Donnerstag, 31. Dezember 2020

Falies Nawidatt

... ja na oder so ähnlich. Irgendwie hab ichs die Tage nicht auf die Reihe gekriegt, mal noch was zu schreiben von wegen allen möglichen Wünschen und so - und jetzt versuche ich mich heute Abend allen Ernstes darin, obwohl ich schon mindestens zwei Likörschen und das dritte Glas roten Sekt verköstigt bekommen hab (jawohl, bekommen - alleene hättsch mir den nieeee ausm Kühlschrank geholt, aber ich wohn ja nich alleene hier). 

An den paar Worten bis hierher habe ich mich schon gefühlt fuffzsch mal verschrieben, vertippt, ver-was-weiß-ich - aber hey, ich kann doch hier nich weggehen, ohne das alte olle Jahr zu verabschieden und Euch jetzt aber wirklich mal von Herzen ein gutes neues Jahr zu wünschen. Auf dass es für viele von uns ein leichteres, entspannteres werden möge.
Verdammich, wir haben doch wirklich nur dieses eine Leben, keiner von uns weiß, wie lange - und irgendwie würde zumindest ich wirklich ungern abtreten mit dem Gefühl, nicht alles gelebt zu haben, was ich mir auf die Fahne.. ne, die Wishlist.. ach ne, die Löffelliste geschrieben hab. 
Hab ich denn eigentlich überhaupt ne Löffelliste? fällt mir grad so ein.
Eigentlich hab ich mir doch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, was ich will oder wohin ich will. Eigentlich hab ich mich doch eher immer lieber treiben lassen, bin mal hier, mal dort angedockt und dann doch wieder weitergezogen. Weil, wenn mir eins immer wichtig war, dann, dass das Leben mit Liebe gefüllt.. äh ne.. ERfüllt sein sollte. Ich wollte ankommen, ich wollte zur Ruhe finden - und na ja hey, irgendwann habsch dann doch noch gemerkt, dass das gar nichts mit nem Mann zu tun hat, sondern mit mir selber. Na ja und den Rest würde ich mir dann schon so irgendwie zurechtbasteln.

Andere Leute wollen alle möglichen Sachen machen. Mal ne Weltreise, n Haus bauen oder wenigstens kaufen, die Karriereleiter bis auf die letzte Sprosse hochächzen, viel Kohle verdienen und so n Kram. 
Was will ich eigentlich? 
Isch hab keene Ahnung, ehrlich gesagt. Immer noch nich. Ich will eigentlich nur.. das Leben mit Liebe füllen und Glück haben dürfen. Und keine Existenzangst mehr haben müssen, denn ehrlich, diese Jahre waren scheiße. 

Heute morgen, ich war gerade aus den Federn gekrochen, noch ganz warm vom Schlaf und so, da stand mein Käffchen schon aufm Tisch und die Sonne schaute drauf und beseelt von diesem Anblick schlug ich dem Mann vor, doch einen ausgedehnten Spaziergang zu machen, so weit mich die schmerzenden Knochen tragen würden. Also ich hatte ja gemeint, irgendwann am Tag, solange es noch hell war.
Der Mann verstand aber: Kaffee austrinken, anziehen, raus. 
Öhm.
Der hat mich echt wirklich so lange gestriezt und genervt, bis ich tatsächlich nach ner Stunde schon angezogen war. Passiert mir sonst nich so schnell, jedenfalls nicht an freien Tagen und erst recht nicht an denen, wo ich eigentlich auch nix vorhab. Er hat sich (oder mich?) dann mit einem lecker Käffchen rehabilitiert und ich habe diese Entschuldigung großmütig angenommen. Wenn also nix mehr geht - n Käffchen geht doch immer. Da brauchts keine Blumen oder so n Schietkram, keinen Diamanten oder so n Protzzeug. Kaffee handgemahlen oder wenigstens selber gekauft - und die Zigge is glücklich :)
Sagt doch mal, der Mann hat doch eigentlich Schwein, oder? 

Irgendwer hatte in seinem Status heute so n Wimmelbildchen oder wie die heißen. Die drei ersten Worte, die man liest, bestimmen das Jahr 2021.
Ja watt soll ich sagen. Ich hatt halt grad nix zu tun und habs probiert. 
Gesundheit, ne, ich glaub, Gesundheit war das nich, das war irgendwas anderes, so ähnlich vermutlich, das zweite hab ich vergessen, ach ne, das war Heilung! und das dritte war Liebe. 
Heilung klingt ja tatsächlich mal verlockend. Immerhin darf ich seit zwei Wochen kein Cortison mehr nehmen und was soll ich sagen... der Schmerzpegel is an manchen Tagen schon wieder scheiße hoch. Nicht erst seit zwei Wochen, das kam schon wieder, nachdem das Cortison deutlich runtergesenkt worden war. Trotz der Alternativpillen, die es nunmehr mit dazu gab und die leider nich wirklich ne Wirkung zeigen. Also der Schmerzpegel ist jetzt nich so, dass ich gleich verzweifeln täte, aber doch so, dass ich mir überlegen muss, ob ich zum Beispiel die mir wertvolle Tasse nicht besser beidhändig hochhebe und auf welche Seite ich mich lege. Ob ich die Treppen schaffe oder doch lieber den Lift nehme. Wie weit ich zu Fuß komme oder ob ich doch ne Abkürzung nehme. Das is nich kritisch und auch nich lebensbedrohlich, aber trotzdem isses scheiße. Weils nämlich weh tut, jeden Tag, jede Minute, jede Sekunde, pausenlos und manchmal denke ich immer noch: Das haltsch keene fuffzsch Jahre mehr aus. Aber dreißig reichen ja vielleicht auch. Oder zwanzig. 
War der Mann doch tatsächlich verwundert, weil er meinte, er hätte das gar nich so mitgekricht. Ja was glaubt er denn, dass ich ihm was vorjammere oder mir n Schild an die Stirn hefte "Heute ma nich ansprechen"?! Wie lange kennter mich? 
Gestern hattsch dann doch noch irgendwie so n Geistesblitz und dachte: Warte mal.. wenn die gute alte DDR-Rheuma-Salbe an den Fußsohlen geholfen hatte, dann vielleicht auch an anderen Stellen? An denen, wo es besonders heftig weh tut?
Als dann der Mann sich dann nächtens über mich beugte, musste er aber dann doch lachen: "Ich rieche schon den Sex des Alters."
"Ach warte mal ab, wenn ich dann erst noch die Zähne rausnehme", gackerte ich ein bisschen mit. 
"Dann darfste auch wieder  zubeißen", konterte er.

Wahrscheinlich werde ich das alles bereuen, morgen, wenn ich wieder nüchtern bin. Also bereuen, was ich hier alles so ausplausche. Aber heute is mir das grad alles irgendwie wurschtpiepegal!
Ich weiß auch gar nicht, ob das hier überhaupt alles Sinn macht, was ich so aufgekritzelt hab, oder ob das genauso durcheinander geht wie mein Gedankengestöber im Kopf, weil, eigentlich wollt ich Euch ja wirklich nur eins sagen: Kommt gut ins neue Jahr und seid glücklich. Das hamwir uns alle verdient, irgendwie :)

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Das wahre Gesicht

 Mir als Zwillinge-Geborener wird ja immer gerne nachgesagt, dass ich ein Mensch mit zwei Gesichtern sei. Deshalb sei mir nicht zu trauen. Dass mein Ex mir das am Ende unserer Ehe erklärte, konnte ich sogar nachvollziehen. Dass mein Chef mir das manchmal gerne vorhält, eher nicht, weil ich immer eine klare Linie verfolge: Fair muss es sein. Wenn ich einmal die Handlung eines Mitarbeiters kritisch empfinde, bedeutet das nicht, dass ich gleich den ganzen Menschen kritisch sehe - und es bedeutet auch nicht, dass dieser Mitarbeiter deswegen nicht auch positive Seiten hat. Dass der Chef das nicht trennen kann (oder will), ist sein Ding, nicht meins. 

Ich habe in meinem persönlichen Umfeld einige Freunde und ich habe virtuell wenige Freunde, mit denen ich grundlegend eine gemeinsame Basis empfinde. Es ist keiner dabei, der sich - in welcher Form auch immer - radikalisiert oder der völlig neben der eigenen Spur läuft. Schon zu Zeiten der Flüchtlingskrise und jetzt im Corona-Jahr zeigen die Menschen deutlicher Ansichten, die ich manchmal verwundert, manchmal irritiert betrachte und zur Kenntnis nehme, manchmal mit ihnen in (mitunter leidenschaftliche) Diskussionen verfalle - aber eins bleibt uns immer gleich: Wir mögen uns. So wie wir sind. Vielleicht gab es manchmal auch eine Zeitlang Funkstille, weil man etwas zu hitzig aneinander geraten war oder weil man einfach dachte: E bissl Abstand tut vielleicht auch mal ganz gut. Aber eine Freundschaft zu beenden... Grad wenn sie seit vielen Jahren besteht... 

Ich habe gelesen und gehört, dass manch einer von ihnen Freundschaften verloren hat ob ihres Standpunktes, doch für mich selbst hatte ich mir diese Frage bisher noch nie gestellt. Ich sah den Anlass nicht dafür. Weil ich gerade bei den persönlichen Freunden immer eins sehe: den eigentlichen Menschen dahinter, der mir etwas bedeutet. Kann man nicht verschiedener Meinung und trotzdem befreundet sein?

Gestern las ich im Status eines realen, persönlichen Freundes eine Mediennotiz über die Corona-Impfung. Warum sie besser sei als ihr Ruf - und warum die Bedenken unbegründet seien. Diesen Artikel habe ich mir fast bis zuende durchgelesen und dann habe ich den Freund gefragt, ob er selber auch daran glaubt, was er da vermittelt. (Ja, die Frage hätte ich mir eigentlich sparen können, denn irgendwann vor Jahren gehörte er selbst zur Medizin und dass er grundsätzlich alles befürwortet, wusste ich ja schon.) 
Er antwortete mir mit Verweis auf verschiedene Statistiken, aber eine belastbare Argumentation, die für die m/RNA-Impfung spricht, konnte er mir nicht geben. Natürlich kann er das nicht - das können selbst die Obersten vom RKI nicht, die zumindest an der Stelle im Oktober offen antworteten: „Wir gehen alle davon aus, dass im nächsten Jahr Impfstoffe zugelassen werden. Wir wissen nicht genau, wie die wirken, wie gut die wirken, was die bewirken, aber ich bin sehr optimistisch, dass es Impfstoffe gibt.“ (Quelle: https://correctiv.org/faktencheck/2020/12/09/unwissenheit-ueber-covid-19-impfstoffe-aelteres-interview-mit-rki-chef-wieler-wird-irrefuehrend-verbreitet/)

Wenn seit rund 25 Jahren an einem DNA-Impfstoff geforscht wird, wo es noch kein einziger bisher in die Zulassung geschafft hat - wie vertrauenswürdig ist es dann, innerhalb von nur sieben oder acht Monaten einen Impfstoff gegen ein neu mutiertes Virus zu finden, von dem man bis zu seinem ersten Auftreten in Europa noch so gar nichts wusste? Und wenn man dazu in öffentlich-rechtlichen Medien über die Wirkungsweise liest, warum darf man dann nicht Zweifel oder eben auch Furcht davor haben, was diese Impfung vielleicht in meinem eigenen Körper auslöst? Erkenntnisse darüber gibt es so ja nicht, können auch nicht vorliegen. 
"Welche Risiken und Nachteile gibt es? Bei DNA-Impfstoffen besteht theoretisch die Möglichkeit, dass die in die Zelle verbrachte DNA in das eigentliche Erbgut der Wirtszelle eingebracht wird. Als mögliche Folgen werden eine verstärkte Tumorbildung oder Autoimmunkrankheiten befürchtet. Umfangreiche Studien im Tierversuch haben keinen Hinweis darauf gegeben. Im Gegensatz zu DNA-Impfstoffen werden RNA-Impfstoffe nicht in den Zellkern transportiert. Daher besteht auch nicht die theoretische Gefahr, dass diese in das Erbgut von Körperzellen integriert wird. Theoretisch wäre es möglich, dass andere bereits im Körper vorhandene Viren die Impf-RNA in DNA "umschreiben", so dass diese sich doch in das Erbgut einer Zelle integrieren und dort Folgeschäden auslösen könnte. Eine solche Umschreibung wird jedoch nicht beobachtet. [...]" (Quelle: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/gentechnik-impfung-101.html)

Vielleicht verändert diese Form der Impfung also nicht meine DNA, bewirkt aber womöglich die Bildung von Tumoren? Natürlich ist mir bewusst, dass mir das jederzeit auch ohne diese Impfung widerfahren kann - aber muss ich dieses Risiko denn zusätzlich eingehen? Muss ich das, solange keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen (können)? Im Faktencheck von Correctiv wird ausgeführt, dass Wieler im Oktober ja nur so reden konnte, weil er die Ergebnisse noch nicht kannte, die dann Anfang November vorlagen. Ernsthaft? DAS soll mir die Sorge nehmen? Tut sie nicht. Weil es für mich persönlich keinen Unterschied macht, ob man 7 oder 8 Monate getestet und zusammengefasst hat. An allen sonstigen Impfstoffen wird doch sonst jahrelang getestet und ein aufwendiges Prozedere angewandt, bis eine Zulassung überhaupt erst möglich ist. 

Grundsätzlich zähle ich nicht zu den Impfgegnern. Meine Kinder und ich haben die übliche Grundimmunisierung und vor vier Jahren ließ ich mich auch gegen Hepatitis impfen, bevor wir nach Indien flogen. (Sicherlich habe ich mich ab und an schon mal gefragt, ob die nach einem halben Jahr nach der Reise - also gut ein Jahr nach der ersten Impfung - erstmals auftretenden Probleme daher kommen könnten, aber.. DAS zu hinterfragen, DEM nachzuforschen und das dann auch zu beweisen... geschenkt.) Einen sogenannten Vakzin-Impfstoff zu bekommen, habe ich so nie wirklich hinterfragt, weil ich mir immer sagte: Das ist in etwa wie sich im wahren Leben einen Virus einzufangen. Und entweder reagiert mein Körper darauf oder er tut es nicht. 
Aber einen DNA-Impfstoff nach nicht mal einem Jahr Testphase zu bekommen, dessen tatsächliche Auswirkungen erst mit den kommenden Jahren statistisch belastbar erfasst werden können? 

Als ich diese Gedanken gestern Abend über whatsapp dem Freund stellte, überraschte mich dann doch die recht heftige Reaktion, die vor allem eins beinhaltete: beleidigendes Vokabular und persönliche Abwertung all derer, die sich gegen die Impfung entscheiden - und eine persönliche Abwertung meiner Person. 
Das hat mich überrascht und es hat mich verletzt. Nicht nur, dass man als Art Egoistenschwein und Idiot bezeichnet wird, als "Anhänger Bhakdis, mit dem man nicht diskutieren kann", sondern auch mit "was ist denn dein bisschen Muskel-/Schmerz gegen uns Hochrisikopatienten?" Er empfahl mir, für den Fall einer Triage (sein Lieblings-Schlagwort momentan) eine Vollmacht zu unterzeichnen, dass ich im Fall eines Falles erst nach den Geimpften behandelt werden möchte, auch dann, wenn mir vorher die Luft ausgeht. Sein Kind sei schließlich grad in Quarantäne, weil Kontakt zu einer positiven Person - und ich fragte: "Du, das hat meine Freundin mit zwei Kindern schon mehrfach hinter sich [Kita und Schule, ein Trauerspiel für Eltern und Kinder, Anmerkung der Redaktion], was willst du mir denn jetzt damit sagen?"
 Nichts. Er wollte mir nichts mehr sagen - und ich kann grad nicht einschätzen: weil er keine Argumente hatte oder keinen Bock? Letzteres hätte ich sogar verstanden und akzeptiert. Wenn er gesagt hätte "Du pass auf, wir kommen da nicht zueinander, wir haben da grundverschiedene Standpunkte, belassen wir es dabei" - dann wäre es auch gut gewesen. Und ich hätte es verstanden und respektiert.
Und was antwortete er statt dessen?
Dass es ihm leid täte, aber die Freundschaft sei hiermit beendet, er könne da nicht weiter. 
Weil ich zu diesem Zeitpunkt noch unterwegs war und keine andere Möglichkeit hatte, schickte ich ihm eine Sprachnachricht, woraufhin er antwortete "Sprachnachrichten sind obsolet."
Wow. Okay. Also wenns mehr dazu nicht mehr zu sagen gab... Fünfzehn Jahre Freundschaft. Mit viel Begleitung und vielen Sendepausen zwischendurch, von denen man aber immer wusste: Der andere ist immer noch da. Und jetzt... das? 
Wofür? Ich habe das nicht verstanden, gestern Abend nicht - und ich verstehe es immer noch nicht.
Versuche zu reflektieren, was ich an welcher Stelle wie vielleicht missverständlich ausgedrückt haben könnte. Versuchte zu verstehen, warum ich ein Egoistenschwein bin, das wissentlich den Tod aller in meinem Umfeld befindlichen Hoch-/Risikopatienten in Kauf nimmt, obwohl ich sämtliche AHA-Regeln mitmache und nur diese Impfung für mich ablehne. Versuchte zu verstehen, warum er Angst um seinen Arsch hat, aber nicht versteht, dass ich mich genauso um meinen Arsch sorge? Weil ich sagte, dass ich aktuell genug Probleme mit meinem Körper habe und nicht noch mehr Probleme brauche - was ist falsch daran? Weil ich nicht zwangsläufig dran sterben muss? 
Ich fragte mich (und ihn), warum er mich nach den fünfzehn Jahren Freundschaft nicht besser kannte als mir zu unterstellen, ein Anhänger von irgendjemandem zu sein, von dem ich maximal weiß, wie man den Namen schreibt, aber mich noch nie mit seinen Aussagen und Thesen befasst hatte. Dass er mir nicht zugestand, mir eigene Gedanken zu machen aufgrund dessen, was auf offziellen, also anerkannten Seiten bekannt gemacht wurde.
Am Abend saß ich irgendwie geknickt und immer noch überrascht von all dem auf meinem Sofa, aber ich sagte mir dann auch: Wenn es so einfach für ihn ist.. Wenn er tatsächlich keine anderen Argumentationen als Beleidigungen hat, oder anstatt einfach zu sagen "Du pass auf, passt grad nicht für mich, ist mir zuviel", dann soll es so sein. Dann trennen sich von hier an die Wege. 
Er hatte mich dann ohnehin blockiert. So sei es dann.

Vor ein paar Wochen oder Monaten (ich hab so ein scheiß schreckliches Zeitgefühl) las ich irgendwo, dass Corona auch ein was Gutes hätte: Es würde viele (schmerzhafte) Wahrheiten zutage bringen, die man mitunter nicht für möglich gehalten hätte. Und vermutlich gehören solche Erfahrungen auch dazu. 
In einem ganz anderen Zusammenhang hatte ich erst vor zwei Tagen zu jemandem gesagt: "Schönwetterfreunde braucht kein Mensch. Wirklich kennenlernen tust du jemanden erst in Belastungsmomenten. Wenns drauf ankommt. Wer dann noch für dich da ist, auf den kannst du bauen. Auf alle anderen kannst du scheißen."

Dienstag, 15. Dezember 2020

Jerusalema


Dass ich schon seit etlichen Jahren kein Radio mehr höre, stelle ich vor allem immer wieder in der Rubrik "Musik & Hits" bei Quizduell fest. Ich hab überhaupt keine Ahnung mehr, was heute so gehört wird, ich kenne nur noch die Musiker von "früher" und bei manchen Bandnamen würde ich eher beispielsweise eine Käsesorte statt einer angesagten Band vermuten. 

Vor zwei Tagen entdeckte ich bei Facebook das Tanz-Video vom Herzzentrum Leipzig, untermalt mit einem Hit, der schon 2019 viral gegangen sein soll. An mir völlig vorbeigegangen - wie gesagt: selber schuld, wenn man nur eigens angelegte Songlisten rauf & runter hört ;) 
Bei diesem Video jedenfalls hatte ich eine Wahnsinns-Gänsehaut, nicht nur der Intention wegen, nicht nur Sehnsucht nach Leipzig und überhaupt wegen. Denn allem voran empfand ich vor allem eins: pure Lebensfreude. Das Bedürfnis, vom Drehstuhl aufzustehen und mitzumachen. Tanzen für den Moment, und dann am liebsten weitertanzen zur Tür hinaus...
Leider hat das Herzzentrum ihr wunderbares Video nicht auf youtube veröffentlicht (aber wer auch bei FB ist: https://www.facebook.com/heliosparkklinikum/ ), dafür fand ich eine Kurzversion der Uniklinik Leipzig. Sicherlich habe ich beim Rumstöbern auf youtube festgestellt, dass sich an dieser Tanzchallenge bereits etliche Kliniken bundesweit beteiligt hatten, aber ich wollte eben... Leipzig ♥️

Am vergangenen Wochenende habe ich mich vertieft darin, Überraschungen für einige wenige, für mich besondere Menschen vorzubereiten, weil es soviel mehr Spaß macht, etwas von sich abzugeben, das anderen (hoffentlich) Freude bereitet. Dabei habe ich diesen Song in Endlosschleife gehört und mich wunderbar dabei gefühlt. Und ich habe mich gefragt, was ich wohl tun würde, wäre ich allein, hätte nicht wirklich jemanden bei mir und so kurz vor den Weihnachtstagen auch nicht wirklich die Chance darauf, daran etwas zu ändern. Würde ich mich in das Schicksal ergeben oder würde ich mir etwas überlegen? Das Jahr 2003 fiel mir wieder ein, Weihnachten 2003. Die Jungen bei ihrem Vater, die Familie hunderte Kilometer weit weg und ich dort in meiner kleinen Wohnung mit dem mir gegenüber gebrochenen Versprechen: "Ich lasse dich Weihnachten doch nicht alleine."
Ich sah mich wieder mit der Flasche Rotwein (bis heute trinke ich keinen Rotwein mehr) in meinem Bett liegen und so lange auf das Leben anstoßen, bis ich vor lauter Selbstmitleid und einigen Prozenten im Blut erst das Heulen anfing und dann irgendwann darüber einschlief.
Würde ich das so wieder haben wollen?
Im Leben nicht. 
Aber damals setzte irgendso ein Denk- und Fühlprozess ein, den ich erst Jahre später wirklich bewusst in Worte fassen konnte: Ich kann mich nicht auf einen anderen Menschen verlassen, ich will mich auch nicht mehr auf einen anderen Menschen verlassen, weil ich dann völlig abhängig davon bin, ob der andere Mensch sein Wort hält oder nicht. Und tut er es nicht, stürze ich ab und falle tief. 
Mir ist das ja damals nicht zum ersten Mal passiert - da aber zum letzten Mal.
Von dem Moment an habe ich Stück für Stück (bewusst und unbewusst) daran gearbeitet, nie mehr abhängig von einem anderen Menschen zu sein. Nicht mehr davon abhängig zu sein, ob jemand mit mir sein konnte oder wollte. Es musste immer einen Plan A und einen Plan B geben, und Plan A beinhaltete zunächst vor allem erstmal mich und das, was ich mir für den Tag X vorgenommen hatte. Plan B war demzufolge höchstens die wundervolle Ergänzung. 
Was mich schon immer auf die Beine und nach vorn gebracht hat, war der unbedingte Wille nach Leben. Waren die Hoffnung und die Zuversicht. Woraus ich immer geschöpft habe, war und ist nach wie die Lebensfreude. Das bedeutet natürlich nicht, dass man nicht trotzdem dann und wann am Boden liegt und heult, aber spätestens nach drei Tagen kotzte ich mich selber an, stand auf, duschte, zog mir einen Lidstrich und ging wieder hinaus in die Welt. 



Was in damaliger Zeit, teils nächtelangen Gesprächen und Philosophierungen über das Leben und die Liebe eher noch wie eine unvorstellbare These für mich anmutete, entwickelte sich über die Jahre für mich zu einem Lebenskonzept: Heute kann ich sehr gut allein leben, mir selbst sehr gut genug sein und mein Leben auch dann mit genug Leben und Lieben füllen, wenn ich allein bin. Ja, ich bin dankbar für jeden Menschen in meinem Leben und dankbar dafür, dass ich es aktuell nicht allein leben muss. Jedoch die Furcht vor dem Alleinsein habe ich verloren - und das war eine meiner wichtigsten Lehren aus früheren Jahren. 

Was würde ich also heute mit all meinem Wissen anfangen? Was würde ich heute in Tagen wie diesen tun wollen? Ich würde mich sozial engagieren. Ehrenamtlich, aus Gründen. Ich würde das Internet rauf und runter lesen, mich informieren, wo Hilfe und Unterstützung gebraucht wird - und wo sie aktuell überhaupt angenommen werden darf. Ich glaube, dass die Dankbarkeit von Menschen das wirklich großartigste Geschenk ist, das man bekommen kann. Die Dankbarkeit in ihren Augen, in ihrem Lächeln. Nie vergesse ich das Lächeln in den Augen des alten Mannes, der im letzten Jahr bei uns immer am U-Bahn-Ausgang auf den eiskalten Steinplatten saß. Dem ich immer etwas zu essen und einen heißen Tee brachte und mich neben ihn kniete. Diese kleinen blauen Augen in dem überaus faltigen, runzligen Gesicht. Die Worte, die er zu mir sagte und die ich nicht verstand. Manches geht einfach ohne Worte. Wie er lächelte mit dem Mund fast ohne Zähne. 

Auch wenn du denkst, dass du nichts hast, hast du immer noch genug, um anderen davon abzugeben. Dann bist du nicht nur nicht allein, du bist dann auch.. beschenkt. Und alles ist immer noch besser, als zu Hause mit einer Flasche Rotwein dem Selbstmitleid zu frönen. Jedenfalls, wenn es länger als drei Tage dauert. 

Montag, 7. Dezember 2020

What If I'm Wrong


Es ist noch längst nicht acht Uhr und ich bin so müde, dass ich mich am liebsten schlafen legen möchte. Doch dann würde ich verpassen, wenn der Junge nach Hause kommt. Und auch, wenn er immer die Augen verdreht, wenn ich ihn ganz sehr umarme, so weiß ich doch, dass er sich freut, wenn ich zu ihnen nach Hause komme. 
Ein klein wenig Weihnachtsstimmung habe ich schon in ihr Zuhause gebracht, habe ihnen ein Abendessen zubereitet und möchte die Zeit, die wir hier haben, genießen. Gerade jetzt möchte ich umso mehr, dass sie es gut haben..

Vor gut einer Woche, vielleicht ist es auch noch ein paar Tage länger her, da debattierte ich mit einer Freundin über persönliche Befindlichkeiten und auch über die aktuellen Entwicklungen. Irgendwann schrieb sie mir, dass ich auf jedes schlüssige Argument ihrerseits ein schlüssiges Gegenargument hätte - und das war ein Moment, in dem ich mich irgendwie schlecht fühlte mit dieser Aussage. Mir ist bewusst, dass ich bei aller "Pflegeleichtigkeit" durchaus auch mal anstrengend sein kann. Nur geht es mir nicht darum, mich im Recht zu fühlen oder auf meiner Meinung zu beharren. Mit jedem Dialog habe ich die Chance, mich selbst zu hinterfragen, meinen Standpunkt zu hinterfragen - und diesen auch anzupassen oder gar zu wechseln, sofern die Argumente sich für mich stimmig anfühlen. Das bedeutet aber auch, nicht alles widerspruchslos hinzunehmen, sondern auch mal so lange zu fragen, bis mein Bauchgefühl mir signalisiert: Okay, gut jetzt. 
Doch je tiefer wir in die Debatte stiegen, desto mehr wurde mir vor allem eines bewusst: Eigentlich.. bin ich müde. Eigentlich weiß ich viel zu wenig. Eigentlich habe ich überhaupt keine Ahnung von vielen Dingen - und erlaube mir dennoch, eine Meinung zu haben. Eine Sicht auf die Dinge, von der ich genauso weiß, dass es vollkommen egal ist, was ich denke und was ich nicht denke. Ob ich falsch liege oder nicht. Es spielt einfach keine Rolle. 
Mit eben jener Freundin debattierte ich schon vor gut einem Jahr darüber, ob und was ich einem bestimmten Menschen glauben kann und glauben soll. Irgendwann in dieser Diskussion fragte sie mich: "Warum ist es dir so wichtig, ob das stimmt oder nicht?"
Damals konnte ich ihr nur vage auf diese Frage antworten, inzwischen weiß ich konkret, wann mir die Wahrheit wichtig ist: wenn es etwas mit mir selbst macht. Wenn ich nach Offenbarungen anderer nicht mehr schlafen und an kaum etwas anderes denken kann. Wenn ich nach Wegen suche, ob und wie ich dem anderen helfen kann, wenn man gemeinsam weint - dann will ich wissen, dass all das.. nicht auf einer Lüge basiert. Ich will nicht, dass mit dem Empfinden eines anderen Menschen gespielt wird - und ich will auch nicht, dass mit meinem Empfinden gespielt wird. 

Nach der letzten Aufzeichnung aus einer Sendeanstalt, in der drei Klinikärzte zu Gast waren, die mir die Freundin übermittelte und während der ich tatsächlich einige Male versucht war, zwischendrin auszuschalten und doch bis zur fast letzten Minute durchhielt, schrieb ich ihr meine - durchaus kritischen - Gedanken dazu und schloss mit der Intention, in der kommenden Zeit das Thema ruhen lassen zu wollen. Nicht weil ich die Diskussion scheute. Aber ich spürte, wie es in meinem Kopf arbeitete - und das in dem Bewusstsein, wie verschenkt diese Kopfarbeit war. Aktuelle Entscheidungen stehen, ob uns allen das nun so gefällt oder wir das in den Auslegungen gut heißen. 
Und als sie mir antwortete, dass ihr in vielen Dingen auch einfach das (Hintergrund-) Wissen fehlt und sie deshalb auf diejenigen vertraut, die Entscheidungen beeinflussen bzw. treffen dürfen, alles andere für sie zu schwierig und anstrengend sei, da dachte ich: Ja, sie hat recht. Es ist anstrengend und es ist irgendwie sinnlos anstrengend. 
Wofür tut man sich das an, wenn das Leben selbst.. die Lebenszeit so kostbar ist?
Vor siebzehn Tagen hat sich ein Mensch für immer verabschiedet. Ein Mensch, der per Definition vielleicht gerade so kein Kind mehr war, in seinem Wesen und aus verschiedenen medizinischen Gründen jedoch  das Kind geblieben war. Vielleicht ist dieser Abschied kein überraschender gewesen - aber zu sehen, wie sehr die Eltern unter diesem Abschied leiden, das ist kaum in Worte zu fassen. Und du kannst auch nicht wirklich etwas tun, außer ihnen zuzuhören, wann immer sie mit dir reden wollen, mit ihnen zu weinen, außer sie an dich zu drücken und einfach nur festzuhalten. Ihnen den Rücken freizuhalten von all den "irdischen" Dingen, für die ihnen noch immer Raum & Zeit fehlen. Tage, an denen sie sagen, sie möchten am liebsten überhaupt nicht aufstehen. Tage, an denen sie nur trinken, statt zu essen, und alles wieder zu erbrechen. 
Und mich berührt es umso mehr, weil ich selbst immer gesagt habe: Du kannst alles im Leben überstehen und irgendwie überwinden - aber nicht, wenn du dein eigenes Kind begraben musst. Selbst wenn du irgendwann an den Punkt gekommen bist, wo du ihn gehen lassen willst, weil alles andere auch kein wirkliches Leben mehr ist. Trotzdem bringt es dich um, wenn es eines Tages dann doch soweit ist und du derjenige bist, der seinem Kind die Augen schließen und ihn nach dem Waschen in den Sarg legen musst. 
In dem Moment spielt keine Rolle mehr, woran du glaubst oder glauben möchtest - da ist einfach nur noch Schmerz, den man versucht, mit aufzufangen, indem du auch nur irgendwas tust, dass es den Eltern leichter macht, sich nicht auch noch darum kümmern zu müssen. 
Und kaum bekommst du deine eigenen Gedanken und Empfindungen, dein Mitgefühl irgendwie wieder zurück in die Fassung, da erfährst du von der Diagnose eines anderen, den Du wirklich magst, und es zieht dir den Boden weg. In den Nächten danach konnte ich nicht mehr schlafen, las im Internet rauf und runter, was genau diese Diagnose bedeutet, wie sind vor allem die Chancen, aus dieser Scheiße lebend rauszukommen. Zog mir einen Film nach dem anderen rein, betäubte mich mit Musik. Allein wie er es seiner Frau und seiner Tochter sagen muss und wie er damit hadert, es irgendwie den Eltern sagen zu müssen.. Ich lese es, weil ihm für das Sprechen die Worte fehlen - und die Vorstellung dessen, wie er sich mit all dem fühlen muss, reißt mich mitten durch.
In solchen Momenten - aber da kann ich auch nur für mich sprechen - bin ich einfach nur dankbar, wenn ich in den Weihnachtstagen bei meinen Kindern sein kann, wenn ich den Mann mit mir nehmen kann, damit er bei seiner Mama sein kann. Vielleicht dürfen wir fünf alle an Weihnachten zusammen sein, vielleicht nun doch nicht - aber wie es auch kommen mag: Ich denke nicht mehr pro und nicht mehr contra - ich denke nur noch eins: Ich bin dankbar, wenn ich bei meinen Kindern sein darf. Ganz egal, ob es das Weihnachten ist, wie wir es uns gewünscht hätten, oder dass es vielleicht doch hätte anders gehen können. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte... dann, dass niemand einsam sein muss. Aber selbst auf meiner Blümcheninsel in meinem Kopf weiß ich, dass die Realität eine ganz andere ist. 

Und meinen nächsten möglichen Urlaub möchte ich mit meinen Eltern verbringen. Ganz egal, ob es nur vier oder fünf oder sieben Tage sein können oder dürfen. Hauptsache, man ist beieinander. 
bikerlara hat das auf Twitter - für mich wundervoll - in Worte gefasst: "Glück kann durch einander kommen." Und wir wissen schließlich einfach nicht, wie viel Zeit wir mit einander haben. Sicher ist nur, dass sie begrenzt ist. 

Samstag, 21. November 2020

Die verlassenen Kinder

 Hm, natürlich weiß ich im Grunde, warum ich die letzten Tage so müde war und so zeitig schlafen ging. Zum einen war da die gut gefüllte letzte Woche. Und zum anderen die Tatsache, dass ich seit dem Wochenende kaum geschlafen hatte. Es war gar nicht mal soooo sehr, dass der Kopf soviel gewälzt hätte. Ich war einfach... wach. Fit. So als hätte ich irgendwas genommen oder mindestens zwanzig Tassen Kaffee getrunken. Habsch aber nicht. 
Und während zu Beginn der Woche der Mann relativ zeitig schlafen ging, lümmelte ich bis in die Morgenstunden auf dem Sofa und zappte mich durch die Mediatheken. Und blieb hängen an einer Doku über Mütter aus der DDR, die mit dem Fall der Mauer alles zurückließen und weggingen. Die vor allem das eigentlich Wichtigste zurückließen: ihre Kinder.

Wenn ich zurückdenke.... Zur Wende war ich schwanger und freute mich auf mein erstes Kind. Ich hatte einen Job, eine Neubauwohnung mit warmem Wasser aus der Wand (was ja damals beileibe nicht selbstverständlich war). Sicherlich bin ich damals auch mal in den Westen gefahren, um mir das anzuschauen, wie das dort nun wirklich aussieht - aber dort bleiben wollte ich jetzt auch nicht. Damals war ich kaum zwanzig Jahre alt, eher schüchtern und ängstlich und mit wenig Selbstvertrauen ausgestattet. Veränderungen machten mir eher Angst, weil ich mir selber nicht zutraute, damit umgehen zu können. 
Dass ich zwei Kinder bekommen habe, hat mich in meiner ganzen Entwicklung den entscheidenden Schritt nach vorn gebracht. Einfach, weil mich insbesondere die Umstände mit und um den Älteren dazu zwangen, mich mit allen möglichen Ämtern und Institutionen herumzuschlagen. Aber das kam erst später, einige Jahre nach der Wende.
Wenn ich heute an diese ersten Jahre mit Kind/ern zurückdenke, dann sage ich mir heute: Ich habe diese Zeit unbedingt zu wenig genossen. Eingespannt in Vollzeitjob, Haushalt und Kindererziehung habe ich auch aufgrund des Drucks "von außen" den Fokus eher darauf gehabt, dass die Wohnung in Ordnung und vorzeigbar war, dass ich gutes Geld verdiente. 
Mein Tag begann regelmäßig 3.30 Uhr, damit ich 5.15 Uhr die Kinder wecken, waschen, anziehen und befrühstücken konnte, bevor ich sie mir 6.00 Uhr unter den Arm klemmen und mich auf den Weg zu Hort und KiTa machen konnte. Zur Arbeit hetzen, 6.30 Uhr den Dienst antreten, zwischen 16.00 und 17.00 Uhr heim, die Kinder abholen, einkaufen, Abendessen zubereiten, Schularbeiten kontrollieren oder beaufsichtigen, die Kinder baden, zu Bett bringen, Ordnung ins Zuhause bringen - und dann selber tot umfallen bis zum nächsten Morgen 3.30 Uhr. 
Hätte sich daran etwas geändert, wenn man den Lebensmittelpunkt von Ost nach West verlegt? 
Natürlich nicht.
Aber hätte ich mir jemals auch nur ansatzweise vorstellen können, mein Kind zurückzulassen?
Diese Frage habe ich mir niemals gestellt - aber ich stellte sie mir Montagnacht, als ich die Doku anschaute. Ich sah die Aufnahmen der Kinder von einst, manche kaum zwei Jahre alt, andere 6, 7 oder 11. Kinder, die ohne jegliche Vorwarnung in der Wohnung zurückgelassen wurden. Meist verabschiedet mit den Worten: "Ich geh mal rüber nach Westberlin, bin heute Abend wieder da und bringe euch was mit." Das sagte eine dreifache Mutter zu ihrem Ältesten. Ließ auf dem Küchenschrank sechs oder acht Stullen zurück und ging. Nach drei Wochen (!) sind Nachbarn aufmerksam geworden - Gott sei Dank. Ein anderes Kind hatte dieses Glück nicht..
Eine einzige Mutter wurde ausfindig gemacht und befragt, warum sie ihr Kind zurückgelassen hatte. Ihre Begründung war, dass der Junge ja gar nicht ihr leibliches Kind sei und deshalb auch öfter geäußert habe: "Du hast mir gar nichts zu sagen." Und dass er eben auch seine Hausaufgaben immer nicht gemacht habe. Der Reporter fragte ungläubig nach: "Weil er seine Hausaufgaben nicht gemacht hat?"
Von dem Jungen hat sich irgendwann die Spur verloren. Schulausbildung, Berufsausbildung und dann drei Jahre arbeitslos, so haben sie ihn nochmal angetroffen. Was aus ihm geworden ist, ist nicht bekannt. 

Ich konnte danach nicht einschlafen. Reflektierte mein eigenes Leben, eigene Entscheidungen und die, denen ich zugestimmt hatte. Ich weiß, dass ich falsche Entscheidungen getroffen bzw. zugelassen habe. Dabei hilft mir nicht, dass ich es damals nicht besser wusste bzw. dass es für damals die richtige Entscheidung gewesen sein mochte - heute weiß ich, was falsch war. Das ist ein Grund mit, warum ich heute so derart an den Jungen "dran" bin. Es geht mir nicht um Kompensierung für etwas, das ich nicht ändern kann. Es geht mir darum zu zeigen: Ich bin da, egal was kommt. Ich bin da, egal was ihr braucht. Wenn ihr jemanden braucht, auf den ihr euch verlassen wollt, dann bin ich da.

Es gibt so unfassbar viele Eltern, die keinen Kontakt zu ihren Kindern haben und auch nicht wollen - und ich kann mir das einfach nicht vorstellen. Ich kann mir nicht vorstellen, ein Kind mit mir im Bauch herumzutragen und dann, wenn es da ist, irgendwann vergessen oder verdrängen oder ablehnen.
Es gibt so viele Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, verprügeln. Wie bringen die das fertig? Was fühlen die dabei - und fühlen die überhaupt nur irgendetwas?
Wie konnten die Mütter von einem Tag auf den anderen weggehen, ihre Kinder zurücklassen und sich nie wieder darum kümmern, was aus ihnen geworden ist? Kinder, die sich selbst entweder völlig verloren haben - oder die sich bis heute mit Verlustängsten quälen? Die bis heute darunter leiden, dass die eigene Mutter sie nicht mehr wollte? 
Solche Menschen will ich gar nicht verstehen. Ich sehe den Vier- oder Fünfjährigen in seinem Schlafanzug auf der Pritsche im Kinderheim sitzen, wie er in die Kamera schaut und sagt: "Die Mama ist weg. Die kommt nicht wieder. Nie wieder." Und dann lächelt er und du sitzt fassungslos davor und denkst, das gibt es doch gar nicht..

Und da war er wieder.. Der Gedanke, das Bedürfnis, meinen Job zu wechseln und noch mal ganz von vorn anzufangen. In einer ganz anderen Richtung. Mich kümmern da, wo es andere nicht (mehr) wollen.
"Der Gedanke an sich ist ja gut", sagte der Mann, "aber bist du auch vorbereitet auf das ganze Elend, was du dann zu sehen bekommen würdest?"
Da bin ich unsicher, das gebe ich zu. Aber wie kann man Kinder nicht liebhaben können? Wie kann man sich nicht kümmern wollen? 
Mir ging das auch 2016 in Indien so. All die verwahrlosten, hoffnungslos verschmutzten Kinder mit ihren so dürren Beinchen, dass man sich wunderte, dass sie darauf stehen konnten. Wie oft wünschte ich, ich hätte sowas wie eine Kindereinrichtung, wo man all die Kinder baden könnte, ihnen zu essen geben und sie spielen lassen könnte. Wenigstens tagsüber, und abends holen die Eltern sie wieder ab.. Dass sie es wenigstens tagsüber gut hätten, anstatt im Staub zu liegen, darauf angewiesen, dass ihre Eltern Geld oder wenigstens was zu essen erbetteln können..

Kein Kind bittet darum, auf die Welt kommen zu dürfen. Aber jedes hat es verdient, dass man es bedingungslos liebt. Wieviel zerstörte Menschen weniger hätten wir, würden Eltern ihre Kinder bedingungslos lieben und auch genauso behandeln?

Freitag, 20. November 2020

Heiße Köpfe

 Als ich gestern Morgen mit dem Chef telefonierte und wir über die Gehaltsabrechnung für den November sprachen, da stellten wir auch fest, dass in gut fünf, sechs Wochen das Jahr rum ist. Natürlich ist das jedem bewusst und jedem klar - gleichwohl waren wir beide ein wenig erschrocken, wie schnell eben dieses Jahr rum war. 
"Und dabei ist gar nicht viel passiert", wunderte sich der Chef.
"Das ist es ja", antwortete ich nachdenklich. "Wenn du ein ganzes Wochenende lang nur im Bett liegen und gar nichts machen würdest, wär man schockiert, wie schnell die zwei Tage rum sind. Packt man sich die aber voll mit Erlebnissen, dann fühlt es sich so an, als habe man vier Tage frei gehabt."
Bald also ist Weihnachten, Jahreswechsel - und ich gebe zu, ich betrachte die kommende Zeit mit ein wenig gemischten Gefühlen. Und das gar nicht mal so wegen mir selber, sondern wegen Menschen zum Beispiel, die allein sind. Oder sich allein fühlen. Menschen, die sich jedes Jahr in den Weihnachtstagen noch mehr allein fühlen als sonst. Wie fühlen sie sich in diesem Jahr? Nicht mehr allein als sonst auch, weil sich für sie im Grunde nichts ändert? Und sie den Menschenmassen, den Familien nicht zusehen müssen, was ihr Einsamkeitsgefühl noch mehr befeuerte?

Heute Morgen hat der Mann mir gedankt, dass ich unser Zuhause so gemütlich gemacht hatte, vor allem abends, wenn er heimkommt. Es ist still und ruhig, warm und behaglich. Vor allem auch deshalb, weil ich mich an den vergangenen zwei Abenden schon vor sieben Uhr in mein Bett legte. Ich war tatsächlich todmüde, richtiggehend "durch", obwohl ich noch bis Mittwoch freie Tage genießen konnte. An denen auch nicht wirklich viel passierte. Zumindest nicht im außen.

"Warum tust du dir das immer an?" fragt der Mann öfter, wenn ich mich in Blogs oder Social Media zu aktuellen Themen auseinandersetze. Offen gestanden, habe ich mich das gestern und heute auch wieder selbst gefragt. Weil ich auch spüre, was es mit mir macht. Wie es in meinem Kopf hin und her geht und immerhin den Blutdruck fördert. Insgesamt aber stelle ich auch immer wieder fest, dass ich bei aller Diskussion - mit wem auch immer - wieder und wieder meinen eigenen Standpunkt hinterfrage. Schaue, ob ich etwas Neues erfahren kann oder aber wenigstens den Blickwinkel anpassen könnte. Oder müsste. 
Genau genommen ist das auch der einzige Grund, warum ich mich seit jeher für alles mögliche interessiere und dann auch die Diskussion nicht scheue. Manchmal aber auch dann, wenn ich etwas lese, sehe, höre, das ich für mein Empfinden als ungerecht einschätze. 

Wer mich kennt, weiß, wie sehr ich Gewalt hasse und verabscheue. Gewalt in jeglicher Form, ob nun psychisch oder physisch. Auch weil ich es selbst durchlebt habe, sechzehn Jahre lang, um genau zu sein. Das hat mich nachhaltig geprägt, auch wenn ich schon vor diesen sechzehn Jahren das war, was man allgemeinhin als Pazifist bezeichnet. "Frieden schließen; befrieden, besänftigen"
Hierbei unterscheide ich auch nicht, von welcher Seite Gewalt entsteht. Ob sie von rechts oder links kommt oder von mir aus auch von oben oder unten - Gewalt bleibt Gewalt und allein die Bereitschaft dazu verabscheue ich. Da gibt es auch nichts zu "verniedlichen", dass zB linke Gewalt ja eigentlich den Standpunkt vertritt, dass Unbeteiligte nicht zu Schaden kommen sollten. Darf sie deshalb tolerierbar sein? Nein, darf sie nicht. Weil sie inzwischen längst in Kauf nimmt, dass sie es tun - und taten. Und wenn jemand sagt "Ah ja, die verdammten Corona-Leugner, da bleibt ihr still, ihr Bullen, wo auch die Rechten ihre Reichsflaggen schwenken, aber kaum kommen die Autonomen in Connewitz zusammen, haltet ihr den Wasserstrahl drauf!" - dann wehrt sich irgendwas in meinem Bauch gegen diese Darstellung. Ich habe schon Videos gesehen, in denen sich die Polizei in Connewitz komplett defensiv verhielt - und Bewohner sich fragten: "Wieso? Wann gehen die endlich mal richtig dagegen vor?" Wenn aber Straßenzüge auseinander genommen und teils in Brand gesteckt werden, sorry, aber dann darf man da auch mit einem Wasserwerfer draufgehen. Das ist zumindest meine Meinung. 

In den vergangenen zwei Tagen habe ich mir Videos von der Corona-Demo in Berlin angeschaut. Warum sich Eltern mit ihren Kindern vorn mit in die ersten Reihen stellen, erschließt sich mir nicht. Wir reden hier immerhin nicht von Friedensbewegungen - auch wenn es gerne so dargestellt werden möchte. Wir reden hier von Zusammenkünften, die jederzeit eskalieren könnten. Da nimmt man sein Kind nicht mit hin! In Berlin entschloss sich die Polizei (im Gegensatz zu Leipzig), ihre Wasserwerfer einzusetzen. Das sicherlich nicht "zielgerichtet" wie zB bei anderen Einsätzen, sondern eher als "Beregnung", da die Menschen auch nach mehrmaliger Aufforderung, den Platz ob der Nichteinhaltung der Auflagen zu verlassen, nicht nachkamen. 
Als ich dann heute ein Posting sah mit der Unterschrift:

"Presseanfrage an die Berliner Polizei: Haben Sie vor dem Wasserwerfer-Einsatz Mediziner konsultiert wegen gesundheitlicher Folgen, insbesondere im Hinblick auf Infektionsschutz (durchweichte Masken, Tröpfchen etc.) und Auswirkungen auf die Immunität? Was rieten Ihnen diese?"

da konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen, welche Masken denn gemeint gewesen waren (es gibt ja nun inzwischen genug Videobelege, dass fast ausschließlich alle keine Maske trugen) - und warum jetzt nach Infektionsschutz gefragt wird, wenn Menschen ohnehin ohne Maske und Abstand beieinander stehen? 
Fast zeitgleich veröffentlichte jemand ein Statement der Bundesregierung vom 12. März, wonach die Menschen zu Vertrauen und Besonnenheit aufgerufen wurden und man eindeutig dementierte, dass von Seiten der Regierung NICHT geplant wäre, einschneidende nationale Beschränkungen aufzuerlegen. 
Dass man Fake News nicht trauen solle.
Hm. Nur weiß man ja inzwischen, dass bereits am 19. März der erste Lockdown in Bayern eingeführt wurde - und dass die anderen Bundesländer gut eine Woche später folgten. Hat man das im Ministerium am 12. März etwa nicht gewusst? ;) 

Bis heute schaue ich mir keine entsprechenden Youtube-Videos an, ich lese auch nicht wahllos irgendwelche Statements - und ich werde misstrauischer, je reißerischer etwas angeprangert wird. 
Dennoch finde ich für mich persönlich bis heute keine schlüssige Argumentation für das, was seit März bei uns beschlossen und durchgezogen wird. Dabei bewerte ich gar nicht, ob Corona nun wirklich gefährlich ist oder nicht - weil mir das gar nicht zusteht. Weder kenne ich mich darin aus noch habe ich je in Richtung Medizin studiert. Aber ich höre auf das, was diejenigen sagen, die sich damit auskennen sollten. Bzw. höre ich denen zu, die sich damit auskennen und - anfangs vorsichtig und diplomatisch - wiederholt dazu auffordern möchten, sich weniger auf Infektionszahlen zu fixieren als vielmehr auf die Zahl der Schwererkrankten und die der Todesfälle und dass man insbesondere Risikopatienten schützt. 
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ich denke schon, dass ich eine Auffassung zu allem haben darf, auch wenn ich nicht Medizin studiert habe. 

Was heißt das konkret für mich? Ich finde es gut und richtig, dass wir alle im Frühjahr informiert worden sind. Damit wir eben auch wissen "Hey Leute, da gibts was, das wir noch nicht kennen und nicht einschätzen können - aber Ihr könnt was tun." Zum Beispiel besuche ich momentan meinen schwer herzkranken Papa lieber nicht und schiebe es auf. Das mache ich aber nicht nur bei Corona so, sondern jedes Jahr, wenn irgendeine Erkältungswelle rumgeht. Ich achte noch mehr aufs Händewaschen. Und wenn ich erkältet bin, halte ich mich fern von anderen. Also eigentlich alles Dinge... die wie immer sind und an die man sich grundlegend hält.
Ich finde auch gut, dass auch gesagt wurde, es sei eben alles neu, es lägen keine Erkenntnisse vor etc. 
Dass man nur ausprobieren kann. Und natürlich ist es ein Unterschied, ob ich für eine 5köpfige Familie Verantwortung trage oder für rund 83 Millionen Menschen. Inzwischen aber weiß man schon etwas mehr, man spricht sogar vom ersten genbasierten Impfstoff. Wer möchte, darf meine Dosis gerne haben - jedoch ich möchte mir dieses Zeug nicht spritzen lassen. Zum einen habe ich mit meinem Körper schon genug zu tun. Zum anderen regen wir uns auf über gentechnisch entwickeltes Obst und Gemüse usw. - und jetzt lassen wir uns das Zeug freiwillig unter die Haut schieben? Mit Haftungsfreistellung für den Entwickler und ohne Erkenntnisse darüber, was das im Menschen überhaupt auslösen und bewirken kann? 
Versteht mich nicht falsch - zum Impfgegner zähle ich nicht. Ich bin geimpft und meine Kinder sind es auch. Mit abgeschwächten Erregern, die eine Immunreaktion im Körper hervorrufen und uns immunisieren sollten. Aber eine genbasierte Impfung? 
Und gerade weil man inzwischen etwas mehr über Covid weiß, habe ich echt nicht erwartet, dass ein zweiter Lockdown eingeführt wird. Vor allem nicht, an welcher Stelle. Da, wo Hygienekonzepte aufgestellt und teils für teuer Geld umgesetzt wurden - und das erfolgreich. Da, wo absolut nicht nachgewiesen wurde, dass da Infektionsherde brodelten. Sportzentren, Lokale. Muss ich das verstehen? Also treffen sich die Leute wieder vermehrt zu Hause. Da, wo man davon ausgeht, dass die Infizierung eher im privaten Bereich erfolgt? Ja, du darfst nur eine Familie treffen. Aber wer kontrolliert, ob ich jeden Tag oder jede Woche eine andere Familie treffe? Meine Eigenverantwortung? Oder der Denunziant von Tür Acht, dem die offizielle Plattform dafür eingerichtet worden ist?

Zu dem ganzen Thema gibt es übrigens auf ARTE eine sehr gute, sachliche Dokumentation. Die ist noch bis 8. Februar in der Mediathek verfügbar und heißt "Sicherheit contra Freiheit: Deutschland, Frankreich und Schweden in der Krise". Alternativ kann man sich die auch noch auf youtube anschauen. Ich hab sie mir angesehen. Und kann sie wirklich jedem nur empfehlen. 

Ja.. In Tagen wie diesen kann man sich richtig die Köppe heißreden. Oder stattdessen auch einfach nur alle Themen ruhen lassen und einen entspannten Herbstabend mit dem Liebsten genießen. Wenn man denn einen hat. 

Freitag, 13. November 2020

The Day after Yesterday

 Der Junge fragt mich (und sich), wo ich immer meine Energie hernehme. Die Kolleginfreundin bestaunt dasselbe und meint: "Das schaffst du auch noch, davon bin ich überzeugt."
"DAS" meint: Lösen der alten und Anschließen der neuen Waschmaschine. Denn es ist ja so: Entweder Du ziehst Du irgendwo ein Steinchen raus und der ganze Haufen überrollt Dich - oder aber es ist, wie mein Opa immer zu sagen pflegte: Der Anschiss lauert überall. 
Denn als ich am Montag zeitig genug hier in L eintraf, ordnete ich zunächst die Wäsche und begann mit dem Waschen. Nur um nach der ersten Runde das Bullauge zu öffnen und deutlichen Qualm nicht nur zu riechen, sondern auch zu sehen. What? Also Wäsche entnommen, Deckel abgeschraubt, Rückwand abgeschraubt - aber es war nichts Verdächtiges zu sehen. Nichts Verschmortes, nichts Ungewöhnliches - alles trocken und ordentlich. Jedenfalls, soweit man überhaupt schauen konnte. Irgendwelche Betonteile jedenfalls schraubte ich nicht noch ab, das war mir nicht nur zu schwer, sondern erschien mir auch nicht wirklich sinnvoll. Ob zwischen Trommel und Waschmaschine etwas geraten war, ließ sich nicht eindeutig beantworten - aber jetzt noch eine Wäsche riskieren? Was mach ich, wenns nen ordentlichen Hieb gibt, von woher auch immer? Wie alt das Teil ist, weiß ich ohnehin nicht, wir hatten sie vor rund 6 Jahren gebraucht vom Opa übernommen. Also rief ich beherzt bei einem Freund an, der zugleich einen Gebrauchtwarenladen besitzt. Ich kenne seine Ware, der nimmt nur welche, die tipptopp ist - nur leider hat er im Moment keine Waschmaschinen in seinem Geschäft. 
"Dann musst du jetzt wohl mal in den sauren Apfel beißen", meinte er vergnügt und ich fragte mich grummelnd im Stillen, in welchen von den sauren in meiner ganz persönlichen Obstschale. 
Der Junge und ich gruben dann das Internet rauf und runter.
Problematik war ja ohnehin: Der Wäscheberg hatte längst bedrohliche Ausmaße angenommen, also musste wenigstens zügig und zuverlässig geliefert werden. Und hierfür.. kommt eigentlich tatsächlich nur das große A in Frage.. "Da unterstützt du wieder die Amis", meinte der Mann. Stimmt zwar, nutzte aber dennoch nichts. Und dabei hatte ich erst vor kurzem in einem Blog gelesen, man solle doch einfach mal die Onlineriesen und überhaupt jene, die an einem Lockdown verdienen, boykottieren. Mir gefiel diese Idee ausnehmend gut - und kaum hatte ich diesen Entschluss gefasst, pinkelt mir das reale Leben vor die Füße.

Jedenfalls haben wir jetzt eine bestellt, heute soll sie geliefert werden - und den gestrigen Tag nutzten der Junge und ich, die beiden Zimmer komplett umzuräumen. Was bedeutete, die alten Möbel beim Großen zerlegen, in den Keller tragen, den Keller dazu für den Sperrmüll sortieren, die Wohnwand vom Jüngeren zerlegen, ins andere Zimmer befördern - und dann werkelte der Jüngere in seinem Zimmer weiter und ich im Zimmer des Älteren. Als der dann nämlich abends von der Arbeit kam, war alles fertig: die Wand gestrichen, die Möbel aufgestellt, die Schränke eingeräumt. Eigentlich hatte ich angenommen, dass wir die zwei freien Tage dazu benötigen würden - brauchten wir dann aber doch nicht. 
"Und wo schläfst du jetzt?" fragte der Mann abends, als ich ihm die Fotos schickte.
Nun. Auf einer Gästematratze, aber nach der ersten Nacht war mir endgültig klar: Das ist nur ein Provisorium, hier muss eine Alternative her ;) So ähnlich sah das auch der Jüngere, der mich gestern schon fragte: "Bist du sicher, dass du das so willst?"
"Wieso nicht? Ist erstmal das einfachste vom Auf- und Abbauen her und das Kostengünstigste."
"Na ja... Aber du mit deinen Schmerzen. Und dann... na ja... du weißt, du bist ja..." Dann begann er zu lachen, duckte sich weg und verschwand. Frechheit! Dabei hatte erst am Mittwoch die Kolleginfreundin meinen Erklärredefluss unterbrochen, indem sie sagte: "Ey... Du siehst grad echt aus wie Mitte Dreißig!" Aussehen ist aber ja auch nicht sein, aber ich dachte einmal mehr, was so eine kleine Pille doch ausmachen kann. Also die Cortison-Pille. Neun Tage - und mir gehts schon echt besser. Was sich durchaus auch gestern beim Möbeltragen und vor allem Treppensteigen zeigte. Das ging wirklich wie geflutscht und ganz ohne Probleme. Nur die Schultern sind nicht besser geworden - aber hey: neun Tage! Das ist wirklich viel mehr als ich gedacht hätte. 
Aber natürlich war ich am Abend "grätenbreit", wie der Sachse sagt, und "kreuzlahm", wie der Fischkopp sagt. Also ließ ich mir erstmal ein Muskel- und Gelenkebad ein, bevor ich mich mit der letzten Energie des Tages daran machte, eine Kleinigkeit zum Abendessen zu zaubern. 

Heute Morgen dann, nach dem Duschen, schaute ich mir die Anschlüsse der alten Waschmaschine an. Vor denen habe ich schon einigen Respekt. Die sind so "lawede", dass man denkt, hier geht nur vom bloßen Anfassen was schief.  Wie der Junge auch gestern sagte "Das is eigentlich ne echt primitive Bude. Eins geht nach m anderen kaputt. Hier die Anschlüsse, dort die Steckdosen, die Wände bröseln, der Keller is morsch..." Und vermutlich hat er auch recht damit, aber es hilft ja nix. Dafür zahlen wir auch nur vierhundert Euro warm für zwei Zimmer mit Küche und Bad. Altbau eben. Die Steckdosenabdeckungen werden wir im kommenden Jahr nach und nach erneuern und auch die Silikonfugen an den Fensterbrettern. Für das kommende Frühjahr bzw. den Sommer haben wir uns dann noch den Balkon vorgenommen. Es gibt so viele kleine Möglichkeiten, mit denen man aber große Veränderungen herbeiführen kann. Ein gutes Gefühl, wenn man vieles allein machen kann und auch hinbekommt. Und wenn es anschließend wirklich schön wird. 

"So einen Service hätte ich auch gern", sagte der Mann gestern Abend und ich antwortete: "Hast du doch. Ich liefer die Ideen und dann setzen wir sie gemeinsam um. Du machst nur vieles selber, um mich zu schonen."
Und die Kolleginfreundin sagte zu den Fotos: "Geil! Jetzt kann ja die erste Freundin kommen." 
Einiges ist derzeit zwar noch ein Provisorium, aber spätestens Mitte Dezember sollte dann alles komplett fertig sein.

Und ich freu mich über zwei Dinge: dass es mit dem Jüngeren ein so harmonisches, entspanntes Arbeiten ist, weil der genauso gerne Dinge verändert wie ich, dass wir alles geschafft haben und es jetzt wirklich schön geworden ist, der Ältere damit ein cooles Zimmer hat - und dass ich entgegen der Planung zwei Tage übrig hab, um mich zu erholen. Ich werde mit einem richtig guten Gefühl am Sonntag wieder hier wegfahren.

Sonntag, 8. November 2020

Up to Date

 Ich hatte es heute grad erst an Gretel kommentiert: Ich vermisse bestimmte Blogs - und im Gegenzug bin ich selber grad seltener mit dem Schreiben. Nicht, weil nichts passieren würde oder mir die Themen ausgingen. Und das auch, trotzdem das Schreiben neben der Musik "mein" Medium ist. Mein Medium, einen freien Kopf, eine freie Seele zu bekommen, damit ich - bildlich gesprochen - wieder in meiner Hängematte schaukeln kann. Vielleicht sollte ich es auch so machen wie Gretel es in ihrem Blog getan hatte: mehr Bilder sprechen lassen. Momente eines jeweiligen Monats einfangen und (auch für mich selbst) visualisieren. Dass ich auch ein Augenmensch bin, dürfte ja ohnehin bekannt sein ;) Vielleicht fange ich diesen Monat auch damit an, mal gucken, ich weiß noch nicht. Klar könnte ich auch zu Instagram wechseln - aber was soll ich da? Zwar bin ich eine Frau, aber ich bin eine Frau, die im Realen eher wenig spricht. Also meistens. Es kommt natürlich auf das Thema an. Dafür aber kann ich seitenweise schreiben, wenn ich will und Lust dazu hab. Und viel schreiben ist ja bei Instagram nun nicht wirklich ;)

Wenn Dinge in meinem Kopf unausgesprochen herumschwirren, dann beginne ich beispielsweise damit, die Dinge im Außen und um mich herum zu sortieren. Die Steuererklärung, die Bügelwäsche, das Putzen der Fugen im Bad. Dinge also, die man nicht jeden Tag sowieso macht. War ich früher ein Fan von kreativem "Chaos" so im Stile von Ikea, so bevorzuge ich inzwischen immer klarere Linien und Strukturen. Inzwischen sauge ich jeden Tag Staub, wo ich früher auch mal ganz entspannt einfach nur das Rollo herunterließ. Das einzige, das wohl unverändert ist, ist mein Hang zu Veränderungen. Ich bin ein Zugvogel - und würde am liebsten überall ein bisschen wohnen und leben. Da das nicht umsetzbar ist, könnte ich wenigstens in regelmäßigen Abständen den Wohnraum verändern. Also solche Veränderungen mit Farbe und Möbelumstellen. Accessoires neu anordnen oder auch ersetzen, da bin ich (leider) schmerzbefreit. Ich kann mich schnell und mühelos von etwas trennen, ausgenommen die Dinge, die eine persönliche Bedeutung für mich haben. Mich von etwas zu trennen, finde ich aber immer noch besser, als jedweden Ballast anzuhäufen. Trotzdem ist das etwas, was der Mann beispielsweise so gar nicht nachvollziehen kann - und mein Ältester auch nicht. Auch der Junge kann sich nur sehr schwer von Dingen lösen, und da muss er nicht mal einen persönlichen Bezug dazu haben. Im Lauf der Jahre aber fühlt es sich für mich mehr und mehr so an, als sei er weniger ein Gewohnheitsmensch als vielmehr jemand, dem Bekanntes vor allem eins vermittelt: Stabilität. Noch immer bin ich unsicher in der Antwort auf die Frage, ob er im Alter von dreizehn bis neunzehn zu vieles durchmachte und letztlich auch zuviel allein war und hieraus bestimmte Entwicklungen und Eigenschaften resultieren - oder ob sich da tatsächlich eine autistische Persönlichkeit zeigt. Möchte ich es genauer wissen? Muss man es genauer wissen? Ändert es etwas, wenn man einen Namen für etwas hat? Denn allgemeine Akzeptanz - das habe ich in den letzten fünf Jahren mehr als deutlich erfahren müssen - bedingt das Wissen noch lange nicht. Das Individuelle ist längst nicht mehr gefragt und wenn ich immer lese und höre "Sei du selbst", dann lächle ich inzwischen nur noch müde. Sei du selbst darfst du ja gar nicht. 
Andererseits... Schaue ich auf mich persönlich, hätte ich schon ganz gerne einen Namen für das, was da in meinem Körper abläuft. Wobei es mir weniger um den Namen geht als vielmehr darum, damit vielleicht auch endlich einen Ansatz für Besserung zu finden - wenn es schon keine Heilung gibt. 
Unlängst habe ich mich gefragt: Wenn ganz am Anfang, im Dezember 2004, die unbehandelte Infektion mit Streptokokken stand, ein Fakt, der sich (und hier muss ich sagen: glücklicherweise) im Labor ablesen ließ und immer noch lässt, dann weiß ich ja, dass diese Infektion bei den allermeisten Menschen komplikationslos wieder ausheilt. Manche haben Pech und ihr Herz wird schwer krank. Andere haben anderes Pech: Sie leiden unter Nervenschmerzen. Das lässt sich weder behandeln noch betäuben noch ist diesem Scheiß auch nur irgendwie beizukommen - und deckt sich mit der Aussage eines Uni-Professors vor vielen Jahren: "Nervenschmerzen sind die schlimmsten, die es gibt, weil man die nicht betäuben kann." Gestern Abend haben wir "Feuer im Kopf" gesehen. Der Mann fand den Film todlangweilig und schlief ein. Wiederum ich... Der Film erzählt die authentische Geschichte einer US-Amerikanerin, die nach und nach immer deutlichere neurologische Auffälligkeiten zeigt, von denen man zunächst ausgeht, dass sie entweder ihrem Stress geschuldet sind oder ihrem früheren Drogenkonsum - oder dass sie schlichtweg zuviel Alkohol trinke. Weil MRT, EEG, Blut und Liquor nur eines zeigen: nichts Auffälliges. Und kurz bevor sie in die Psychiatrie abgeschoben werden soll, findet sich ein Professor, der sich von der Patientin, die mittlerweile nicht mehr spricht und nur noch starr vor sich hinschaut, eine Uhr aufzeichnen lässt. Das runde Gebilde sieht noch gut aus - aber die Zahlen von 1 - 12, die sie richtig anordnen soll, schreibt sie lediglich auf die rechte Seite, von oben nach unten. Darin sieht er den bisher einzigen bewiesenen Anhaltspunkt, dass ihre Erkrankung keine Schizophrenie oder ähnlich psychischer Natur sein kann, denn: "Es gibt keinen einzigen Grund, warum eine psychisch erkrankte Person nur einseitig [darstellen] kann." Und nach der Biopsie ihres Hirns steht fest: Es handelt sich um eine Entzündung ihrer rechten Hirnhälfte. Die weder im Labor noch im MRT noch im Liquor zu sehen war - und die trotzdem da war. Und sie hatte den Namen, die Diagnose - und damit endlich die Hilfe, die noch rechtzeitig genug kam, bevor die Schäden irreversibel wurden. Auch wenn der Heilungsprozess Monate gedauert hat. 
Natürlich denke ich dabei auch an mich - ohne davon auszugehen, auch diese Erkrankung zu haben. Nein, diese nicht, denn meine Symptome sind bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei ihr - und auch ganz anders als meine. Was mich jedoch beschäftigte, ist, dass auch bei mir die meisten Laborparameter und sonstigen Untersuchungen unauffällig sind (sieht man jetzt mal von zB den Streptokokken und dem Hashimoto ab). Trotzdem geht es mir mit den Jahren nicht besser und kommen nach und nach immer weitere Symptome hinzu. Symptome, die irgendwie immer "unspezifisch" bleiben, weil: "Sie haben irgendwie nie von einem alles. Sie haben von einigem etwas, aber nicht alles, also ist es das nicht."
In dieser Woche war ich nun beim Rheumatologen und er untersucht mein Blut innerhalb der kommenden zwei Wochen auf bestimmte genetische Anzeigen, hat meine Finger und Füße geröntgt (und für unauffällig befunden, während hingegen ich fand, grad das Röntgenbild der Finger sehe doch aus wie gemalt ;)) und mir eine Spritze in die linke Hüfte gegeben. Da, wo es aktuell am meisten (neben den Fingern) schmerzt. Und er verschrieb mir Cortison, nur halb so stark wie im Januar vom Hausarzt, aber dieselbe Sorte. Die nehme ich heute den fünften Tag und in den Fingern ist es schon deutlich besser geworden. In der Hüfte auch ein wenig. Schauen wir mal, wie es weitergeht. Der Ultraschall von den Schultergelenken jedenfalls war unauffällig und die Hüfte hat er nicht weiter angeschaut, weil es "außen" schmerzt und nicht im Leistenbereich. "Dann ist es der Schleimbeutel und nicht das Gelenk", hat er dazu gesagt und zack - gabs die Spritze. 

Morgen fahre ich nach L und da brauche ich jetzt auch dringend die "Erleichterung" hinsichtlich Schmerz & Co. Denn der Junge hatte ja nun Geburtstag - und er hat sich gewünscht, dass wir sein Zimmer umbauen. Wir meint: er und ich. Was bedeutet: Erst muss der Keller aufgeräumt werden, dann muss Platz beim Älteren geschaffen werden (Bett raus, hässliche alte Wohnwand vom Vater raus), die moderne Wohnwand vom Jüngeren zum Älteren, eine Wand streichen beim Älteren, Kommoden beim Jüngeren streichen... Wir haben viel vor ;) Dafür habe ich mir zwei Tage Urlaub dazugenommen, denn abends nach der Arbeit wird nicht mehr viel. Und glücklicherweise beginnt der Urlaub des Jüngeren zeitgleich mit mir. Erst also zwei Tage Office-Zeit und dann den Urlaub nutzen und umbauen. Natürlich hab ich schon ein bisschen Respekt davor - aber noch mehr freue ich mich darauf. Dabei hatten wir ja in diesem Frühjahr erst unsere Wohnung hier in M fast komplett umgekrempelt und eigentlich müsste ich davon noch mehr als die Nase voll haben. Aber hey, das ist schon wieder ein halbes Jahr her, vergessen sind all die Mühen und Blessuren - und jetzt ist L dran. Am meisten erleichtert war ich vor allem, dass der Ältere zugestimmt hatte. Bisher wollte er nämlich nie ("Wieso wegschmeißen, das ist doch noch gut!") - aber da er die Wohnwand vom Bruder haben möchte, kann endlich der alte Mist raus und sein Zimmer wird... richtig schön werden. Zumindest in meiner Vorstellung - und meistens wurde es auch so :)

Diesen Schwung zu "aus alt mach neu" wollte ich dann heute auch auf mein iPhone ummünzen. Also nicht schon wieder ein neues Telefon kaufen (so bekloppt bin ich ja nun auch nicht) - für mich tat es auch das aktuelle Update. (Eigentlich bin ich nicht freiwillig auf diese Idee gekommen. Das Gerät zwingt mich dazu, weil nach und nach eine App nach der anderen nicht mehr sauber arbeitet oder permanent abstürzt, obwohl die wiederum alle up-to-date sind. Aber vielleicht schaffen es ihre Updates ja nicht mehr mit meinem 13er iOS?) 
Normalerweise ist es ja so: Man läd erst ewig lange das neue Update herunter, das sich ohnehin schon ungefragt auf dem Handy breitgemacht hat und kostbaren Speicherplatz frisst, dann installiert man und fertig ist der Lack.
Nun. Heute nicht. Erst moserte die Technik herum, ich hätte zu wenig verfügbaren Speicher. Ich hatte zwar noch knapp 4 GB, aber na gut. Sparen konnte ich vor allem an der Musik: Da meine Favoritentitel mittlerweile in einer anderen (Streaming-) App liegen, fiel mir das ganz leicht, die Musik-App von knapp 7 GB auf nicht mal 100 MB zu reduzieren. (Wenn ich mal was suche, hab ich ja immer noch den Rechner.) 
Also dachte ich, so, jetzt haste Platz, guckst mal, obs jetzt geht. 
Ne.
Ging immer noch nicht. Irgendein Fehler vermeinte: "Update konnte nicht installiert werden."
Google befragt und die sagten: "Wenn dies und das nicht geht, dann aktualisiere über iTunes."
Was soll ich sagen.
Ne.
Probiert. Ging nicht.
Dann hat der Mann gemeint: "Du wirst vermutlich mal dein iPhone komplett resetten müssen."
"Hä? Wieso?"
"Weil du vermutlich inzwischen viel zu viel Datenmüll angehäuft hast. Browsermüll. Gelöschte Apps. All so n Kram."
"Plattmachen musste ich doch noch nie!"
"Ach, ich mach das öfter." 
Und da er nie Probleme mit seinen Apps hat, auch nicht mit der der ÖPNV, welche wiederum mich regelmäßig anfixt, hab ich gedacht: Okay, dann eben auf die harte Tour. Aktuelles Backup hatte ich ja - also auf in den Kampf. 
Alles plattgemacht, neu installiert, siehe da: Die Apps laufen (erstmal) wieder wie geschmiert.
Und das Update selbst? Den halben Sonntag damit "verbraten" und nun doch nicht installiert. Weil der Mann meinte: "Lieber erstmal die Kinderkrankheiten abwarten und außerdem hab ich gehört, das neue Update frisst Batterie. Guck lieber mal die nächste Zeit, ob deine Apps jetzt besser laufen als vorher, dann brauchste das Update eh nicht." Genau. Was will ich auch damit. Ich will ja neben dem Üblichen eigentlich auch nur noch bei FB surfen und Knots und BlockuDoku zocken - und das kann ich ja jetzt wieder :) Ich kann nur nach wie vor keine Fotos mehr runterziehen, das ging weder vor noch nach dem Plattmachen. Aber dazu hab ich jetzt keine Lust mehr. Jetzt geh ich erstmal meine Tasche packen und vielleicht mach ich mir auch noch ein Käffchen. Es ist Sonntagabend, der muss entspannt ausklingen, das ist Pflicht. 

Freitag, 6. November 2020

25

   

Mein lieber Schmunzelhase, grad eben warst Du noch so klein und knuffig und jetzt bist Du 25 Jahre alt und ich frage mich nicht zum ersten Mal, wo die Zeit nur geblieben ist. Auch wenn Du auf diesem Foto ein bisschen bedröppelt guckst: Du warst von Anfang an ein Sonnenscheinchen, das viel gelacht hat und auch nicht viel brauchte, um zufrieden zu sein. Genau genommen ist es auch heute noch so - und noch heute brauchst Du vor allem eins: Harmonie um Dich herum. Dir ist es wichtig, dass Stimmungen ausgeglichen sind, dass Menschen "gut" miteinander sind und auch in Deinem Job als "Ordnungshüter" macht mich wahnsinnig stolz, dass Du Dir Deine Menschlichkeit und auch das Verständnis für Menschen bewahrst. In der Hinsicht bin ich wirklich, wirklich dankbar, dass sowohl Du als auch Dein Bruder in dieselbe Richtung schauen - auch wenn Ihr sonst aktuell eher auseinanderdriftet.
Du möchtest Dein Leben genießen, Du möchtest Spaß haben, ausgehen - doch was zunächst so klingt, als wärst Du ein bunter Hund, bist Du in Wahrheit eher verschlossen: Du brauchst nicht viele Freunde und Du öffnest Du auch nur schwer. Du achtest sehr genau darauf, wer Dir wie begegnet und Dein Vertrauen zu gewinnen ist echt schwer. Das spürt Dein Gegenüber oft nicht mal, denn in Gesellschaft bist Du zwar mittendrin und doch aber trotz allem eher der zurückhaltende Beobachter. In der Hinsicht bist Du wie Dein Bruder. Was Euch unterscheidet, ist die rauhe, zuweilen ruppige Schale, die Deinen Bruder umgibt. Da bist Du anders. 

Manchmal schau ich mir Deine, Eure, unsere Fotos an und beinah hab ich wieder Deinen Babyduft in der Nase. Und ich muss gestehen, da ist schon etwas Wehmut dabei. Die Zeit ist so irrsinnig schnell vergangen und immer öfter denke ich, dass ich die Jahre mit Dir und Deinem Bruder viel zu wenig genossen habe. Dass viel zu viele andere Dinge im Vordergrund standen, obwohl es im Grunde nur eines gibt, das wirklich zählt: unsere Familie. Du, Dein Bruder - der Mann und ich. Gestern Abend musste ich wirklich lachen, als der Mann mir ein youtube-Video zeigte mit einer Eisenbahnanlage, die locker ein ganzes Zimmer füllte, und er sagte zu mir: "Da kannst du dich schon mal drauf einstimmen, wie das wird, wenn wir erstmal Enkel bekommen."
"Huch", hab ich geantwortet, "es ist doch noch gar nicht so lange her, da haben wir noch gesagt: Wie wohl ein Kind ausgesehen hätte, von dir und mir, wie es wohl wäre? Und jetzt reden wir nicht mehr von eigenen Kindern, sondern von Enkeln."
Keine Angst, wir hatten das nie wirklich auf dem Plan - aber es war schön zu empfinden, dass man die Wahl hatte. Und wenn man mich fragt: Ihr dürft Euch ruhig noch ein wenig Zeit damit lassen. :)
Heute bist Du es, der sich unsicher ist, wie und mit wem er seinen Weg gehen möchte, aber für den eines auf jeden Fall klar ist: Du möchtest eine eigene Familie. Du weißt auch ziemlich genau, wann. 
Ich wünsche Dir ganz von Herzen, dass Du die richtige Entscheidung triffst, dass Du niemals bereust, wie Du etwas entschieden hast - und dass es der Weg ist, der Dich wirklich glücklich macht.

Für mich gibt es wirklich ehrlich nichts Größeres, als Euch glücklich zu wissen. Euch gut aufgehoben zu wissen. Von daher ist mir auch immer noch völlig egal, ob ich Euch die Bude (wieder) herrichte (wusstest Du eigentlich, dass das Chaos in den eigenen vier Wänden immer ein Ausdruck des inneren Chaos ist? Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Du da oft resignierst, aber... da lass uns nochmal drüber sprechen ;)), Eure Wäsche in Ordnung bringe, wenn ich nach L komme, ob ich für Euch koche und backe und Papierkram mit oder für Euch erledige. Für mich persönlich ist das keine Last, auch keine Belastung - mir persönlich ist es ein Bedürfnis. Ich würde das sicherlich nicht jeden Tag machen wollen oder können - aber ich sehe Euch einfach wenig. Zu wenig, weil ich so weit weg bin von Euch - und wenn ich dann da bin, muss ja jeder von uns auch noch die meiste Zeit davon arbeiten. Mir fehlt das Gefühl, dass ich Euch auf ein Käffchen am Wochenende einladen kann oder dass Ihr mal vorbeikommt, einfach so, mal ein bisschen ratschen und dann geht Ihr in Euer Zuhause. Oder ich schaue einfach mal bei Euch vorbei. Gerade weil Ihr beide noch nicht Euren Lebensmittelpunkt gefunden habt, bedeutet es mir so viel, für Euch da zu sein. Nicht als Ersatz für irgendwen oder irgendwas. Aber als einen wichtigen Bestandteil für Euch. Euch das Gefühl zu geben, dass Ihr nicht allein seid, nicht Euch selbst überlassen. 

Es ist das erste Mal in diesem Jahr, dass ich zu Deinem Geburtstag nicht da bin und wenn ich an den Streit mit Deinem Bruder vor zwei Tagen denke, nach dem ich erstmals echt mit Herzschmerzen nachts schlafen ging, dann hoffe ich wirklich sehr, dass Du verstehst, dass es Dinge gibt, die er so nicht meint, auch wenn er es (leider) sagt. Dass Du weißt, dass Du auch für ihn das Allerwichtigste bist - und der einzige, dem er vorbehaltlos alles anvertrauen würde. Auf dessen Meinung er am meisten Wert legt. Und ich hoffe, dass Du - wenn es Dein Dienst denn überhaupt zulässt - vielleicht doch einen entspannten Abend wenigstens mit Deinem Bruder haben kannst. Vielleicht mal wieder einen Film streamen, Euch was zu Essen bestellen? Es muss ja nicht immer das Zocken sein, wo Ihr inzwischen ganz unterschiedliche Interessen verfolgt :) Es gibt aber immer noch Dinge und Interessen, die Euch verbinden. Es wird nur aktuell gerade niemandem leicht gemacht - aber auch das wird ja hoffentlich eines baldigen Tages wieder entspannter. 

Mein Hase, auch wenn ich an Deinem Tag nicht bei Dir sein kann - in Gedanken bin ich immer da und wenn ich Montag zu Euch komme, dann, das verspreche ich Dir: Spätestens dann machen wir uns drei einen richtig schönen Abend. Ich hoffe, Dein Dienstplan lässt das zu :)

Deine Mama 

Donnerstag, 22. Oktober 2020

Klassentreffen 1.0 vs. Alles außer gewöhnlich


Gestern Abend hatten wir irgendwie Lust auf Film. Mein Tag war lang, der des Mannes nicht minder - und was blieb, war die Wahl entweder zu einem Abendspaziergang oder zu einem Film. 
Auf den Abendspaziergang haben wir wortlos verzichtet und uns stattdessen lieber auf dem Sofa eingekuschelt. Irgendwie hab ich eh den ganzen Tag schon gefroren und auch am Abend wollte mir nicht warm werden, blieben die Finger eiskalt.
Grad nach dem langen Tag war uns dann eher nach etwas Seichtem, etwas Unterhaltsamem, wo man einfach nichts denken muss, sich einfach nur berieseln lassen kann. Aus dieser Stimmung heraus schlug ich vor "Nehmen wir doch Klassentreffen 1.0". 
Natürlich weiß ich, dass Schweiger-Filme eher klebrig-süße Zuckerfilmchen sind, die vor allem immer nur eins hervorheben: ihn. Aber ich dachte, ach na ja, so für nen Abend... Nach ungefähr zehn Minuten oder maximal fünfzehn gestand ich dem Mann zu:"Orrr ne, bitte schalt ab, ich kann diese Grütze echt nicht mehr mit ansehen."
Wirklich, so einen Scheiß habe ich lange nicht gesehen.
Nicht nur, dass Schweiger die Story zum Film gab und die Produktion betrieb, ne, er musste natürlich auch die Hauptrolle haben. Er, der lässige DJ (natürlich ganz das Gegenteil zu seinen altbackenen, vermutlich eher latent erfolglosen einstigen Klassenkameraden), der gleich zu Beginn des Films den Groupie backstage vernascht und zusieht, wie sich dann gleich zwei um ihn zanken. Der der Freundin daheim beichtet, dass er den Groupie ja "nur mal ein bisschen" gevögelt hat, nix Ernstes, weil, er liebt ja nur sie - und sie tut ein bisschen empört und schickt ihn dann los "Morgen holst du deine ersten monogamen Brötchen." Kotz-brech-würg. Wirklich, das war nicht anzusehen. Dass er diesmal auch wieder seine Älteste mit "verwurstete", hats nicht besser gemacht. Ich hab selten ein so steifes, unglaubwürdiges Schauspiel gesehen wie von ihr. 
Ich hab sogar kurzzeitig ernsthaft erwogen, ihm eine entsprechende Rezension an seine FB-Pinnwand zu kritzeln. Nur kurz erwogen, weil: Es wäre vergebene Liebesmüh. Der Typ ist so von sich eingenommen und hat obendrein (paradoxerweise) vermutlich ein so schwaches Selbstwertgefühl - da wärs schade um jegliche Energie. Der scheißt auf Kritiken von irgendwem. Der macht so lange weiter, bis auch das letzte Schwein den Schweiger nicht mehr sehen kann und will.

Nach ein bisschen Hin und Her in der Netflix-Wühlbox haben wir uns dann für "Alles außer gewöhnlich" entschieden - und was soll ich sagen: Ein Wahnsinnsfilm. Ein Film über Menschen mit Behinderungen, mit Einschränkungen - und in diesem Fall ein Film über und mit Autisten. Wer sich um sie kümmert und wie.. Ohnehin steh ich ja so auf Filme, die auf wahren Begegbenheiten beruhen oder tatsächlich eine verfilmte Biografie darstellen. 
Oftmals werden im Abspann die realen Personen "dahinter" gezeigt - und dann bekommt das Ganze noch einmal eine ganz andere emotionale Dimension. Jedenfalls für mich.
Wie fast immer, las ich auch anschließend zu diesem Film über die Hintergründe und erfuhr dabei, dass sich beide Regisseure zwei Jahre lang im Vorfeld mit Autisten beschäftigten, um zu verstehen, wer sie sind, wie sie sind, wie ihre Welt sein könnte. Und ein ganzes Jahr lang haben sie sich mit einem Autisten im Theater befasst, bis jener Vertrauen zu ihnen fasste und eine Rolle in diesem Film übernahm.
Wenn Ihr mich fragt: Sowas zu wissen, fasziniert mich. Dass Menschen nicht nur etwas zeigen wollen, sondern dass sie die Zeit und die Mühe aufwenden, um auch selbst zu verstehen, zu erfahren, WAS sie da zeigen - das fasziniert mich. Es hat für mich soviel mit Respekt vor dem Menschen zu tun.

Für mich ist dieser Film ein unbedingtes Muss. Ein sehr gefühlvoll umgesetztes Thema, ohne auch nur an irgendeiner Stelle ins Kitschige oder Seichte abzudriften. Ein für mich sehr eindringlicher Film, auch ob der Musik (die ich natürlich sofort getaggt habe, ist ja klar). 
Und dieser Film zeigt, dass es sich immer lohnt, für einen anderen einzutreten, sich zu bemühen..
Auch dann, wenn die Gesellschaft meint, dass das alles gar nicht lohnt, dass Wegsperren, notfalls Sedieren und ansonsten Dahinvegetieren sei das einzig Richtige, weil: ökonomisch. 
Wenn jemand für sich selbst nicht (mehr) eintreten kann, dann braucht es starke Persönlichkeiten, die das für ihn übernehmen. Und es wär wirklich schön, wenn man es diesen starken  Persönlichkeiten nicht noch schwerer macht als es ohnehin schon ist. 

Mittwoch, 21. Oktober 2020

Kurz und knapp in schwarz und weiß

 Grad las ich erst bei Juna über ihren Traum und dachte noch so bei mir: Irre, wie Leute so strukturiert und zusammenhängend träumen können.. Bei mir sind die Träume eher kurze Schnappschüsse.. Situationen, die zumeist "mit einem Wimpernschlag" abwechseln. Manchmal zusammenhängend, wie wenn man sich in einem großen Haus nur in ein anderes Zimmer bewegen würde; manchmal aber auch völlig unzusammenhängend, durcheinander und.. wirr.

Einen "richtigen" Traum, so von A - Z, habe ich eher sehr selten. Eigentlich.. fast nie, würde ich behaupten - oder habe es schlicht vergessen. Ich träume auch fast nie in Farbe, sondern eher nur in schwarz-weiß. 

Heute Morgen bin ich erwacht, war erschrocken und irritiert zugleich, dass der Mann neben meinem Bett stand und sich ins Office verabschieden wollte. 
Gerade erst hatte ich mich doch von ihm getrennt, wir haben beide geweint, aber beide gewusst, dass es nur so und nicht anders gehen kann - und dass ich ihm gerade noch versichert hatte: "Ich habe dich nicht betrogen, es ist nichts anderes gelaufen, aber ich muss mich jetzt für den anderen entscheiden." Und er hatte mir geglaubt, hatte es verstanden, ich glaube, sogar genau so empfunden wie ich. Und dann bin ich gegangen...
Eine völlig zusammenhängende, strukturierte Situation... Die Klärung mit "dem anderen", die Aussprache mit dem Mann, das Ende. Und das alles auch noch in Farbe.

...und dann steht er heut Morgen da, küsst mich sacht auf das Haar und verabschiedet sich mit den Worten: "Bis heut Abend dann."

Manchmal möchte ich echt gern wissen, was da in meinem Kopf vor sich geht ;)

Dienstag, 20. Oktober 2020

She conquered


Manchmal blättere ich in meinem Blog und denke: So ein bisschen ist er ja wirklich auch wie ein Tagebuch. Zumindest in den späteren Jahren. An manches erinnere ich mich erst wieder beim Lesen, manchmal lächle ich, manchmal amüsiere ich mich, manchmal bleibe ich nachdenklich.
Dieser Titel hier ist ein - was auch sonst - Zufallsfund am heutigen Abend. Und eigentlich wurde das Original für eine Frau gemacht, die am Nachmittag ihres Hochzeitstages den Kampf gegen ihre Erkrankung Mukoviszidose verlor. Dass es alle wussten, was kommen würde, macht es nicht leichter, gar nicht leichter. Denn diese Art von Abschied ist der mit Abstand schwierigste, weil er einfach nie mehr umkehrbar ist.
Bei jedem anderen Abschied bleibt immer irgendwie ein Gefühl, ein Gedanke, eine Hoffnung zurück: Man weiß niemals, wann man sich eines Tages doch wiedersieht. Diese Unwahrscheinlichkeit ist mir selber passiert und gerade darum... lebt bei jedem Abschied von einem geliebten Menschen auch immer ein wenig Hoffnung mit, dass man sich eines Tages wiedersieht.
Nur hier.. Wenn wir diese Welt verlassen, dann nicht mehr. Dann nie mehr. 
Nicht nur in solchen Momenten, aber insbesondere dann denke ich: Sei einfach nur dankbar für jeden einzelnen Tag mit den Menschen, die du liebst..

Manchmal habe ich mich auch gefragt, warum ich eigentlich an irgendeinem Punkt begonnen habe, mehr von meiner eigenen, bisher immer noch "namenlosen" Erkrankung zu schreiben. Ich fragte mich, was ich mir davon versprochen habe - oder ob ich mir überhaupt etwas davon versprach. 
Hatte ich gedacht, es würde irgendjemand lesen, der ähnliches durchlebte - und mich an eigenen Erfahrungen teilhaben ließ?
Hatte ich gedacht, es würde irgendjemand lesen, der ähnliches durchlebt und vielleicht auf der Suche ist nach.. Ideen?
Hatte ich gedacht, es würde irgendjemand lesen und mir einen Rat geben können? Eine Empfehlung?
Letzteres ist tatsächlich passiert und dafür bin ich nach wie vor dankbar, auch wenn ich da (noch) nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe.
Ein bisschen ist es einfach auch so, wie ich es gestern zum Doc sagte "Ich hatte das Thema Schmerz schon längst zu den Akten gelegt und mich damit abgefunden."
Er meinte, es sei genau der richtige Weg - und noch vor vier Jahren hätte ich ihm zugestimmt. Wenn man weiß, dass es sich nicht mehr ändern lässt, dann macht man das Beste aus dem, was man hat. 
Nur ist es ja nicht dabei geblieben, haben sich weitere Symptome hinzugesellt, mit denen ich inzwischen sicherlich ganz gut umgehen kann. Aber für mich stellt sich die Frage: Bleibt es dabei? Oder kommt noch mehr? Werde ich irgendwo eines Tages auf einem Stuhl sitzen und mir sagen lassen müssen "Wären Sie mal eher gekommen"? 
Was ist die Lösung bei einem nächsten heftigen Schub? Wieder eine Stoßtherapie Cortison und auf die mildere Jahreszeit warten, in der es mir dann grundlegend erstmal wieder etwas besser geht?
Es ist müßig, darüber nachzudenken, was kommen könnte. Ich lebe nicht im Konjunktiv. Aber bin ich auch ein Träumer, so bin ich ebenso Realistin, die sehr wohl wahrnimmt, was mit ihr geschieht, was sich verändert - und die auch weiß, dass ich für diesen ganzen Quatsch immer noch zu jung bin. Zumindest zu jung dahingehend, als dass man sagen könnte: Im Alter verändern sich die Dinge halt. 

"Mein Gott, Sie haben aber schon echt viel mitgemacht", sagte der Doc gestern beim Blättern in Berichten und ich lächelte: "Genau deshalb will da auch niemand wirklich ran."
Wir haben sehr nah beieinander gesessen, schauten einander direkt in die Augen, als er versuchte, mir zu erklären, dass man auch dann, wenn die Ursache nicht auf psychisch-biografischen Störungen beruht und man keine Lösung findet, mit den Dingen leben kann - und leben muss. Seinem Blick wich ich auch nicht aus, als ich, glaube ich, ungefähr dreimal wiederholte, dass ich mir dessen bewusst bin, jedoch auch hinterfragen möchte, woher das alles kommt. Um einfach zu verstehen, ob ich mehr dagegen tun kann als weiter arbeiten zu gehen, meine Ernährung umgestellt zu haben, mein Leben zu leben - und zum Yoga zu gehen. Auf ausreichend Schritte pro Tag zu achten, lieber Treppen zu steigen als den Lift zu nehmen und so weiter.
Ich denke, die gute Nachricht ist: Neurologisch bin ich gesund. Für mich persönlich ist das schon eine wichtige Erkenntnis. Und verließ die Praxis mit einem Überweisungsschein zu einer rheumatologischen Untersuchung. Er vermutet immer noch, dass die Ursache aller Wahrscheinlichkeit nach dort liegt, die Reaktion auf das Cortison spräche dafür. 

Der Mann ist unzufrieden mit dieser Entwicklung. Ich... nicht. Ich habe hier an der Stelle tatsächlich versucht, das Ganze von Anfang an als eine Verlaufskontrolle zu betrachten - und nicht als etwas, das neue Erkenntnisse hervorbringt. Offenbar ist mir das ganz gut gelungen, denn enttäuscht.. bin ich tatsächlich nicht. Stattdessen musste ich heut am frühen Morgen, weit vor dem Aufstehen müssen, echt lachen, als ich aus Langeweile an einem Spielchen teilnahm, das mir zeigen wollte, wie ich im Alter aussehen könnte. Natürlich weiß man, dass das alles Quatsch ist - aber ich fand es lustig, dass mir eine moderne Alte gezeigt wurde mit einem schwarzen Netzshirt und einem schwarzen Rock, über und über mit weißen Perlen bestickt. Eine pfiffige Kurzhaarfrisur und natürlich zurechtgemacht. 
Und tatsächlich sehe ich mich selbst auch eher so als eine Omi mit umgebundener Schürze, weißem Haarknoten und süßem Backwerk im Ofen für die Enkel. Wobei: Nix gegen das Backen! Momentan könnte ich jedes Wochenende irgendwas Leckeres zusammenrühren. 
Ich fand es auch deshalb lustig, weil es mich an den Spruch erinnerte: "Oma sagt immer: Je schlechter es dir geht, desto besser kleide dich. Toll! Jetzt sitz ich im perlenbestickten Ballkleid im Büro."
Und ich fand es lustig, weil ich selbst auch immer noch Spaß daran hab, mich zurechtzumachen, mal das Haar zusammenzubinden, mal auch nicht. Die Nägel in allen möglichen Rotfarben zu lackieren. Den Schlabberlook längst aufgegeben und wieder mehr dahin zurückgefunden zu haben, dass ich immer noch so etwas wie eine Form besitze, auch wenn sie nach wie vor gut gepolstert ist. 
"Willst du mitkommen zum Yoga?" fragte der Mann gestern Abend. Klar, ich kann mich verstellen wie ich will, er weiß natürlich längst, wo das Schmerzlevel aktuell wieder hängt. 
"Natürlich", antwortete ich.
Ich konnte vielleicht nicht jede Übung mitmachen, aber das muss ich auch nicht. Was geht, das geht; was nicht geht, geht dann eben beim nächsten Mal. 
Entscheidend ist, dass ich mich anschließend nicht schlechter fühle als vor dem Sport. 
Und kämpfe noch immer dafür, dass es eines Tages.. hoffentlich doch etwas leichter wird. Nur weil man zwischendurch andere Mittel wählt, bedeutet das ja nicht, dass man aufgegeben hat. 

Dienstag, 6. Oktober 2020

"Was uns bleibt, ist jetzt"



Ob wir unseren Urlaub beginnen könnten oder nicht, empfanden wir beinah bis wenige Tage zuvor als ziemlich unsicher. Immerhin zählte die Lombardei noch im Frühjahr dieses Jahres zu einem "besonders betroffenen Gebiet" und wie sich das mit Beginn des Frühherbstes gestalten würde, konnte niemand zuverlässig beantworten.
Wir sind glücklich, dass wir verreisen konnten, und den Wiederkommenstest, auf den der Chef besteht, kann man in Bayern glücklicherweise noch kostenfrei veranlassen. 


Irgendwie ist es schon auch erstaunlich, wie sehr man alles hinter sich lassen kann, sobald man nur irgendwie weit genug weg ist. Noch am Freitag war ich derart von zittriger Wut bis unter die Haarwurzeln erfüllt, dass ich am liebsten auch entsprechende Wuttränen vergossen hätte - und es aber doch nicht tat. Unfairness ist eins der Dinge, die ich auf den Tod nicht abkann - und an jenem Freitag konnte ich so gar nicht damit umgehen. Wenn du seit vier Wochen eine Deadline kennst und alles mundgerecht und minutiös planst und vorbereitest, mindestens drei Wochen lang den Verantwortlichen nachläufst und sie immer wieder daran erinnerst: "Denkt dran, ich hab dann fünf Tage Urlaub!" und dass diese fünf Tage unmittelbar vor der Deadline enden - und dann trotzdem jeder nur an sich denkt, wirklich KEINER der Verantwortlichen den Arsch hochkriegt und sie es dann tatsächlich am letzten Tag wagen, dir wutentbrannt vorzuhalten: "Allen muss man hier am Arsch lecken, auch DIR! Du kannst ja schließlich auch mal zwei Tage eher aus dem Urlaub kommen", dann weißt du, dass dir nichts mehr dazu einfällt. Und dass am liebsten du das Telefon wutentbrannt in die Ecke feuern würdest und nicht der andere. Zwei Tage eher aus einem Urlaub von grad mal fünf Tagen, für den du hunderte Kilometer weit weg fährst - und das bloß, weil andere nicht aus dem Arsch kommen, ne also sorry. 
Und schon Samstag am frühen Morgen, als wir unsere Reise begannen und die ersten Klänge meiner Songliste anstimmten, da war ich irgendwie ganz bei mir und ganz im Reinen. Diesen kleinen  Urlaub hatte ich mir verdient, ganz gleich, was andere dazu sagten. Und ich nahm mir vor, mir das auch nicht kaputtmachen zu lassen. 

Wenn man meinen Statusbildern folgte, könnte man glauben, wir würden den lieben langen Tag nichts anderes tun außer essen, Kaffee trinken - aber dazwischen passiert schon noch eine ganze Menge mehr. Ich muss ja nicht alles von mir zeigen ;) 
Zum Beispiel aber auch - ganz unspektakulär - lese ich wieder mehr. Unter anderem ein Buch, das ich am Morgen unserer Abreise vor unserer Haustür fand. Da, wo für gewöhnlich immer mal Dinge abgelegt werden, die der Besitzer nicht mehr haben möchte. Ich nahm es mir für den Urlaub mit, es blieb keine Zeit, den Einband zu lesen und zu schauen, worum es eigentlich ging. Und als ich nun im Urlaub begann zu lesen, dachte ich erst "Och na ja, nö."
Die Geschichte eines Teenagers, der mit dem Tod des ersten Freundes nicht klarkommt und von den Eltern schlussendlich in ein besonderes Internat gebracht wird. Wo ihm beigebracht werden soll, es wieder zu lernen, das Leben. Ich muss gestehen, ich kämpfte mich irgendwie eher lustlos durch die Seiten, aber dann... Als ich entdeckte, dass das Buch eine Wendung nahm, eine gefühlt besondere Wendung; als ich herausfand, dass das Buch in eine eher - im wahrsten Sinne des Wortes - zauberhafte Richtung ging, da entdeckte ich auch wieder, wann mir etwas besonders gefällt: Wenn es vermag, Bilder in meinem Kopf zu zaubern. Wenn ich in Bilder eintauche, als wäre ich dabei. Als säße auch ich inmitten in diesem Klassenzimmer mit nur fünf Protagonisten, als sähe ich sie vor mir, die alte Lehrerin der Literatur kurz vor ihrer Pensionierung und ihrem besonderen Tagebuch für jeden einzelnen... (Diese Lehrerin übrigens sah für mich ein bisschen wie Judy Dench aus, aber das nur am Rande ;))
Inzwischen bin ich erst auf Seite 166 von über dreihundert angekommen - aber ich bin eingetaucht in einen Zauber, aus dem ich mich in den Abendstunden hier nur sehr schwer wieder lösen kann....

...und dann entschließe ich mich, weiter in anderen Blogs zu lesen, Stimmungen und Erfahrungen aufzufangen und für mich mitzunehmen,  mehr oder weniger. In einem davon fand ich eine Art Stöckchen, das offensichtlich ein vordergründiges Ziel verfolgt: das Dokumentieren von Veränderungen... Also dachte ich, nehme ich mir etwas daraus mit - auch im Hier und Jetzt, obgleich ich gefühlt gerade in einem ganz anderen Raum, einer ganz anderen Zeit lebe - und genieße..

Vorherrschendes Gefühl (ich vermute, in diesem Jahr?)
Hoffnung, immer noch. Verbunden mit der Erleichterung, dass von den Menschen, die ich kenne, nur die wenigsten von den Ereignissen seit März wesentlich betroffen sind. Wie froh ich bin, dass meine Jungen erwachsen sind und ich mich wenigstens nicht mit dem Irrsinn auseinandersetzen muss.
Gleichwohl bin ich aber auch immer wieder irritiert, wie sehr Angst und phasenweise auch Hysterie um sich greifen. Ob wir hier nun Glück hatten oder Nutznießer einer Strategie oder was auch immer, lasse ich dabei außen vor. 
Jedoch unterm Strich.. Hoffnung und Zuversicht - diese Kombination behält auch in diesem Jahr für mich die Oberhand, auch dann, wenn es gelegentliche "Ausschläge" gibt.

Corona gehabt? Oder jemand in Familie/Freundeskreis?
Nein, weder noch. Und ehrlich gesagt, geht es mir gerade wahnsinnig auf die Nerven, dass es außer Corona gefühlt gar keine anderen Erkrankungen mehr zu geben scheint. Als der Junge am vergangenen Donnerstag über 40 Grad auf seinem Thermometer ablas und sich am Freitagmorgen zum Doc begab, da dachte ich "hoffentlich nicht schon wieder eine Angina, die hat er echt zu oft". 
Der Doc hingegen meinte "Na gleich so hohes Fieber und Halsweh, Sie haben vielleicht Corona" und ein entsprechender Test wurde veranlasst. Ergebnis sollte gestern kommen. Was aber aktuell niemanden mehr interessiert, denn seit Sonntag liegt er in der Uniklinik und wurde heute Nachmittag operiert.
Ein Abszess an den Gaumenmandeln, dank der eitrigen Angina, der sich weder mit intravenösen Schmerz- und Entzündungshemmern und auch nicht mit Antibiotika kleinkriegen ließ. Im Gegenteil. Letzte Nacht kletterte das Fieber wieder in bedrohliche Höhen und der Junge schwor kurz vor Mitternacht "Wenn sie mir die morgen nicht rausmachen, schneide ich sie mir selber raus."
BTW: Der Corona-Test war negativ. 
Er hätte den Jungen einfach mal gründlicher untersucht, als gleich nach einem Corona-Test zu rufen. Dann wäre es vielleicht anders ausgegangen als es nun der Fall ist. 

Unter Quarantäne gewesen und/oder Test gemacht?
Unter Quarantäne war ich nicht, aber einen Test hatte der Hausarzt im Frühjahr gemacht, als die schleichenden Erkältungsbeschwerden auch nach wenigen Wochen nicht weichen mochten. 
Der Mann hat einen Test machen müssen, als er aus der Schweiz zurückkehrte - und der war auch negativ. 
Ich bin auch noch nicht sicher, was ich davon halten soll, dass die Tests mehr oder weniger flächendeckend vorgenommen werden. Aber darüber habe ich mich mindestens schon zweimal ausgelassen, an dieser Stelle verzichte ich darauf. 

Zum ersten Mal getan?
Mir selber eine Maske gekauft. Hätte mir gerne so eine graue gekauft mit der Aufschrift "Orrschwerbleede" - aber hab ich nirgends finden können. Dafür gibts jetzt ne komplett schwarze. 
Bisher nutzte ich immer diese Einwegdinger vom Jungen, aber die kitzeln immer in der Nase und provozieren das Niesen. Mit dem Stoffteil funktioniert das wesentlich angenehmer - und leider Gottes werden wir die Dinger wohl auch die nächste Zeit nicht los. 
Und auch wenn andere DAS nicht mehr hören mögen: Ich frage mich trotzdem, warum man das jetzt unter Androhung von Bußgeld tragen muss - und tatsächlich jahrelang in der Grippesaison Tausende Tote in Kauf genommen wurden, und dass das kaum mal in den Nachrichten erwähnt wurde. 
Warum hat man sich da nicht auch schon für die Gesundheit der Allgemeinheit interessiert - und pocht jetzt auf das eigene Recht der Unversehrtheit? 
Obwohl Ihr nie niemals wissen könnt, was schon morgen jemand auf Euch übertragen könnte?
Habe dazu gestern eine Diskussion auf FB verfolgt, weil in Italien darüber nachgedacht wird, das Masketragen auch im Freien für das ganze Land zu verordnen. Interessant, wie Befürworter immer wieder auf Kritiker losgehen. Dazwischen immer mal ein "Grüße aus Spanien, hier ist das schon normal so" und ein anderer fragt dazu "Ja und? Hats geholfen? Offensichtlich ja nicht (Stichwort Madrid)." 
Ellenbogengrüße finde ich persönlich übrigens unangenehm und - sorry - auch albern. Dann winke ich eben nur - aber einen Ellenbogengruß wird es mit mir nicht geben, genauso wenig wie das Füßeln zur Begrüßung. Und Handwaschhygiene wurde mir bereits im Kindergarten beigebracht, das musste ich nicht neu lernen. 

Ansonsten gabs tatsächlich noch nicht wirklich Neues in diesem Jahr. Außer vielleicht, dass ich den Mann endlich dazu bewegen konnte, dass wir unser Zuhause nicht nur renovieren, sondern auch gleich hier und da etwas umbauen. Wenn man bedenkt, wie wenig es dazu eigentlich bedurft hat - und wie groß der Effekt ist... Doch, ich finds geil :)

Ach ne, warte, doch na klar, Yoga! Yoga ist auch etwas, das in diesem Jahr was ganz Neues (für mich) ist. Und bisher komme ich damit auch richtig gut zurecht. Besser als gedacht jedenfalls. Hat der Mann doch recht behalten, auch wenn ich das nicht gerne zugebe ;)

Ach und mir fällt noch was  ein (vermutlich muss ich nur lang genug drüber nachdenken ;)) - wir sind jetzt Netflix-Fans und dank der Empfehlung vom Finchen Fans der Serie "Suits" geworden. Harvey war übrigens von Anfang an mein ganz persönliches Schmankerl - und blieb es auch bis zum Schluss. Mike war mir irgendwie auf Dauer zu anstrengend - und manchmal einfach undankbar. 

Nach langer Zeit wieder getan?
Gemalt. In diesem Jahr war ich tatsächlich produktiver als die Jahre zuvor. Und ich habe durchaus vor, noch mehr davon zu machen - aber die letzten Wochen haben meine Energie woanders abgeleitet. Immerhin mit Erfolg dahingehend, als dass sich ein langersehnter Weg aufgetan hat. Ob er zum Erfolg führt, wird sich zeigen...

Und wir sind in diesem Jahr endlich mal wieder mit dem Rad gefahren. Keine Ahnung, warum wir das so selten tun - aber ich liebe mein Hollandrad. Das mit der DingDong-Klingel und der rosa Blume. Auf dem ich dahinradeln kann, hoch oben auf dem Damm, mit geradem Rücken, der Sonne auf der Haut, dem Wind in den Haaren...

Leider gar nicht getan?
In diesem Jahr war ich noch nicht im Kino. Sicherlich auch dem gesetzlich verordneten Aus geschuldet, aber irgendwie mangelts einfach auch an Filmen, für die man gern in ein Kino geht, sich Popcorn in den Schoß stellt und eine gut gekühlte Coke dazu trinkt. Man kann darüber streiten, ob man das im Kino tun muss - aber für mich gehörts dazu. Kino ist Genuss. Popcorn ist Genuss, jedenfalls, solange es die Leute nicht auf den Sitzen und dem Fußboden verteilen. Die Schweine. Zuhause machen sies doch auch nicht, jedenfalls die meisten nicht.
Wenn ich so darüber nachdenke... Ich würde mir eine gut verfilmte Version des oben beschriebenen Buches wünschen.. 

Wort des Hamster-Jahres?
Covidiot. Das Wort verzeihe ich keinem, ders ausspricht. Ich kanns gar nicht haben, wenn man mit nur einem einzigen Wort Leute diskreditiert. 
Beleidigungen sind wie Schreien: Demjenigen sind die Argumente ausgegangen - und er beansprucht für sich, dass er im Recht ist, ohne Wenn & Aber, Für & Wider.
Das ist ähnlich wie mit dem Wort Nazi nach 2015. Manchmal war ich tatsächlich erschüttert, wie inflationär mit diesem einen Wort um sich geworfen wurde, berechtigt oder unberechtigt. 

Mein persönliches Wort zur aktuellen Situation?
Ich bleibe bei der Hoffnung... 

Zugenommen oder abgenommen?
Weiß ich aktuell, ehrlich gesagt, wirklich nicht. In unserem Haushalt gibt es schon länger keine Waage mehr, seit die letzte das Zeitliche segnete. Eigentlich dachte ich, eher zugenommen - aber hier im Urlaub fand ich heraus, dass meinem Gürtel mindestens zwei Löcher fehlen - die lasse ich mir Freitag reinknipsen. Also zwei "Gürtelgrößen" fehlen mir jetzt aber nicht, das ist wirklich sicher. Vermutlich ist die für den Urlaub gewählte Jeans nur einfach etwas höher geschnitten als die anderen. 

Bester Ort?
Bei den Menschen, die ich liebe. Ist mir grad völlig egal, wie das klingt. Aber wenn Du da bist, wo Dein Herz ist, ist Dir die Umgebung tatsächlich scheißegal. 

Alkoholexzesse?
Ich bin langweilig - Alkoholexzesse gabs bei mir noch nie. Außerdem würde bei mir auch nur eh ein Glas Wein ausreichen, um mich auf dem Tisch tanzen zu lassen. Wer nicht trinkt, verträgt auch nix. 

Klopapier und Mehl gehortet?
Never ever. Weder diese noch andere Dinge.  
Wie primitiv der Mensch denkt und handelt, konnte man, denke ich, recht gut in den vergangenen Monaten studieren. 

Haare länger oder kürzer?
Wieder länger, aber ich glaube, ich will sie gar nicht mehr länger. Ich glaube, dass das zu mir nicht mehr passt. Dafür lasse ich mir erstmals seit vielen Jahren den Pony rauswachsen und auch die Augenbrauen wieder dichter werden. Der Mann hat so lange darum gebeten, dass ich mich nunmehr doch mal auf das Experiment einließ. Ich fand ja meine Augenbrauen nie wirklich dünn, aber wenn er meint.. Dass es vor allem aber auch immer noch mir gefällt, darauf achte ich aber nach wie vor ;) 

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Also ohne Lesebrille wirds tatsächlich zunehmend schwieriger, kleiner Gedrucktes zu lesen. Alles andere funktioniert nach wie vor gewohnt gut.
Was bin ich da jetzt eigentlich? Weitsichtig? Diesen Unterschied kann ich mir irgendwie nie merken.

Mehr ausgegeben oder weniger?
Mal mehr, mal weniger. Mit dem Jahresschnitt bin ich tatsächlich zufrieden, auch wenn der Mann mir erst heute wieder beim Milchkaffee vorrechnete, wieviel ich hätte verdienen können, würde ich mich 2014 nicht auf das Home Office Projekt eingelassen, sondern in seiner Firma mit angefangen haben. 
Die Zahlen mögen ja tatsächlich verlockend erscheinen, aber trotz allem: Geld ist nicht alles. (Das kann ich zumindest jetzt und in meiner aktuellen Position so sagen, weil ich mir eine erarbeitet habe, von der ich auch ganz gut leben kann. Aber auch ich hatte schon ganz, ganz andere Zeiten, vor allem die, in der ich alleinerziehend war und lieber zahlte als den eigenen Anspruch durchzusetzen, aus verschiedenen Gründen.) Und weil ich mir 2014 erlauben konnte, darüber nachzudenken und mich für die Home Office Variante des bisherigen Unternehmens zu entscheiden, hatte und habe ich die Möglichkeit, nicht nur finanziell für meine - damals finanziell noch nicht selbständigen - Jungen zu sorgen. Sondern auch mental und physisch für sie da zu sein, gerade auch für den Älteren. Die Zeit hat bewiesen, dass es gut so gewesen war - und derzeit immer noch ist. Das ist etwas, das ich mit einem doppelten Verdienst nicht aufwiegen kann. Ich hätte es mir niemals verziehen. Und das weiß ich, weil ich mir bis heute etwas nicht verzeihen kann.

Höchste Ausgaben? 
Öhm... 
Wobei ich sagen muss: Noch im letzten Jahr versenkte ich ziemliche Summen bei iTunes. Musik ist einfach mein Leben.. In diesem Jahr teilen der Mann und ich uns erstmals einen Musik-Stream-Account (Ich hatte erst den richtigen Namen drin stehen, hab ich aber wieder rausgenommen, sonst muss ich eingangs ACHTUNG: WERBUNG! schreiben - und auf so einen Scheiß habe ich keinen Bock). Der kostet uns beide gemeinsam jedenfalls fünf Euro monatlich. Seitdem muss ich nicht mehr jeden einzelnen Titel kaufen. Unterm Strich spare ich damit vermutlich eine nicht unbeträchtliche Summe, die ich zum Beispiel für mehr Milchkaffees in der Sonne aufwenden kann :) 
Geliebte Herzensfreundin, wenn Du das hier liest: Ist Dir eigentlich bewusst, dass wir uns zuletzt auf dem Weihnachtsmarkt gesehen hatten? Weißt Du eigentlich, dass das eine verdammt lange Zeit ist? Und wusstest Du, dass ich kein Single-Genuss-Trinker bin? 

Arztbesuche?
In diesem Jahr wieder etwas mehr - aber ich versuche nach wie vor, nicht wieder in diese Mühle zu geraten wie vor zwei Jahren. Mich nicht mehr zu verzetteln und damit meine Zeit nicht nur von einer Erkrankung bestimmen zu lassen, für die es nach wie vor keinen Namen und damit vor allem leider auch keine Lösung gibt. An dieser Stelle bedanke ich mich wirklich ganz von Herzen für Euch zwei Leser, die mir via E-Mail einige Anregungen und vor allem Angebote geschickt haben. Das letzte las ich hier im Urlaub - und die Beantwortung hebe ich mir für die Tage nach meinem Urlaub auf, wenn das in Ordnung so ist. 
Mich freut das wirklich sehr, wenn Menschen Anteil nehmen und reagieren - und ich hoffe ganz sehr, dass es nicht als undankbar empfunden wird, wenn ich mich entweder dagegen entscheide - oder mir sage "Für den Moment noch nicht". 
Es war 2018, das Jahr, in dem alles noch schwieriger wurde als es ohnehin schon war - und ich vor allem deshalb unbedingt nach Lösungen suchen musste. Dass mich das aber auch - auch ob der vielen Niederschläge - ganz schön ausbrannte, habe ich dann so Mitte 2019 gespürt - und die Notbremse für mich gezogen. Ziehen müssen. Was auch immer in meinem Körper steckt - daran kann ich zumindest nicht sterben, ganz gleich, wie schwierig sich der Alltag damit manchmal auch gestaltet. Und in dieser Position kann ich es mir durchaus leisten zu sagen "Ich muss eine Pause einlegen" oder "Ich muss priorisieren". Mir zu sagen, dass ich vor allem ein Mensch bin, der sein Leben genießen will - und nicht die ganze Zeit damit zubringen will, nach Diagnosen, Lösungen oder Erleichterungen zu suchen - und es mir im Gegenzug nur immer noch schwieriger zu machen.
Der Mann sieht das ja ganz anders. Er ist jemand, der sagt "Problem erkennen, Strategie zurechtlegen, Problem angehen, Problem lösen." Das ist vermutlich auch richtig so. Aber.. 16 Jahre Kampf.. Man kann sich nicht immer nur mit einem Problem befassen, wenn es sich eben nicht so einfach lösen lässt.

Verliebt?
Ja. Das bin ich tatsächlich. Immer noch und immer wieder neu.

Getränk des Moments?
Muhaha!

Essen des Moments?
Der Mann hat mir einen Gurken- und Tomatenteller zelebriert und jetzt wird er langsam sauer, weil ich auch nach über einer Stunde immer noch keinen Hunger habe, eigentlich. Ihm zuliebe werde ich den Post aber langsam mal dem Ende zukommen lassen - und mir stattdessen sein liebevoll dekoriertes Gemüsebeet schmecken lassen. Jetzt, wo ich weiß, dass mein Junge seine OP gut überstanden hat, zwar aktuell nach wie vor am Tropf hängt, aber nun alles - so Gott will - in Ruhe heilen kann und will, schmeckts gleich besser. 

Most called persons?
Meine Jungen. Nach wie vor und vor allem in diesen Tagen, wo sich für einen alles ändert und der andere das weiche Netz der Familienbande beansprucht :) 

Die schönste Zeit verbracht mit?
Nicht nur mit den Menschen, die ich liebe. Vor etwa zwei Wochen besuchte ich beispielsweise nach ewiger Zeit eine Freundin - und blieb viel länger als ich eigentlich geplant hatte. Ich habe keine einzige Sekunde davon bereut, im Gegenteil. Ich habe mich unendlich wohl gefühlt - und möchte sie auch bald wiedersehen. 

Die meiste Zeit verbracht mit?
..Musik. 

Song des Moments?
Den da oben im Dauerrepeat, solange ich an diesem Post schreibe. Ansonsten habe ich keinen speziellen. Ich kann mich wie immer nicht auf nur einen einzigen Song festlegen. Und habe mir neben der "Car List" auch eine "1th" angelegt, wo nur wenige Titel drin sind, die ich aktuell am liebsten höre. Die kann ich mittlerweile auswendig. 
Übrigens hat der Mann heute Morgen, während ich unter der Dusche stand, seine eigene Playlist angeworfen - Italo-Hits aus den 80ern. Irgendwo dazwischen hatte sich eine Band gemogelt, wo ich den Mann fragte "Modern Talking? Dein Ernst jetzt?" Er dachte erst, ich würde etwas verwechseln - aber zu meiner Schande musste ich mitsingen und konnte fast alles auch immer noch auswendig. "Atlantis is calling", na wenn Atlantis ruft, dann singt man halt mit..

CD des Monats?
Ich kaufe/ höre schon viele Jahre keine CDs mehr.

Buch des Jahres?
In diesem Jahr nicht gelesen - aber "Ein ganzes halbes Jahr" war mein Buch, bevor ich den Film dazu sah. Ein anderes ging mir kaum so unter die Haut. Weil ich mich mit kaum einer anderen Protagonistin so identifizieren konnte. 
Ansonsten verhält es sich ähnlich wie mit Film und Musik: Mir gefällt vieles. 

Konzert des Moments?
Das geplante Weihnachts-Konzert von City fällt in diesem Jahr leider aus. 

TV-Serie des Moments?
Suits!

Erkenntnis aus sieben Monaten?
Die meisten von uns können verdammt froh sein - aber interessanterweise jammern gerade die am meisten. 

Dinge, auf die ich verzichten musste?
Ich zähle mich zu den wenigen Glücklichen, die tatsächlich auf wenig verzichten mussten. Dafür bin ich wirklich echt dankbar. 

Nachbar des Moments?
Ich mag unseren Nachbarn, auch wenn es manchmal laut ist da drüben oder abends der Zigarettenscheiß ins unser Schlafzimmer zieht, weil sein Balkon gleich neben unserem Schlafzimmer ist. Aber ich mag ihn. Ich glaub, das ist echt ein ganz Netter. Ein schräger Vogel, aber für die hab ich eh ne Schwäche :) 

Deine Meinung zu Corona-Regeln und Grundrechtedemos?
Habe ich hier, glaube ich, schon einige Male zu Papier gebracht. Reicht. 

Beste Idee/ Entscheidung?
Niemals aufzugeben.

Bester Moment allein?
Immer dann, wenn ich die Kopfhörer aufsetze. Dann bin ich in meiner eigenen Welt - und bin da, wo ich immer sein wollte..

Schlimmstes Ereignis?
"Wir sind mittendrin" - las ich als Beantwortung auf diese Frage. Und wunderte mich.. Weil.. Letztlich denke ich, haben wir tatsächlich eine Menge Glück gehabt. Du hast niemanden verloren, Deine Kinder sind gesund, Du bist gesund. Ich denke, die allermeisten von uns können das von sich sagen.. Oder? Und auch mit Einschränkungen hast Du immer noch etwas ganz Wertvolles: Dein Leben. In dem Du Dich zurechtfindest und Dir eine neue, andere Komfortzone zurechtbastelst. Ja, ich verstehe, was Dir noch immer fehlt zu Deinem ganz privaten Glück - aber wo immer ich mich umschaue... Begegnungen sind immer möglich, auch jetzt. 
Für mich wäre das Schlimmste, wenn ich eins meiner Kinder verliere. Das könnte ich nicht aushalten. Für alles andere findet sich immer ein Weg und hoffentlich jemand, der einem beisteht. 

Schönstes Ereignis?
Wenn sich die Jungen nach Wochen wieder miteinander vertragen - und einer auf den anderen bauen kann, wenn es drauf ankommt. Da geht mir das Herz auf. 

Die Corona-Ära mit einem Wort?
GebtdemAlltagbitteauchwiederandereThemen!