Sonntag, 21. Oktober 2012

Berg und Tal Oder: Das Massaker vom Blomberg

Es ist Sonntag, mein heiliger Tag. MEIN Tag, den ich am liebsten mit süßem Nichtstun fröne. Mich der köstlichen emotionalen Genugtuung hingebe: Alles kann, ICH muss NICHTS! :)
Käffchen in der Sonne (klappt in diesem goldenen Oktober übrigens auch wieder hervorragend), lang ausgestreckte Beine, maximal die Sonnenbrille auf der Nase (oder auch nicht, man bekommt immer noch Sonnenbrand und wie ein Maki mag ich auch nicht durch die Welt laufen). T-Shirt-Wetter vom feinsten, man glaubt es kaum.

Aber nun ja.
Diesen Sonntag gilt: Alles kann, ich KANN NICHTS!
Ich liege hier, dahingefleddert, im wahrsten Sinne des Wortes, und das einzige, was tatsächlich schmerzfrei funktioniert, ist meine große Klappe. Selbst die Hände tun mir weh von der gestrigen Besteigung des Blomberges, der mir schätzungsweise 600 oder 700 Höhenmeter in nur eineinhalb Stunden abverlangte. Die Höhenmeter im Verhältnis zur benötigten Zeit, da kann man sich ausrechnen, wie steil das bergauf ging.
"Am Anfang knackig, dann chillig und kurz vor dem Gipfel noch mal knackig - das wars schon."
So die Ansage in irgendeinem Bergführer, den ich jetzt noch morden wollte, wenn ich könnte.
Bis zum Gipfel hab ich auf die chillige Wegstrecke gewartet - und keine gefunden. Noch vor den ersten 50 Höhenmetern sah ich goldene Ringe vor meinen Augen tanzen, mein Herzwerk bupperte, als wäre es das Letzte, das es noch zu tun habe und ich sah mich schon umringt von Sanitätern auf dem Boden liegen, mein allerletztes Liedchen pfeifen und dem Gesang des Helis in der Nähe lauschen. Adios Amigos, schön war die Zeit!
Ich gebe ja zu: Bist du erst mal auf dem Gipfel angelangt, ist das schon ein sensationelles Gefühl: Ein scharfer Rundumblick ins Tal, begossen von Sonne und Wonne und dieser Gedanke: TSCHAKA, du hast es geschafft. Die Realität aber sieht jedoch so aus, dass du es mit Ach und Krach überhaupt da hoch geschafft hast, dass du pumpend und ächzend und röchelnd in der Wiese liegst, auf jegliche Romantik pfeifst und versuchst etwas zu trinken, während deine Zunge noch unten irgendwo am Anstieg klebt.
Und während du noch dem Irrglauben anhängst, dass der Abstieg ja nur noch ein Klacks und spielend zu bewältigen sei, wirst du spätestens beim Abstieg eines Besseren belehrt: Was steil hoch ging, geht genauso steil wieder runter und der ganze Körper von der Haarwurzel bis zum Zehennagel ist im wahrsten Sinne des Wortes krampfhaft damit beschäftigt, dich gerade zu halten, dich nicht wegrutschen oder sonstwie den Halt verlieren zu lassen.

Wie auf Stelzen habe ich nach Hause gefunden, mir mit zittrigen Beinen und der allerletzten Kraft  duftiges, heißes Badewasser eingelassen, hineingefallen, fast untergegangen, wieder aufgetaucht, geschätzte zehn Liter Magnesiumwasser getrunken und trotzdem fast verzweifelt an diesem unsäglichen Brennen in der gesamten Muskulatur, die meiner  Begleitung lediglich ein mildes Lächeln und die uncharmante Frage: "Soll ich einen Arzt rufen?" entlockte.
Jetzt weiß ich übrigens auch, wieso ich sogar Muskelkater in den Händen hab: Ich musste permanent die Hände zusammenpressen, um zu verhindern, dass sie sich um seinen Hals legten und so lange zudrückten, bis kein Piep mehr rauskäme.

Muskelkater übrigens bedeutet ja nix anderes als kleinste Risse in der Muskulatur, verursacht durch übermäßige Beanspruchung. Drehte man mich jetzt also von innen nach außen, könnte Junior jegliches Geld für Horrorfilme in Kino & Co. sparen - er hätte es jetzt live und in Farbe - und ganz umsonst, gemessen an der Tatsache, dass mir von Haarwurzel bis Zehennagel immer noch alles schmerzt. Nun denn. Ich stelze mal geruhsam der neuen Woche entgegen!

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