...der Abend ist da, die Badewanne ist nicht eingelassen, Kerzen brennen auch nicht... Das kennt Ihr doch auch, oder? Den ganzen Tag träumt Ihr von etwas, malt es Euch in den schönsten Farben aus und dann... macht man am Ende doch was völlig anderes ;-)
Die Situation: Deinem schon in der Pubertät befindlichen Kind hast du am Telefon aufgetragen, den Abendbrotstisch zu decken, die Hausaufgaben gemacht zu haben, weil du heute später heimkommen wirst. Und dann verlässt du das Büro, es ist völlig wurscht, dass es inzwischen regnet: Das Autoradio drehst du auf, begibst dich auf den Heimweg, singst beinah jedes Lied mit, weil du inzwischen fast jeden Text auswendig kennst, dir kommt bei der einen oder anderen Liedzeile in den Sinn, wie dankbar du bist für Menschen, denen du in deinem Leben begegnet bist. Menschen, die dich an deine Träume, an deine Wünsche, an deine Hoffnungen erinnern, sobald du ihnen nur in die Augen schaust. Du fühlst dich unglaublich wohl, genießt den Augenblick, stellst dir deine Badewanne vor, den Geruch der Vanillekerzen, hörst beinah schon den Klang der Musik, die durch deine kleine Wohnung perlt, fühlst dich so vollkommen eins mit dir und der Welt... und dann... BONG... Daheim angekommen, wunderst du dich, dass noch mehr Paar Schuhe als angenommen vor der Tür stehen. Du schließt auf und begibst dich erst einmal zum Kinderzimmer, um deinen Sohn zu begrüßen. Dass in der Küche der Tisch nicht gedeckt ist, versuchst du mit einem stillen Seufzer zu ignorieren. Dann öffnest du die Tür zum Kinderzimmer und dir schlägt der Geruch von halbwüchsigen Kindern entgegen, zu viele Kinder für das kleine Zimmer, die beim blinde-Kuh-spielen eine unglaubliche Unordnung angestellt haben, ganz zu schweigen von der Jalousie, die dabei aus ihrer Verankerung gerissen wurde. Du weißt nicht, ob du das - natürlich unter Ausschluss der Freunde - kommentieren oder dich freuen sollst, dass die Kids sich trotz des Regenwetters anders zu beschäftigen wussten, als zur Playstation zu greifen. Also sagst du gar nichts, begrüßt lediglich mit hochgezogenen Augenbrauen dein Kind und gehst in die Küche, das Abendessen zubereiten. Dabei stellst du fest, dass dein pubertierendes Kind auch das Frühstück, für das du morgens extra eine Viertelstunde eher aufstehst, liegen lassen hat: Der Preis dessen, dass das Kind die ersten beiden Schulstunden frei hatte und du das Haus bereits verlässt, während es den Weg in das Badezimmer findet... Und du kannst beinah körperlich spüren, wie deine eben noch himmelhochjauchzende Stimmung langsam, aber sicher Richtung Nullpunkt sinkt... Nun, wenigstens hat es ja den Tee getrunken, den du morgens gekocht hattest. Beim Abendessen gesteht es dir dann, sowieso nur erst bei Nachfrage, dass es zwar keine Hausaufgaben aufbekommen, für das Fach Chemie aber auch noch nicht gelernt hat. Damit ist der Punkt erreicht, wo du innerlich auf deine wunderbare Vorstellung von diesem Abend mit Kerzen, Musik und Badewanne pfeifst und dich den Realitäten stellst: Zunächst wird das Abendessen beendet, dann wird die Jalousie angebaut und du forderst dein Kind auf, das Zimmer in Ordnung zu bringen. Natürlich muss es sich dann auch mit Chemie befassen, den Einwand, dass es doch längst alles weiß, auch ohne zu lernen, wischt du gekonnt beiseite. Du kennst deinen Jungen und du weißt genau: "Ich weiß doch schon alles" heißt nichts anderes wie: "Aaaaaalsoooo eigentlich müsste ich alles wissen, aber es könnte ja sein, dass der Lehrer mich was fragt, das ich ausgerechnet gerade nicht angeschaut hatte..." und damit eine wiederholt entsprechende Note nach Hause bringt.
Sonnenkinder... Also eigentlich hältst du dich ja für ein Sonnenkind, weil du gerne und viel lachst und überhaupt zumeist ausgeglichen bist. Aber heute Abend... Ja... Da wird das Lachen eher zu einem schiefen Grinsen, da wirds nüscht mit dieser Badewanne, weil du darauf keinen Bock mehr hast, weil du dich am liebsten ins Bett verkriechen, die Decke über den Kopf ziehen und zusehen möchtest, dass dieser Tag vorüber geht und ganz schnell ein neuer kommt.. Auf einmal nervt dich dieser Regen, durch den du gerade noch gelaufen bist, das Gesicht dem Himmel entgegen, die Arme ausgestreckt und am liebsten auch noch barfuss und mit hoch gekrempelten Jeans (wenn nicht schon Oktober wäre). Er nervt dich inzwischen, weil die Wäsche wieder nass geworden ist, die Wohnung kalt und überhaupt alles nicht so ist, wie du es vielleicht gerne gehabt hättest.
Nun könntest du dich frustriert in deine Kissen werfen und eben genauso deinen Tag beschließen, aber... Was ist eigentlich schon passiert? Eigentlich... Nüscht!
Und was mich da am ehesten wieder runterbringt, ist die Musik. Und genau die drehe ich jetzt auf. Wenigstens mal für ein paar Minuten - und ich danke schon jetzt allen verständnisvollen Nachbarn ;-)
1 Kommentar:
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