Montag, 22. Oktober 2012

Mit Lichtgeschwindigkeit Oder: Mein 3. Offener Brief

Lieber Fahrer des silbernen Mercedes Benz,

nachdem ich mich einige Stunden lang (zweiundzwanzig, um genau zu sein) wieder gefangen und gesammelt habe, möchte ich gerne abschließend zur gestrigen Fahrt ein offenes Wörtchen mit Dir reden.
Ich bin Dir - und das meine ich durchaus ehrlich - wirklich dankbar, dass ich für den Preis von nur zwanzig Euro (und das ist wirklich ein fairer Preis für cirka 430 km) und zu einer Zeit, die es mir göttlicherweise noch erlaubte, das Wochenende (oder besser gesagt, das, was vom Massaker noch übrigblieb) bis zur letzten Sekunde in fremden Gefilden genießen zu dürfen, wieder mit Dir nach Hause fahren durfte.
Demnächst werde ich mich für den Nobelpreis oder wenigstens aber für das Achte (anatomische) Weltwunder vorschlagen lassen, da ich dank der ungeahnten Flieh-Kräfte, die Du mit Deiner Gaspedalleistung freizusetzen vermochtest, meine Blase leicht unterhalb der Schädeldecke wiederfand. Was immerhin den denkbar günstigen Effekt mit sich brachte, dass ich auch als Frau getrost auf die Pipi-Pause verzichten konnte. Etwaige Rückschlüsse auf meine geistigen Fähigkeiten sind an dieser Stelle übrigens zu unterlassen.
Überhaupt bin ich immer noch ein bisschen auf der Suche nach meinen Innereien, die irgendwie noch immer alle leicht verschoben scheinen. So wie übrigens auch die Reisetaschen zwischen mir und dem zweiten Mitfahrer in jeder größeren Kurve, die wir abwechselnd auf dem Schoß hatten, weil der Kofferraum gerade Platz für Dein Kontrabass und zwei Deiner Taschen Platz bot.
Kleine Anmerkung am Rande: Leih Dir doch bitte von Papa das nächste Mal ein ordentliches Auto mit einem ordentlichen Kofferraum, ok?
Jedenfalls, dass Mitfahrer Numero Zwei und ich da auf der Rückbank alsbald die Augen schlossen, lag mitnichten an Müdigkeit, sondern lediglich an fremdem Turnschuhwerk, das uns vor der Nase hin und her schwenkte und augenscheinlich an diesem Wochenende ausgiebigst genutzt wurde. Offenbar hatte die Besitzerin, Mitfahrerin Numero Drei, den Blomberg wohl auch bestiegen. Dem Geruch der Schuhe nach zu urteilen vielleicht auch öfter.
Auch wollte ich Dir dafür danken, dass ich angesichts Deiner Fahrweise eine ganze Stunde eher als geplant dem heimischen Chaos ausgesetzt wurde, eine ganze Stunde eher eine Wohnung betrat, auf deren Schwelle ich am liebsten gleich wieder kehrt gemacht hätte.

Jedenfalls, was ich eigentlich sagen wollte: Zwanzig Euro sind ein Spottpreis für so eine weite Reise, wenn man bedenkt, was die Bahnfritzen einem abverlangen. Vielleicht sollte ich aber doch lieber wieder auf Bahnpreise umsteigen? Wer mit über zweihundert Sachen in Nebelschwaden über die Autobahn düst, der muss  jedenfalls nicht erschrecken, wenn hinter ihm aus dem dunklen Fond ein noch dunklerer Kopf emportaucht und ihm ein Stimmchen zart ins Ohr dröhnt:

"ICH HÄNGE VERDAMMT NOCH MAL AN MEINEM LEBEN; DU ARSCH!!!"

Herzlichst
Helma Ziggenheimer

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1 Kommentar:

Wildbirds&more hat gesagt…

Mein herzliches Beileid...huiuiui