Dienstag, 7. Dezember 2021

..und am Ende die Hoffnung

 
Dass ich schon immer musikverliebt war, ist ja nichts Neues. Musik könnte mich im Grunde in beinah jeder Lebenslage begleiten.
Sie begleitet mich vor allem, wenn ich male oder blogge.
Der Mann hat mir eines Tages Kopfhörer gekauft, von denen er wusste: Wenn er sie bei sich aufsetzt, hört er nichts anderes mehr - aber andere hören seine Musik auch nicht.
Ja nun.. Was soll ich sagen.. Eigentlich hat er sie mir umsonst geschenkt.
Ihr müsst Euch das so vorstellen: Ich sitze am Schreibtisch, habe die Kopfhörer auf, damit er in Ruhe irgendwas anderes machen kann - und fast immer sehe ich ihn dann aus Augenwinkeln, wie er sich halb den Arm verrenkt, nur um auf sich aufmerksam zu machen. Ihn rufen hör ich ja nicht, Noise Reduction und so. Anfangs hab ich die Kopfhörer immer kurz runtergenommen und gefragt: "Was gibts denn so Dramatisches?"
Mittlerweile muss ich das nicht mehr: Ich sehe dann schon an seinem Gesichtsausdruck, was er mir sagen will: "Mach! Verdammt! Nochmal! Deine! Musik! Leiser!!"
Unlängst beklagte er: "Deine Musik ist lauter als der Fernseher!"
Wofür ich nun aber auch nichts kann: Oft stellt er den so leise, dass ich mich mehr darauf konzentrieren muss, WAS die Leute sagen, als dass ich dann verstehe, warum sie es sagen.
"Du machst dir deine Ohren kaputt!" mahnt er oft und ich grinse dann breit: "Das hat mir meine Oma früher immer von meinen Augen gesagt, wenn ich noch unter der Bettdecke mit ner Taschenlampe gelesen hab."

Manchmal amüsiert er sich aber auch über mich. Manche Musik ist ja so mitreißend, dass mein Körper sofort in Bewegung gerät. Meistens sind es meine Füße, was den Mann wiederum nervt, weil es ihn nervös macht.
Sitze ich aber grad über Malereien gebeugt und tänzeln dabei meine Füße im Takt über den Fußboden, dann grinst er und sagt: "Ich weiß genau, was du gerade hörst."

Diesen Titel hier.. Der reißt uns beide mit. Und als er zu mir sagte, der würde so richtig zu einem Festival passen, da hatte ich spontan Bilder im Kopf: Nackte Oberkörper (er!), ein Tuch über die Haare gebunden (ich!), Becher mit Bier (er!) und Weißweinschorle (ich!), lässige Jeans, bunte Röcke, barfuß, Sommer, Abendsonne, küssen, singen, tanzen, die Arme um seinen Hals schlingen, sich wieder loslassen und nur noch an den Fingern halten, die Augen schließen und ganz selbstvergessen tanzen...
Ich war noch nie in meinem Leben auf einem Festival und vielleicht bin ich dafür auch gar nicht gemacht. Vielleicht könnte ich das nur ein paar Stunden ertragen (Ausdauer ist eh nicht meine Stärke), aber vielleicht würde es einfach auch genügen.. Hauptsache, Spaß haben.. Die Zeit vergessen, die Welt vergessen, die Sorgen vergessen.. Es läuft uns eh nichts weg, alles bleibt und wartet auf uns - aber so für einen Tag, eine Nacht mal alles von sich wegschieben können..

Warum ich Musik auch so unfassbar liebe, ist, weil ich mich in dem Moment, wo ich die Kopfhörer aufsetze, in eine ganz andere Welt katapultiere.. Dahin, wo ich mich wohl fühle, wo der Körper im Takt der Musik vibriert, wo ein Lächeln ein Lächeln ist und kein erzwungener Reflex irgendwelcher Gesichtsmuskulaturen.. Ich muss die Musik nur richtig aufdrehen können. Zuletzt heute auf dem Weg von M nach L. Was hatte ich mich im Vorfeld geplagt mit Bildern im Kopf von schneeverwehten Straßen und sowas. Und dann war da... nix. Und ich konnte also die Musik aufdrehen, mich entspannt treiben lassen im wahrsten Sinne des Wortes.. und irgendwann ankommen - auch im wahrsten Sinne des Wortes..

Ich vermisse sie so sehr, die unbeschwerte Zeit.

...und irgendwie glaube ich aber auch daran, dass sie wiederkommt. Neues Jahr, neues Glück..

5 Kommentare:

Lutz hat gesagt…

Deine Beschreibung am Anfang lässt mich mutmaßen, dass Du die Musik wirklich ZU laut hörst. Aktuelle Kopfhörer mit ANC unterdrücken zwar den Schall von außen, aber nur, wenn dieser monoton ist wie z.B. im Zug. Unstete Geräusche hingegen werden - auch technisch bedingt - nicht ausgefiltert bzw. technisch richtiger "gegengeschallt".

Kannst Du aber Dein Männel nicht hören, muss demzufolge die Quelle Deines Schalls, die Musik, zu laut sein. Das hätte im Normalfall also nichts mit Noise Reduction zu tun.

Ob aber ältere Kopfhörer reinweg alle von außen kommenden Geräusche - egal ob monoton oder nicht - reduziert haben, also keine aktive (!) Geräuschunterdrückung hatten, vermag ich jetzt nicht zu sagen. Mit ANC hättest Du vielleicht noch die Chance, im Hintergrund des (Musik-)Sturms ein zartes Stimmchen wahrzunehmen. ;-)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Es sind solche von Bose, die hatte er anfangs für sich gekauft. Er hört mich auch nicht, wenn ich was sage - und er mit seinem Tinnitus und der Hyperakusis hört niemals so laut wie ich 😁
Von daher glaubte er, er müsse mir die auch kaufen, dann hätte sein feines Ohr Ruhe.
Und dann kam ich 🤣🤣

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja Clara, im Grunde sage ich mir das jedes Jahr - aber irgendwie klemmts anscheinend irgendwo, denn es wollte 2021 nicht werden - und jetzt ist die Zuversicht etwas vorsichtiger geworden 🤪

Dies und Jenes hat gesagt…

Ich find es sehr sehr cool wie du dich mit Musik begeisterst, abschweifen kannst. Ich höre zwar gerene Musik, aber nicht morgens bevor ich zur Arbeit muss oder beim Autofahren oder oder....

Ja ich war naiv und dachte 2021 wird das wieder aber es ist ja schlimmer als zu Beginn. Hoffen ja das tu ich und in der Zwischenzeit versuchen so gut es geht durchzukommen.

LG
Ursula

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Mir ging das Ende 2020 auch so, Ursula. Meine Zuversicht ist vorsichtiger geworden, aber trotzdem da. Man kann ja irgendwie nur hoffen..