Montag, 5. April 2010

Sie Kennt Den DJ

...und manchmal hat das auch nen Vorteil. Nämlich nicht nur den, dass man den einen oder anderen Drink aufs Haus spendiert bekommt, sondern auch den, dass man kostenlos und nebenbei ein bisschen Mucke abstauben kann, die sich so richtig cool zum stundenlangen Autofahren macht.
Tanzen habe ich verlernt, es sei denn, ich hab zwei, drei Gläser Wein genossen.
Es liegt mir irgendwie auch nicht, nach irgendwelchen merkwürdigen Klängen herumzuzappeln, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob hier jemand gerade an motorischen Störungen leidet oder doch tatsächlich tanzt. Insofern bin ich dann auch eher der stille oder kommentierende Beobachter ;-) wenn nicht eigentlich überhaupt der Bar- und Kaffeehausgänger - aber wenn der große Bruder nun schon mal auflegt... ;-)
Als ich gestern nun die heilige Halle meines Bruders betrat und diesen Song hier hörte, blieb ich einfach nur wie gebannt am Tresen stehen, noch im Mantel und in der Hand das erste gesponserte Glas Kirschsaft - und ich stand da, schaute auf die Menschen und sah doch nichts... Hörte nur die Klänge, hörte die Worte und mich überrieselte eine Gänsehaut, die es mir beinah unmöglich machte, etwas zu sagen oder gar zu denken.




Ihr könnt Euch ja sicher denken, dass genau dieser Titel der erste war, der auf meinen USB-Stick wanderte und den ich heute im Auto rauf und runter hörte. Nachdem ich nach den ersten Ortschaften beschämt vom Fahrer- auf den Beifahrersitz geklettert war, nur um mit dem großen Kind zu tauschen, das mich mit seinen Fahrkünsten derart beeindruckte, dass ich glatt neben ihm auf dem Sitz einschlief.

"Ich bin dabei, du bist dabei, wir sind dabei, uns zu verlieren..."
Manchmal erschreckt mich, dass Menschen, die nebeneinander stehen, dennoch nicht miteinander sind. Manchmal erschreckt mich der leere, nichtssagende Blick von Pärchen, die sich an den Händen halten und doch nicht halten. Manchmal erschreckt mich, wie lieblos Mann und Frau sich unterhalten, sich anherrschen, einander zurechtweisen.
Manchmal erschreckt mich, wenn Männer sagen: "Ich versteh gar nicht, warum sie abgehauen ist. Sie hatte doch alles - ein schönes Heim, den neuesten Herd, die neueste Bügelstation..."
Manchmal überrascht mich, wenn Männer ihren Frauen Blumen mit nach Hause bringen und sich darüber beklagen, dass die Frauen das nicht zu schätzen wissen.
Es überrascht mich, dass Menschen nicht sehen, dass man da sein kann, neben einem sein kann und trotzdem... nicht da ist. Mit den Gedanken ganz woanders, bei einem neuen Automobil, beim Kontostand, beim neuen Telefon - oder manchmal im schlimmsten Fall bei einem bestimmten anderen Menschen.
Man kann jeden Morgen miteinander erwachen und abends miteinander einschlafen - und entfernt sich dennoch immer weiter voneinander.
Diese Gefahr ist sicherlich umso größer, je größer der Raum zwischen einem Paar ist.
Ich habe schon die Erfahrung gemacht, dass es manchmal nur wenige Worte, wenige Gesten vermögen, den tatsächlichen Raum derart zu verkleinern, dass man meint, man müsse sich nur umwenden und könne den anderen erblicken. Manchmal muss der andere nicht wirklich da sein, um zu spüren, dass er dennoch da ist. Nur manchmal reicht genau das eben auch nicht. Wenn zwei Menschen beginnen, immer mehr ihr eigenes zu machen, immer mehr Erlebnisse mit anderen Menschen statt dem Partner zu teilen, dann... muss man sich schon eines Tages fragen: Wollen wir unseren Weg überhaupt noch gemeinsam gehen?
Oft ist es ja so, dass die Entfremdung zunächst eher andere Menschen feststellen als man selber. So wie meine Mama das Ende meines bisherigen Lebens vor gut sieben Jahren kommentierte: "Ich hab schon vor zwei Jahren gespürt, dass von euch beiden immer mehr jeder seins machte... Und es somit nur doch eine Frage der Zeit war."
Versteht mich nicht falsch: Ich muss mit einem Partner nicht gemeinsam aufs Klo gehen und an seinen Beinen häng ich weiß Gott auch nicht, wenn er ohne mich das Haus verlässt. Ich möchte genauso ohne ihn gehen und atmen und dann heimkehren können mit einem guten Gefühl, dass man aneinander kuschelt und sich erzählt. Vermutlich ist das Ganze eine Gratwanderung, die man erst lernen muss zu beherrschen. Aber wahrscheinlich ist das alles eher auch eine Frage der Priorität.

Ich geb' nicht auf. Gehst du mit mir?
Gehst du mit mir mit auf uns zu?

Fällt dir nichts ein? Komm leg nicht auf,
komm reg dich auf und komm zur Ruh'..

Noch immer, nach dem hunderttausendsten Male Hören bekomm ich Gänsehaut bei den Klängen, bei den Lyrics... Erst heute las ich wieder ein Zitat: "....Die Summe des Lebens sind die Stunden, in denen wir lieben..." Das ging mir genauso unter die Haut. Ehrliches, aufrichtiges Lieben. Eins, das keine Ausreden oder Lügen birgt. Das genug Raum für jeden lässt, ohne dennoch voneinander zu entfernen...

Ich brauch jetzt einen Kaffee - wer noch?

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