Samstag, 11. Mai 2019

Oh wie schön ist Panama



Als ich 15, 16 Jahre alt war, im ersten Liebeskummer meines Lebens, da lief ich durch die Welt, sah die vielen Ehepaare und glaubte: Wenn ich selbst eines Tages verheiratet bin, dann hat das alles ein Ende, dieser Schmerz, diese Tränen, diese unerfüllte Sehnsucht. Für mich war die Ehe etwas, zu dem man Ja für den Rest des Lebens sagt.
Als ich 19 Jahre alt war, war ich verheiratet.
Als ich 32 Jahre alt war, hatte ich endlich verstanden, dass Schmerz, Tränen und unerfüllte Sehnsucht auch mit einer Ehe nicht enden - im Gegensatz zur Liebe.
Und ich wollte mehr. Oder nein, mehr wollte ich nicht. Ich wollte es anders - oder lieber allein leben.
Es ist jedoch sehr gut möglich, dass ich diese Erkenntnis eher fühlte als dachte - denn nachgedacht habe ich kaum, als ich die Augen schloss und sprang. Eine Entscheidung, gereift in neun langen Jahren.
Eine Entscheidung gleich einem gereiften Apfel, der eines Tages entweder am Baum vertrocknet oder von allein ins Gras plumpst - und nicht vorzeitig gepflückt wird.
Ich habe meine Entscheidung selbst in den dunkelsten Momenten nicht bereut, weil ich mir zumindest hierin immer sicher war: Sie war richtig. Eine Lehre, die ich mir bis heute mitgenommen habe. Tiefgreifende Entscheidungen, die mitunter alles verändern, werden nicht im Affekt getroffen. Sie werden auch nicht getroffen, weil andere Dir sagen, dass Du es tun solltest, weil es das richtige sei. Ich selbst musste erst an diesen Point of no return kommen, ich selbst musste es nicht nur wissen, sondern auch fühlen. Die Entscheidung musste nicht in meinem Kopf, sondern in meinem Bauch getroffen werden. Nur dann werde ich sie nicht bereuen.
Es gibt so einige Entscheidungen, die ich im Affekt traf - und die unwiederbringlich sind, die nicht umkehrbar sind.
Seitdem lasse ich mir Zeit.
Seitdem lasse ich den Menschen um mich herum ihre Zeit. Auch kleine Schritte sind Schritte.

Heut Nachmittag wurde mir ein Spiegel vorgehalten - und mir wurde klar: Mein Gegenüber hat recht. Auch nonverbal ist es möglich, Druck in einem anderen Menschen zu erzeugen. Auch nonverbal ist es möglich, in einem anderen Menschen das Gefühl zu erzeugen, versagt zu haben.
Dabei spielt gar keine Rolle, dass man selbst genau das gar nicht wollte.
Auch wenn ich immer sage "Lasst ihm die Zeit, die er braucht. Er macht sein Ding schon."
Ich sage das, ich denke das über meinen Sohn - aber es gibt auch Momente, in denen meine nonverbalen Reaktionen etwas anderes ausdrücken (können).
Und dass ich mich zuviel kümmere, zuviel abnehme, zuviel mitsteuere.
Dass er sich darauf ausruht, dass ich da bin. Dass ich tue. Diese Dinge höre ich nicht zum ersten Mal.
Der heutige Trialog jedoch.. brachte einen entscheidenden Gedanken hervor, den ich all die Jahre über mehr fühlte als dachte: Ich trage ihn nur auf diesem Stück seines Weges, auf dem ihm der Atem ausgegangen ist.
Oft betrachte ich ihn und denke, wie glücklich es mich macht, wenn er lächelt mit seinen wundervollen Grübchen, die ich so liebe. Und ich wünsche ihm ganz viel mehr Lächel-Momente. Dafür möchte ich alles geben. Nicht als Wiedergutmachung.. Ich war nicht bei ihm, als es ganz schlimm für ihn war. Als mir das klar wurde, schwor ich mir: Nie wieder.. das passiert mir nie nie wieder.. Ich war nicht bei ihm als er mich brauchte. Heute bin ich es. So lange, wie er es braucht.
Heute trage ich ihn, so lange, wie er es braucht.
Und ich weiß, dass er es kann. Dass er es wird. Wir alle wissen: Solange wir in einer schlimmen Phase stecken, regiert vor allem eins - unser Überlebenswille. Und nur weil die schlimme Phase endet, ist es anschließend nicht alles gut. Im Gegenteil: Erst dann spüren wir sie, diese überdimensionale Ermüdung. Wir machen nur noch das Aller-allernotwendigste. Weil wir nur noch das aller-allernotwendigste schaffen. Alles braucht seine Zeit.

"Du trägst ihn so wie früher den Jüngeren, und jetzt scheint es, als hole er sich diese Zeit zurück. Damals der Jüngere, heute ist er dran, der Ältere. Und du weißt, dass das nicht für immer ist. Bis er von alleine weitergeht."
"Ja", antwortete ich dankbar. "Ja genau."

4 Kommentare:

Puschkalina hat gesagt…

du machst es genau richtig<3 Puschi

ganga hat gesagt…

Ja, was sollst du denn sonst machen. Dass passt schon. Er wird es brauchen, sonst würdest du nicht einspringen.
Liebe Grüße
Barbara

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Danke, Puschi 🙂

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ich soll weniger machen 😉
Momentan kann ich das nicht, weil ich das Gefühl habe, dass er grad viel zu müde ist zum Laufen. Ich muss nur drauf achten, dass ich nicht zu lange trag, denk ich..