Dienstag, 8. Juli 2014

"Eigentlich gibt es nicht"

...eigentlich sortiere ich gerade Papiere, so für die Ablage.
...eigentlich ordne ich die letzten Zuarbeiten für den Bafög-Antrag (Teil Mutter wird diesmal etwas umfangreicher).
...eigentlich sortiere ich die Unterlagen für die Steuererklärung (hab ein Erinnerungsschreiben bekommen, von dem ich nix wusste - lag bei den Jungs im Zimmer, durch Zufall entdeckt, als ich Klamotten für die Waschmaschine zusammenklaubte).
...eigentlich bin ich sehr, sehr müde und würde mich gerne schlafen legen.

Aber weil es dieses "eigentlich..." nicht gibt, sitze ich hier, habe soeben die letzte Rechnung überwiesen, weil mir beim Sortieren die TAN-Liste mal wieder in die Hände fiel; und mir hängen die Flügel wie bei einer Eintagsfliege - hübsch angeklatscht am Körper; außerdem sitze ich hier und schreibe diesen Blogeintrag, weil ich neben all dem Papierkram auch meine Gedanken ordnen will.
Junior ist seinen Job wieder los - und diesmal hat ers selber so richtig verkackt. Letzte Woche schon die Aktion mit den Schuhen, diesen Morgen hat er verschlafen und es trotz aller Optimierung eines Kacke-Momentes auf 45 Fehlminuten gebracht. Statt 5.45 Uhr zu beginnen, war er um 6.30 Uhr in der Firma. Er hat sich entschuldigt, sich nicht rausgeredet, zu seinem Fehler gestanden und gesagt, er würde die Fehlminuten an die Schicht anhängen. Nacharbeiten.
Na ja, was soll ich lange sagen: Heute Mittag, nach Rücksprache mit der Arbeitsvermittlung, haben sie ihn heimgeschickt. Morgen soll er zu Arbeitsvermittlung kommen, aber Hoffnung hat er so gar keine: Diesen Moment hatte er ja Anfang April, nur da war die Kündigung wirklich nicht nachvollziehbar.
"Ich bin grad an meinem tiefsten Punkt", hat er mir heut Nachmittag geschrieben, auf dem Weg zum Nebenjob.
Ich hab ihn angerufen, aber er mochte nicht reden.
In der ersten Woche solche Schnitzer zu bringen, da müssen die Leute einfach einen falschen Eindruck von ihm haben. Ich kanns ihnen nicht verdenken. Ihm jetzt Vorwürfe unter die Nase reiben, bringt ihm zumindest jetzt in diesem Moment nichts. Er ist eh schon am Boden.
Aber jetzt nur rumflennen und sich gehenlassen, ist eben auch keine Lösung.
Sachlich bleiben, Ruhe bewahren - und den Kopf oben behalten.
Klingt irgendwie komisch aus meinem Mund. Ich - die eigentlich Emotionale.
Das Beste aus einer Situation machen, das ist mein Credo. Ich hoffe, ich kann ihn damit wieder hochreißen. Und ich schau auf die Uhr: Es ist acht. Eigentlich müsste er längst wieder da sein. Ja eigentlich....

3 Kommentare:

Goldi hat gesagt…

Eigentlich gibt es doch, denn eigentlich möchte ich Dich einfach mal feste umarmen und kann es nicht weil zu weit weg ;)

Anonym hat gesagt…

Mist. Mist. Mist. Wenn dir der eigene Sohn sagt, dass er gerade an seinem tiefsten Punkt ist, ist das als Mutter nur schwer zu ertragen. :(

Und nein, rumflennen ist sicher keine Lösung, aber es erleichtert und muss manchmal sein. ;)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Goldi, ich bin Dir wirklich dankbar. Manchmal genügt mir einfach so ein Gedanke, um meinen Rücken wieder gerade zu kriegen.

Ja Aprilwetter, Heulen erleichtert - und wer wüsste das nicht besser als ich! Und es ist wohl gerade dieses Lebensgefühl meines Jungen, das mich dazu bringen will. Es ist ja auch ok, sich den Druck von der Brust zu heulen. Aber dann MUSS es auch wieder weitergehen.
Glücklicherweise hängt er momentan nicht so sehr durch wie im April, wo die Kündigung nicht nur völlig unerwartet kam, sondern bis heute nicht nachvollziehbar bleibt. Und da ist er wohl wie ich: Wenn man etwas verstehen kann, kann man auch abschließen. Alles andere bleibt oft ewig lang eine Wunde.