Mittwoch, 7. Oktober 2009

Ausgetrickst!

Gestern war wieder einer solcher Tage, die du getrost "in die Tonne treten kannst", wie man hier in Ziggenheimer-Land so schön sagt.
Viel zu viel Arbeit, einen pünktlichen Feierabend wieder nicht geschafft, ungute Neuigkeiten und dann komm ich heim und begehe einen Kardinalsfehler...
Ich meine, wenn man einem pubertierendes Kind begegnet, das sich inzwischen im Stimmbruch befindet, dem sowohl im Gesicht als auch in niederen Bereichen :-) ein Haarwuchs quält, dem er sich geflissentlich zu entledigen versucht, das sich mit all diesen Gegebenheiten schon beinah als "Mann" empfindet, auf dessen Gunst man allerhöchstens zu hoffen hat und das obendrein auch noch derart stolz auf die in den letzten Jahren angeeignete notorische Faulheit ist, das er diese Faulheit nicht nur auf seinem Web-Profil zutage trägt, sondern auch in seiner ureigensten E-Mail-Adresse manifestiert, so DARF man dieses Kind doch gar nicht fragen: "Könntest du bitte...", sondern man muss kommen mit den Worten: "So, und jetzt tust du mal..."
Diese und ähnliche Vorgehensweisen zumindest hatte man versucht, mir bei meinem letzten längeren Klinikaufenthalt beizubringen. Nur entweder war ich nicht lange genug dort, um solcherart gedrillt zu werden, oder aber meine mir eigene Natur hatte sich wider besseren Wissens durchgesetzt, so dass ich immer wieder in bestimmte Verhaltensmuster zurückfalle...
Und so kam, was kommen musste:
"Würdest du bitte nachher mal zum Markt rübergehen und eine Tüte Zucker holen? Die habe ich nämlich vergessen."
"Nö!" war die prompte Antwort, begleitet von einer entsprechenden Abwehrhaltung, so dass es mir zunächst die Sprache verschlug und mir alsdann die trotzige Reaktion entlockte:
"OK, dann nicht! Aber komm nicht zu mir, wenn du was von mir willst!"
Frustriert entpackte ich in der Küche alle Einkäufe (außer eben den Zucker), haderte mit mir und begriff alsbald: Es gab jetzt nur zwei Möglichkeiten. Entweder ließ ich meiner Frustration freien Lauf, indem ich in Sekundenbruchteilen alle Mama-Ziggenheimer-Varianten durchspielte, angefangen von

1. Internetstecker ziehen
2. Fernsehstecker ziehen
3. keine Süßigkeiten diese Woche
4. (fiel mir so schnell nicht ein)

und verdarb damit nicht nur ihm, sondern eben auch mir den Tag und die Laune - oder aber - und das wiederum entspricht meiner eigentlichen Natur ;-) - ich fand eine Lösung, die uns beiden weder Tag noch Gemütszustand verdarb.
Und ich fand!
Der Blick an die hauseigene Pinnwand genügte - denn dort hing, vor einigen Monaten hingebungsvoll vom Kind gemalt, eine Blume und auf jedem Blütenblatt stand ein Wunsch, den ich an das Kind frei hatte.
Und was sahen meine trüben Augen?
Ein Blütenblatt mit der Aufschrift "freie Wahl". Und diese Option war noch nicht durchgestrichen :-)
HA!
Ich hatte ihn! Besiegt mit seinen eigenen Waffen! Ratzfatz war diese Zauberblume von der Pinnwand abgenommen und mit einem beinah schadenfrohen Gesicht stellte ich mich vor das faule Kind: "So mein Freund, hier steht ganz klar 'freie Wahl'. Hier hast du das Geld und jetzt hole mir die Tüte Zucker, damit ich uns einen lecker Tomatensalat machen kann!"
Mehr wie Augenverdrehen war seinerseits nicht drin, die Blume hatte schließlich ER mir aus freien Stücken gemalt - und nun musste er, ob er wollte oder nicht.
Und er ging - ohne ein weiteres Murren.
Selbstzufrieden, wie ich das gelöst hatte, ohne Stress und Unfrieden in den Ziggenheimerschen Wänden zu verbreiten, hätte ich mir beinah auf die Schulter geklopft, unterließ das jedoch und schwor mir nur eins: Das nächste Mal wird nicht gefragt, sondern einfach festgelegt.
Schließlich sind wir hier nicht im Hotel. Nicht wahr?

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