dir spricht, wo es überwiegend ruhig und still ist und Du allein bist mit Dir selbst - und damit einer mangelnden Inspiration.
Dann las ich bei Juliane den Post zu ihrem 8. - und fand mich in so einigem wieder.
Sicherlich sehe und höre ich immer noch, sicherlich mache ich mir auch immer noch so meine Gedanken darüber - aber oftmals inzwischen begleitet auch mit einem inneren Schulterzucken "So isses halt eben". Ist es jetzt wirklich genug, um einen witzigen, ironischen oder auch nachdenklichen Post darüber zu verfassen? Dabei stelle ich mir weniger die Frage, wer das liest und wen das denn überhaupt interessiert. Ich stelle mir eher die Frage: Will ICH sowas selber lesen?
Jeder Blogger stöbert doch dann und wann in seinen eigenen Posts, liest, erinnert sich wieder, schmunzelt oder trocknet die Träne im Knopfloch (und genau dieser Umstand hat mich bislang auch davon abgehalten, diesen Blog zu löschen und ins virtuelle Nirvana zu schicken) - aber will ich dies und jenes dann auch in 2 oder 5 Jahren noch mal lesen?
Für einige Menschen, die ich real kenne, habe ich diesen Blog auch geführt, um sie weiter an meinem Leben teilhaben lassen zu können, seitdem wir nur noch wenigen oder auch gar keinen Kontakt mehr haben (können). Auch hier stelle ich mir weniger die Frage, ob sie überhaupt noch lesen inzwischen und an mir noch teilhaben wollen; ich frage mich vielmehr, ob ICH sie teilhaben lassen wollte.
In meiner Timeline bei FB tauchen immer öfter Bilder auf, die mich zu Instagram einladen möchten, weil immer mehr meiner Kontakte sich dort eingefunden haben. Manchmal denke ich, dass diese Art des sich Mitteilens auch dazu führt, dass weniger gebloggt wird. Menschen sind immer öfter mit sich selbst beschäftigt und wollen dann, wenn sie mal Zeit haben, keine ellenlangen und/ oder gedankenschweren Posts lesen, sondern sich berieseln lassen. Ein Bild kann sehr viel aussagen - auch ohne Worte. Ein maximal zweizeiliges Statement ebenso. Damit ist dann alles gesagt, wozu also noch einen Post verfassen, der eindeutig mehr Zeit von Blogger und auch vom Leser abverlangt?
Und dann sitze ich hier, stöbere in den Fotos der vergangenen Tage, denke an den Spaziergang in der herrlich warmen Frühlingssonne und dem anschließenden Kaffee im Biergarten, ich denke an die Fahrt nach L letzte Woche und daran, wie sehr ich es immer wieder genieße, die Musik aufzudrehen und die Gedanken treiben zu lassen, zwanglos, gedankenlos irgendwie, mich zu erinnern oder auch Tagträumen nachzuhängen, der Besuch des Museums über drei Etagen, in dem ich am längsten vor der Skulptur des frisch verstorbenen Napoleons stehenblieb (irgendwie faszinieren mich vor allem Dinge, die echt sind; nachgebaute Skulpturen beispielsweise reizen mich wiederum gar nicht), während hingegen der Mann völlig fasziniert in der Klangwelt versank, alle möglichen Instrumente und Klänge aller möglichen Kulturen ausprobierte, während ich mich müde auf dem Hocker am Eingang niederließ und geduldig darauf wartete, dass er sich genügend die Seele aus dem Leib gefiedelt und geklimpert hatte. Der Besuch des Museums war meine Idee, er hingegen hätte viel lieber ein Bierkloster in der Nähe besucht. Kloster - Land - Abgeschiedenheit - das alles klang für mich nach genau der Ruhe, die ich im allgemeinen ohnehin beinah täglich genieße, zumindest, solange ich im Home Office sitze. Ich aber wollte raus. Ich wollte unter Menschen, ich wollte sie, diese tausend Stimmen, die Gerüche nach Kaffee und süßem Gebäck oder auch gebratener Wurst, ich wollte ihnen zusehen, diesen Menschen, ich wollte über den Markt schlendern, einen weiteren Lavendeltopf einkaufen, die Sonne genießen, das pulsierende Leben genießen und für einen Moment vergessen, was derzeit in den Nachrichten (und eben nicht nur dort) brennt. Ich wollte genießen, dass ich lebe, insbesondere auch nach Freitagnacht, in der ich mit ungefähr 200 Sachen auf der Autobahn entlangdüste und nach einer Linkskurve fast unmittelbar einen Feuerwehrzug vor mir zu stehen hatte, der mich zur Vollbremsung zwang und eigentlich auch zum Ausweichen auf die mittlere Spur - wäre dort nicht ein schwarzer Mini unterwegs gewesen - ohne Beleuchtung. Nachts. Schwarzer Mini. Ohne Licht. Das war knapp. Das war mehr als knapp, da hilft auch kein erschrocken wütendes Schreien "Mach dein Licht an, du deppertes Arschgesicht!" und ich erinnerte mich beschämt einmal mehr an mein Versprechen: "Ja, ich fahre vorsichtig. Ja, ich passe auf mich auf." Dann mach das auch - du dumme Nuss, sagte ich mir, nachdem ich mit zittrigen Beinen und Händen langsam weiterfuhr und irgendwann doch noch gesund und unbeschadet zu Hause ankam. Als ich die Taschen auspackte, das Auto verschloss und zum Lift trottete, ging mir einmal mehr durch den Sinn, wie oft wohl in nur einem einzigen Moment alles anders sein kann, das eigene und auch das andere Leben völlig verändert sein kann. Im Kleinen wie im Großen, im Privaten wie im Politischen und Gesellschaftlichen.
Where Words Fails Music Speaks, las ich einst.
Where Words Fails Pictures Speaks, dachte ich gestern beim Lesen von Julianes Posts.
Und im Moment denke ich... Das Bloggen selbst würde auch mir fehlen. Manchmal ist mit einem Song oder einem Bild doch nicht alles gesagt.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
6 Kommentare:
Helma, bei der 200-Sachen-Story habe ich einen Teil deines Schrecks mit dir geteilt. Ich hätte den schwarzen Minifahrer auch mit den übelsten Schimpfworten belegt.
Ich finde überhaupt, die dunkelsten Autos machen immer am spätesten das Licht an.
Ich wollte noch ein Blogjubiläum "feiern" - und dieses Jahr werden es erst 9 Jahre.
Gruß zu dir
Clara, es war schon nachts, es war schon stockdunkel - da war nix mit "am spätesten das Licht anmachen". Der hats offenbar einfach verdüst, anders kann ichs mir nicht vorstellen. Nur ist das kreuzgefährlich.
Bitte hör nicht auf – Deine Worte würden mir fehlen!
Liebe Grüße
Ricci
Ich verstehe dich gut, solche Gefühle kenne ich auch. Aber bis jetzt war es immer so ( gerade jetzt auch wieder) dass irgendwann die Freude am Schreiben wiederkam. Und wie du schon schreibst, das virtuelle Tagebuch lässt einen so schön in Erinnerungen schwelgen.
Ich habe mir gesagt, ich entscheide erst über das Weiterführen meines Blogs, wenn ich wieder motivierter, fröhlicher und positiver gestimmt bin, solange bleibt er eben brach liegen. War gut.
Was für ein Heiopei der "Schwarzfahrer" da. Der gehört im Nachhinein noch angezeigt. Gut, dass dir nix passiert ist. Solche Momente zeigen einem wirklich, wie verletzbar man ist.
Ganz liebe Grüße
Gabi
Liebe Helma, ich lese gerne und verliere mich dabei so richtig in den Texten. Das geht aber besser mit längeren und umfangreicheren Beiträgen, so lasse ich mich auch gerne von deinen interessanten Texten treiben. Sie sind für mich immer spannend zu lesen, egal welches Thema du gerade aufgreifst. Sicher reicht manchmal ein Bild oder ein kurzes Statement aus, um das Wesentliche auszudrücken, aber vielfach bedarf es doch mehrere Worte, um ein Thema entsprechend zu behandeln, alle Seiten zu beleuchten oder einfach die Gedanken schweifen zu und seine Überlegungen zu sortieren. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, weitere Ergüsse von dir lesen zu dürfen.
Ich wünsche dir einen wunderbaren Abend und alles Liebe
Liebe Ricci, ich glaube selber nicht, dass ich aufhören könnte, auch wenn ich öfter darüber nachdenke. Aber am Ende wirds wohl höchstens mal eine Pause werden. Danke für Deine Worte!
Liebe Gabi, der "Schwarzfahrer" kam aus Belgien, mehr habe ich mir in der Schockstarre gar nicht merken können. Andererseits wurden mir privat schon die Ohren langgezogen "Man fährt nachts keine 200, egal, ob die Autobahn frei ist oder nicht!" Vermutlich hat er recht. Auf jeden Fall habe ich mir geschworen, mein Wort zu halten und wirklich auf mich aufzupassen.
Liebe Gesa, da geht es Dir wie mir: Auch ich lese gerne und kann mich in Texten verlieren. Das kommt aber immer auf den Inhalt an und darauf, ob Worte ein gewisses "Pling" in mir auslösen.
Bei mir ist es auch so, dass sich viele Gedanken erst beim Aufschreiben oder unmittelbar danach sortieren oder Erkenntnisse auslösen. Manchmal lese ich alte Posts von mir und weiß genau, was ich eigentlich zum Ausdruck bringen wollte - und dann denke ich beim Lesen "Das, was du eigentlich sagen wolltest, haste aber gar nicht gesagt." :) Trotzdem liebe ich das Schreiben nach wie vor, auch wenn die Leidenschaft hierfür.. ein wenig abgekühlt hat. Derzeit fühlt es sich so an, als suche ich nach einem Medium für mich und habe aber noch nicht das recht gefunden. Aber möglicherweise ist das eben auch nur so eine Phase wie bei anderen Bloggern auch, und die geht genauso vorüber wie sie gekommen ist.
Auch Dir bin ich ehrlich dankbar für Deine Worte! Ich mein es wirklich ernst: Ich war beim Schreiben gar nicht darauf aus, dass jemand denken oder sagen könnte "Mach weiter, mir gefällts". Es waren einfach nur so Gedanken, die mich ohnehin und insbesondere nach dem Lesen des einen oder anderen Blogs beschäftigten. Und die mal raus wollten.
Kommentar veröffentlichen