Ich gehöre zu der Gruppe Menschen, die nicht nur am liebsten daheim in ihrem eigenen Bett schlafen (ich mag es, wenn der Geruch vertraut ist, ich mag die in der Mitte leicht ausgelegene Stelle, wohinein ich mich immer kuscheln kann, zusammengerollt wie ein Baby und mich wunderbar geborgen fühlend), ich gehöre auch zu der Gruppe Menschen, die auch am liebsten nur auf ihr eigenes Klosett gehen. Lieber warte ich noch ein oder zwei Stündchen länger und lasse mich dafür aber genussvoll nieder auf dem eigenen Keramikbecken.
Ich meine, man denke nur mal an die grauenvollen Plastikhäuschen an den Autobahnen, die dir insbesondere an heißen Sommertagen schlagartig den Atem nehmen, sobald du nur die Tür öffnest. Nee, ehrlich, da verschließt sich bei mir alles, da geht einfach gar nichts mehr. Ähnlich wie auf den Toiletten vom Kino oder so, wo ich "einfach nicht mehr kann", weil in der Kabine nebenan jemand ist, der mich vielleicht hören könnte und dem im Gegenzug ich zuhören muss.
Aber dann gibts ja noch die Kategorie der ganz anderen Art - und die durfte ich gestern Abend kennen lernen! Nach einem Besuch in einem persischen Restaurant (ich habe das noch niemals zuvor gegessen und war überrascht, wie ausgesprochen sanft & süßlich der Geschmack dieser Küche ist.) Und auch auf Nachfrage wurde erklärt: Die iranische Küche ist im allgemeinen tatsächlich so, scharf wird dort eher nicht gekocht. Also wirklich lecker, wirklich zu empfehlen, kann man ruhig mal ausprobieren. Nur auf deren Toilette... sorry... irgendwie... nee, dahin mochte ich mich nicht zurückziehen. Weiß auch nicht wieso, sie werden dort schon kein Loch in die Erde gegraben haben, wie ja im allgemeinen üblich, aber dennoch... Zog ich es vor, lieber auf die nächste Location zu warten, von der es schon im Vorfeld hieß: "...zieh dich schick an, dort wird das so gemacht." Ich bin ja eigentlich nicht so ein Mensch, ich mags eigentlich lieber studentisch angehaucht: Jeder rennt rum, wie er es mag, lässig, entspannt, offen.
Doch ließ ich mich schon aus Neugier entführen auf eine White Lady, die nicht nur lecker schmeckte, sondern mich endgültig daran erinnerte, dass ich eigentlich noch was zu erledigen hatte. Und so begab ich mich eine Etage tiefer in etwas, das ich spontan und ganz getrost als wahren Pisstempel bezeichnen konnte. Sowas hatte ich echt noch nicht gesehen.
Blank geputztes Marmor (ob die jedem Besucher hinterherrennen und nachwischen, kaum dass er die heilige Halle betreten hat?), indirekte Beleuchtung, schwarze Marmorwaschbecken, kunstvoll errichtete Pyramiden aus weißen Handtüchern, passgenau dekorierte Orchideen... Ein Ort der Stille, an dem ich beinah mein Spiegelbild mit "Sie" angeredet hätte und mich fragte, ob die bodenlangen Spiegel bewusst die Körper in die Länge zogen, nur um dem Spiegelbild zu schmeicheln und dich damit immer wieder gern wiederkommen zu lassen.
Und auch die Pinkelkabinen selbst... Also schon für das Wort gehörte ich gestraft, denn alles... war nicht nur picobello sauber, alles roch auch wunderbar aromatisch, wirklich, und jede Kabine war auch einzeln gemäuert. Da hörste nix vom anderen und die anderen hören auch nix von dir!
Freie Fahrt!
Beinah hätte ich angenommen, sogar melodisch ins Becken zu pieseln, nur um dann doch in letzter Minute festzustellen: Nein, die Melodie kam von irgendwoher, jede Aktion hier wurde untermalt von sanften, unaufdringlichen Klängen gleich dem leisen Murmeln & Plätschern eines Baches.
Nicht schlecht, wirklich, so dass ich mich schlussendlich genötigt fühlte, das Waschbecken nach dem Händewaschen nachzupolieren und überlegte, ob ich mir den nächsten Cocktail statt in der zugigen Bar nicht doch lieber hier unten servieren lassen sollte. Aber dann hätte ich ja das Schauspiel verpasst, das sich mir in der Bar bot: Ein Pärchen, das sich bei jeder Gelegenheit die Zunge in den Hals steckte und ansonsten sonderbar distanziert wirkte. Wie eben Pärchen, die sich gerade erst kennen gelernt hatten und noch mit einem letzten Aperitif die letzten Hemmungen hinwegtrinken wollten. Oder ein anderes Pärchen, wo sie - bunt bemalt, kurz berockt und mit sündhaft hohen, dünnen Absätzen und obendrein vermutlich schlappe fünfzehn Jahre älter als er - derart müde mit den Augen klapperte, dass ich krampfhaft der Versuchung widerstehen musste, ihn aufzufordern, den letzten Drink zu zahlen und die gute Dame ins Bett zu schaffen. Ich meine, bei einem solchen Schauspiel verlässt man doch gern einen so dekadenten Pisstempel und genehmigt sich statt eines weiteren Cocktails einen lecker Kaffee, nur um wachzubleiben ;-)
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