Sonntag, 13. November 2011

ich bin am leben

...könnte ich singen - nach dem (mehr oder weniger) gleichnamigen Song von Rosenstolz.
Wobei ich momentan eher einen anderen bevorzuge...


Vor einigen Tagen sah ich eine Reportage über Liebe, Freundschaften, Bekanntschaften. Und hörte darin zum ersten Mal das Wort "Entwicklungsabschnittsbegleiter". Na ja. Wenn Ihr mich fragt, empfinde ich es eher als ein Unwort des Jahres. Gleichwohl machte ich mir bis heute so meine Gedanken darüber.
Heute, als ich an diesem so wunderbar sonnigen Nachmittag so lange durch die Straßen lief, scheinbar ziellos, scheinbar planlos, in der Tasche den iPod, in den Ohren die Stöpsel, die Hände in den Manteltaschen, um die Knie flatterte das Kleid und mit den Stiefeln raschelte ich beinah mit der Hingabe eines Kindes durch das Laub,  während eine vielleicht Vierjährige mir begeistert dabei zusah, mich anstrahlte und gleichsam mit mir durch das Laub sprang, nur um anschließend zu Mama und Papa zurückzulaufen, sich noch einmal umzudrehen und mir nachzuwinken - da dachte ich einmal mehr an jene Sendung und dachte zugleich so für mich: "Vielleicht ist es so. Vielleicht müssen wir ja nur irgendwie akzeptieren, dass Menschen in dein Leben treten und dass sowohl sie dich begleiten als auch du sie nur für einen mehr oder minder wichtigen Abschnitt im Leben begleitest. Und dass jedoch trotz alledem nur die wenigsten Begegnungen dafür gemacht sind, für ein Leben lang ihren Platz in dir und bei dir zu haben. Die wenigsten - aber die wichtigsten."
Ich weiß nicht, ob dem wirklich so ist, ich habe darauf die Antwort noch nicht gefunden. In den vergangenen Tagen habe ich die Zeit gebraucht und mir diese Zeit genommen, um über so vieles nachzudenken. Und mich letztlich auch zu befreien. Sogar diesen Blog hier zu löschen, das hatte ich ernsthaft erwogen. Nun bin ich froh, dass ich es nicht getan habe. Ich hätte es bereut, sehr sogar.
Gleichzeitig jedoch empfinde ich einmal mehr eine unglaublich tiefe Dankbarkeit für die Menschen, die  sehen, hören, erkennen, ohne dass ich mich erklären muss - und die einfach nur da sind. Es ist nämlich gar nicht so leicht, mit bereits eingeknickten Beinen loszugehen und erst lange um Hilfe zu bitten. Dann - zumindest bin ich so ein Mensch - wünsch ich mir, dass mir der Arm unter die Schulter geschoben wird, nur um mir erst einmal wieder Halt zu geben.
Bevor ich heut Nachmittag das Haus verließ, hatte ich mir das nachwachsende Haar zusammengesteckt und den Mund blutrot bemalt und zum ersten Mal seit etlichen Tagen festgestellt, dass mir das wieder Freude zu bereiten begann. Und so lief ich so lange draußen herum, bis die Sonne unterging, es Abend wurde und das Lokal am Strand schloss, bevor ich mir noch eine heiße Schokolade erbitten konnte. Dafür jedoch entdeckte ich in meinem Spiegelbild die geröteten Wangen, die leuchtenden Augen und während ich mir nunmehr das Badewasser einlasse, empfinde ich mit völligem Bewusstsein dieses positive Gefühl, noch immer müde zu sein - und gleichwohl zu spüren: Es wird besser, mit jedem einzelnen Tag.

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