Montag, 6. August 2012

édition el!es Oder: Das Leben im Spiegel

Was reizt mich am Schreiben?

Das Spiel mit dem Wort. Das Zusammenfügen von Wörtern, die im Kopf und in der Seele Bilder erzeugen. Bilder, die es vermögen, in dem anderen etwas hervorzulocken, ihn mitzunehmen in meine Welt oder in die Welt, in die ich mich gelegentlich, tags oder nachts, zurückzuziehen mag..
Es fasziniert mich, meine eigene Sehnsucht, meine eigene Liebe zum Leben und zum Lieben in Worte zu kleiden und ich glaub, es gibt für jeden, der schreibt, kaum einen größeren Moment als den, wo er sieht und hört, was er im Leser bewirkt..

Für mich ist das Schreiben pure Lust, pures Leben, auch Ventil und Mittel, um die eigene Achterbahn wieder in ruhigere Bahnen zu lenken..
Nicht zuletzt auch deshalb hatte mich einst meine Freundin wieder und wieder ermuntert: "Mach was, schreib was, tu was...", obschon ich ja irgendwie immer geschrieben habe, seit ich das Buchstabieren erlernte. Sicherlich lache ich heute über das, was ich bereits in der zweiten Klasse in die Heftchen schrieb, damals noch mit Füllfederhalter, und hach ja, ich liebte es total, ein neues Heft zu beginnen, es zu füllen...


Letzte Nacht, auf der Suche nach eigentlich etwas ganz anderem, stieß ich auf diese Seite, auf édition el!es, und war mir zunächst gar nicht bewusst, dass dies eine Seite ausschließlich von Frauen für Frauen ist. Ich las zu Beginn lediglich, dass man hier seine Manuskripte hinsenden und "begutachten", mit viel Glück auch veröffentlichen könnte, und ich dachte mit zunehmender Begeisterung an die zwei Werke, an die ich außerhalb von diesem Blog schreibe..

Erst mit den Bedingungen, die an das Einsenden jeglicher Werke geknüpft waren, erkannte ich:
Hier sind ausschließlich Frauen gewünscht, die über die Liebe zwischen Frauen schreiben.
Dass man mich nicht falsch versteht: Für mich ist es nicht wichtig, ob eine Frau einen Mann oder eine Frau liebt; ob ein Mann eine Frau oder einen Mann liebt, ob Menschen promiskuitiv oder völlig enthaltsam leben. Ich be- und ich ver-urteile es nicht. Für mich ist nur wichtig, dass man am Ende (s)eines Lebens zurückschaut und jenen unverwechselbaren Glanz in den Augen besitzt, den nur die Menschen haben, die in ihrem Leben erfüllt gelebt und geliebt haben - und sich ihres eigenen Wertes vollkommen bewusst (geworden) sind.
Letztlich muss ich auch zugeben, dass beim Lesen dieser Bedingungen spontan eine Geschichte in meinem Kopf entstand, die ich sicherlich zum Thema hätte beitragen können oder wollen. Auch wenn ich in meinem Leben niemals eine Frau geliebt habe und mir auch überhaupt nicht vorstellen mag, eines Tages von einer Frau berührt zu werden. Es gibt Freundinnen, die sitzen zusammen in einer Badewanne und schlafen gemeinsam in einem Bett, ohne dass auch nur irgendeine Sexualität zwischen ihnen entstehen kann; sie tun es einfach nur, weil sie sich unglaublich vertraut sind.
Das ist auch etwas, das ich persönlich zum Beispiel niemals könnte: mit einer Frau eine solche Intimität zulassen. Das kann ich nur mit einem Menschen, dem mein Denken, mein Fühlen, mein Sehnen gehört - und dieser eine war und ist immer nur ein Mann.

Jedenfalls, was ich sagen will: Egal, wie ich selber persönlich lebe und liebe, meine Gedanken sind frei und ich hätte mich wohl doch schon ganz gern den Redakteuren und Betreibern dieser Seite vorgestellt.
Allerdings fiel mir bei den Einsendebedingungen ein Punkt ins Auge, der mir doch irgendwie... sehr eng gefasst schien und mir spontan das Gefühl vermittelte, dass der eigenen Phantasie deutliche Grenzen gesetzt wurden:

„2. Bitte beachten Sie, dass die Hauptfiguren des Romans ausschließlich Frauen sein sollten. Männer sind erlaubt, aber nur als Nebenfiguren, und der Roman sollte nicht mit einem Mann beginnen. Unsere Leserinnen möchten eine Welt voller Frauen, möglichst ohne allzuviele Männer oder allzu viele Bezüge zu Männern wie beispielsweise eine Frau, die gerade erst entdeckt, dass sie lesbisch sein könnte. Die Figuren sollten möglichst bei Beginn des Romans schon lesbisch sein. Es wäre von Vorteil, wenn die Teilnehmerinnen vor der Teilnahme am Literaturpreis ein paare el!les-Bücher gelesen hätten, um sich mit dem Stil und den Inhalten des Verlages vertraut zu machen.

3. Eine Länge von mindestens 60.000 Wörtern (höchstens 75.000) und ein Happy End sind für den Roman zwingend erforderlich.“ … (Quelle: http://www.elles.de/index.php?option=com_content&view=article&id=608)

Ehrlich gesagt… jegliche Ideen in meinem Kopf waren eingestürzt wie ein Kartenhaus, erstarb die Lust am Schreiben, am Ideen entwickeln und umsetzen. Mit der Thematik an sich konnte ich umgehen, auch mit der Begrenzung der Textfülle. Mir ist schon durchaus bewusst, dass man kein zehnbändiges Werk einsenden sollte. Zumindest nicht an dieser Stelle.

Dass jedoch ein Mann so überhaupt gar keine Rolle spielen darf (funktioniert die Welt ohne einen Mann? Eben nicht!), dass obendrein schon die Struktur des Buches (Beginn und Ende) und vor allem auch das Ende (Happy End zwingend erforderlich) vorgeschrieben werden – das ließ für mich jegliche künstlerische Freiheit vermissen. Ich meine, hallo, das ist doch weltfremd. Im wahren Leben gibt es auch nicht immer ein Happy End – und trotzdem gab es eine wunderschöne Liebe, eine wundervolle Zeit, und auch wenn man eines Tages einen anderen Weg wählte, gab es Gründe dafür und bleibt das, was man erlebt hatte, noch  immer eine Geschichte, die es zu erzählen erlaubt ist.

Und auch wenn diese Bedingungen im Konjunktiv aufgestellt sind, so empfinde ich sie doch als subtiles Mittel, mich in eine Richtung zu drängen, in die ich mein eigenes Werk vielleicht gar nicht bringen wollte, aber doch sollte..
Ehrlich gesagt, damit kann ich nichts anfangen. Und ich habe die Seite wieder geschlossen, ohne mir ein Lesezeichen zu setzen. Offen gestanden, hatte ich auch keine Lust mehr auf die Leseproben. Wie ähnlich sich die Geschichten doch sein mussten und schon zu Beginn eines jeden Buches würde man wissen: Egal was kommt, zum Schluss kommt das Happy End. Wie langweilig.
Das wäre ja fast vergleichbar mit dem Wunsch, den ich als Kind hegte: in einen Spiegel schauen und sehen dürfen, ob mein Leben in 20 Jahren ein glückliches und erfülltes sein würde.

Inzwischen bin ich echt froh und dankbar, dass es so etwas nicht gibt und ich spar mir auch den Weg zu einer Wahrsagerin oder sowas. An die glaube ich nämlich wirklich (wenns eine „Richtige“ ist ;)) und ich möchte gar nicht mehr wissen, was das Leben für mich bereithält. Ich finde es viel aufregender, jedem Tag neu zu begegnen und Neues zu entdecken und diese zuweilen beinah kindliche Freude und Vorfreude, diese Neugier bewahren zu können.
Tut mir also leid, Mrs. El!es. Ich wär gerne bei Euch gewesen, aber das.. ist mir dann doch zu wenig. Mit uns gibt’s kein Happy End. Ich bekomm schon noch das Meinige. Woanders halt. That's life. And that's reality.


Quelle Bild: http://www.reuffel.de/annot/4B56696D677C7C31383035303830307C7C434F504C.jpg%3Fsq%3D2%26width%3D300%26height%3D288%26title%3DWomen%2520only,%25201%2520Audio-CD

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