Dienstag, 10. April 2018

Zwischen Erinnerungen und Wunschwolkenbergen



Seit Wochen bin ich so müde, tags wie nachts - wenn ich wollte, könnte ich überall und jederzeit einschlafen. Doch lege ich mich nieder, schließe ich meine Augen, sind da sofort tausend Gedanken in meinem Kopf. Gedanken, die nicht zu greifen sind, Gedanken, die sich nicht erfassen lassen. Diffuse Empfindungen, die kaum unterscheiden können zwischen Erinnerung und Wunschwolkenbergen.
Menschen um mich herum streiten sich, trennen sich, lieben sich oder bekommen ein Kind. Um mich herum passiert das ganz normale Leben, und manchmal nehme ich dieses Leben auf, nehme es mit in meine Nachtgedanken, nehme es mit in den Schlaf, in meine zuweilen komischen Träume, in denen ich aus fahrenden Zügen springe, zögernd und mir selbst zuredend: "Spring JETZT, sonst ist es zu spät und dann schaffst du es nicht mehr."
Und ich erwache verwirrt und denke: Springe JETZT? Das hattest du doch schon mal, da war doch noch was.

Manchmal nachts lege ich mich näher zu Dir, suche Deine Hände, will meine Hand dahineinlegen, ganz nah bei Dir liegen und das Gefühl genießen, dass ich nur neben Dir so zur Ruhe finde.
Wie oft haben wir uns gesagt, geschrieben, dass es das jetzt war, dass wir uns nicht mehr lieben, und wie oft sind wir dann eigene Wege gegangen. Wie oft haben wir versucht, ein Leben ohne einander zu führen, die Tür anderen Menschen zu öffnen und gedacht, dass es miteinander einfach nicht geht - und das Vermissen zur Seite geschoben.
Manchmal fragst Du mich, warum ich überhaupt noch bei Dir bin, warum ich Dich überhaupt liebe.
Manchmal habe ich mich das auch gefragt.
"Hast du dich manchmal gefragt, ob du [den Mann] verlassen möchtest?" hat mich letzte Woche die Achtjährige gefragt und als ich nicht sofort zu antworten vermochte, hat der Mann mich angeschaut: "Die Pause war jetzt aber zu lang, Frollein."

Heute bist es Du, der neben mir liegt und schläft, der morgens still seinen Kaffee mit mir genießt, der mich mehr zum Lachen als zum Weinen und zugleich auch oft zum Nachdenken bringt. Der mit mir träumt und diese Träume auch umsetzen möchte. Der aufgegeben hat, alles an mir verstehen zu wollen, auch wenn er immer noch glaubt, mich in- und auswendig zu kennen. Der gerne etwas von meinem Wesen hätte, es aber auch gerne sehen würde, wäre ich in manchen Dingen mehr wie er. Von dem ich immer noch träume, wenn er nicht da ist, wenn er nicht bei mir ist. Auf den ich mich immer noch jeden einzelnen Tag freue, wenn ich ihm am Abend die Tür öffnen kann.
"Niemand freut sich so auf mich wie du", sagst Du manchmal.
Ich bin nicht bei Dir, weil ich es muss. Nicht aus finanziellen Gründen. Nicht aus familiären Gründen. Und Du bist es auch nicht. Wir sind immer noch frei. Und sind zusammen, hier und jetzt, weil wir uns jeden einzelnen Tag füreinander entscheiden. Ganz gleich, was hinter uns liegt. Weil wir uns verlassen, aber nicht aufgegeben haben. Für mich ist das Liebe. Ganz gleich, was wir früher gesagt haben.

2 Kommentare:

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Schön!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Anonym hat gesagt…

In schönen Zeiten zusammenzuhalten ist ja leicht, kann ja jeder.. ;)
Die Liebe aber auch im Streit und in Krisenzeiten zu erkenne und zu geben, zeigt die wirkliche Tiefe des Gefühls..