Freitag, 3. November 2017

Old ways won't open new doors



"Letzte Nacht bist du gestorben", sagt der Mann. "Und die Nacht davor auch."
Er hat es geträumt, er erzählt davon, während ich den Frühstückskaffee zubereite, mich mit der Tasse Kaffee in beiden Händen auf das Sofa kuschle und die letzten ruhigen Minuten genieße, bevor das Tagwerk beginnt.
Und ich bin sehr froh, dass heute schon wieder Freitag ist, dass ich nächste Woche auch nicht verreisen muss und mir noch ein paar Tage bleiben, an denen ich hoffentlich etwas durchatmen kann. Auch wenn ich dem Chef in die Hand versprach, am Wochenende erreichbar zu sein und nach ihm ein paar Dokumente durchsehen würde. Termine drücken, das tun sie ja immer - aber einmal mehr denke ich, dass ich tatsächlich froh sein kann um dieses Home Office Modell. Kein morgens-aus-dem-Haus-hetzen mehr, die Tasche hastig über die Schulter geworfen, der Mantel noch offen, das Haar zu einem flüchtigen Knoten gewunden, ohne Frühstück, weil ich morgens unter Druck nichts hinunterbekommen kann.
Ich muss abwägen, was auch insbesondere jetzt gut für mich ist - ICH muss es MICH fragen, und ICH muss diese Entscheidungen treffen, auch wenn der Mann es bedauert: "Ich habe das Gefühl, du beziehst mich in deine Entscheidungen gar nicht mehr ein. Ich muss es nehmen, wie es kommt."
Nicht ganz.
Die Themen sind nicht neu.
Die Gedanken sind nicht neu.
Die Gründe sind auch nicht neu.
Ich mag mich nur nicht immer und immer wiederholen müssen - das ist vielleicht neu.
Am Ende ist es nämlich immer noch mein Körper, der mir schmerzt und schmerzt und schmerzt. Womit ich morgens aufstehe, das mich den ganzen Tag begleitet und mit dem ich mich nachts wieder in mein Bett lege.

Ja Gretel, das ist richtig, man hört vermutlich niemals auf, nach Lösungen zu suchen. Auch wenn ich mir im Mai schwor: "Ich versuche es nicht mehr, dreizehn Jahre sind genug."
Man beweint vielleicht still und kurz die Situation, man hadert, und doch.. beginnt man irgendwie immer wieder von vorn. Weil man sich nicht abfinden will mit Situationen, die sich vielleicht doch noch ändern lassen können.
Gestern schnappte ich mir den letzten Rest einer Sendung über Schmerz, fand anschließend eine weitere Sendung frei nach dem Motto "Wenn keiner mehr weiterweiß, dann komm zu Doktor Fred Feuerstein". Natürlich hieß der nicht so, aber wenige Minuten Sendezeit hinterließen doch eher das schale Gefühl einer nicht wirklich seriösen Sendung. RTL II-Niveau, sage ich nur.
Ich kann nicht mal sagen, dass ich nicht sogar diesen Weg versucht hätte, würde diese Sendung nicht in eben diesem Niveau herumgedümpelt haben.

Die vegane Lebensweise soll vielen Schmerzpatienten deutlich geholfen haben. Nicht jedem, aber immerhin vielen. Ich bin ehrlich: Diese konsequente Art zu leben und sich zu ernähren halte ich nicht durch. Ich mag Milch, Joghurt, Eier und Fisch. Bin ich also selber schuld, wenn ich blödes Weichei lieber Schmerzen beklage, anstatt einfach mal einen eisernen Willen zu entwickeln? Zumal die Wissenschaft noch darüber uneins ist, ob diese Form der Askese dem Körper letztlich aufgrund der Mangelerscheinungen nicht mehr schadet als dass man sich Gutes tut. Schwieriges Thema. Komplexes Thema.
Der Sport federt das Allerschlimmste ein wenig ab, also zwinge ich mich dazu, immer wieder.
Die Schmerztabletten habe ich wieder in den Karton zurückgelegt, zwei Tage nach intensiven Versuchen. Es hat dann doch nicht funktioniert.
Die Musik entführt mich und tut mir gut und für wenige Sekunden bin ich weggelenkt vom schmerzhaften Pochen. Ähnlich dem von Zahnschmerzen - nur eben nicht in den Zähnen, sondern im Körper. Irgendwann wird man irre davon, irgendwann muss man zwangsläufig irre davon werden - oder nicht? Ich ertappe mich immer wieder, dass ich mich an anderen messe, denen es noch sehr viel schlechter geht als mir - und dass ich mich dann zur Contenance mahne. Weitermachen wie bisher, weil es ohnehin keine andere Möglichkeit gibt. Nicht jetzt, nicht hier.
Aber vielleicht.. doch noch eines Tages? Trotz der Theorie über das Schmerzgedächtnis?
Der Mensch ist ein Mysterium, eins, das noch lange nicht bis zuende erforscht werden konnte.
Eine irgendwie komische Lebensphase gerade. Die Ernüchterung breitet sich immer weiter aus, aber die Hoffnung hält am Ende dann doch wieder dagegen... dass es immer noch Möglichkeiten gibt. Wege, die man gehen kann, auch wenns vielleicht ganz andere als je zuvor sind.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Helma,
ich vermute mal, du hast dich bereits damit beschäftigt, will aber - falls nicht - doch diesen Link hier lassen: https://www.liebscher-bracht.com/die-therapie/
Gerade weil du schriebst, dass Sport etwas hilft... wer weiß, ob sich nicht doch ein neuer Weg auftut...
Alles Liebe
Gwen

Bohli hat gesagt…

Ich wünsche dir Kraft Helma, einfach nur Kraft.

Anonym hat gesagt…

Wenn die Möglichkeit besteht, durch Verzicht auf bestimmte Lebensmittel Besserung zu erlangen und der Verzicht wird nicht durchgehalten...frage ich mich schon, wie dringend eine Besserung angestrebt wird. Ist nicht böse gemeint.
Lg marietta

Frau Vau hat gesagt…

Liebe Helma, ich war schon länger nicht mehr hier, darum entschuldige bitte, wenn ich dir etwas schreibe, das du schon längst kennst.. ich habe aber vor ein paar Tagen etwas gelesen, was mir für meine chronisch kranke Stiefmutter sehr hilfreich erschien, vielleicht möchtest du dich auch informieren.. es geht um eine legale Form eines Hanföls, das gegen chronische Schmerzen sehr gut helfen kann. Der THC-Wert ist so niedrig, dass er nicht als BTM eingestuft wird. Mehr weiß ich leider noch nicht, aber hier ist die webseite: www.cbdnol.com
Ich wünsche dir viel Erfolg damit und hoffe, dass ich dir damit vielleicht etwas weitergeholfen habe. Und viel Kraft! Liebe Grüße von Frau Vau