Ich schreibe diese Zeilen, während Du in einem Raum liegst, um Dich herum ein Gewusel aus Operateuren, Schwestern - und mit Deinem Mann neben Dir, der Dir vielleicht ein wenig die Nervosität, die Angst nehmen kann. Was Dich erwartet, kennst Du schon. Du hast das alles schon mal durchlebt - und Du hast einen Job, der Dich alle Risiken wissen lässt, mehr als vielleicht jedem anderen, und dieses Wissen gepaart mit Deiner unfassbar sensiblen Seele lässt Dich mir schreiben, dass Du geweint hast heute Morgen vor Angst.
Liebe J., in Gedanken bin ich neben Dir, ich lege meine Hand auf Deine und erzähle Dir von irgendwelchen Dingen, auf die Du Dich gar nicht konzentrieren kannst, die an Dir vorbeiwabern.
Einmal mehr erinnere ich mich an den Moment, als ich Deine Anzeige fand - "Fahrten von Frauen für Frauen", meine letzte Chance an jenem Tag, eine Mitfahrgelegenheit zu ergattern. Wie froh ich war, als Deine Zusage kam. Wie herrlich wohl ich mich vom ersten Moment an neben Dir fühlte, vor allem, als Du mich fragtest: "Stört es dich, wenn ich was esse?" und ich lachte verwundert: "Hä? Ne! Ist doch dein Auto!" und dann packtest Du eine Butterbrotdose aus, wie wir sie alle noch von früher kennen, als wir in den Kindergarten gingen.
Von Anfang an hatten wir irgendwie einen Draht zueinander, wir konnten erzählen und uns im Erzählten des anderen eins zu eins wiederfinden. Irgendwie war selbstverständlich, dass wir uns nicht nur zum Pendeln trafen, sondern recht schnell auch zum Shoppen oder ins Kino gehen.
Deinen 30. Geburtstag wolltest Du mit mir irgendwo feiern - und wir entschieden uns für einen Trip an die Küste. Wie herrlich das war! So ungezwungen alles, so herrlich unperfekt. Keine wochenlange detaillierte Planung im Voraus, keine Zettel "Was nehme ich alles mit". Deine Buchung, Du steigst am Tag X zu mir ins Auto und irgendwann auf halbem Weg fragst DU MICH, wie wir eigentlich überhaupt in die Unterkunft kommen?
Wir sind uns so derart ähnlich, unser beider Leben ist derart ähnlich, nur zeitversetzt, dass ich so oft denke, wenn ich Dir zusehe, dann sehe ich mir selber zu, wie das bei mir vor rund 20 Jahren war.
"Ist das deine Schwester?" wurde ich öfter gefragt, wenn ich Bilder von uns zeigte.
"Ich habe doch gar keine Schwester."
Ähnlichkeiten in unserem Leben sind manchmal derart frappierend, dass ich eine Gänsehaut bekomme.
So wie gestern Abend, als mir erst durch Deinen Hinweis bewusst wurde, dass am 28.03.2001 das Herz meines Kindes in meinem Bauch aufhörte zu schlagen - und dass Du am 28.03.2018 Dein zweites Kind bekommen wirst.
Wahrscheinlich ist der Kleine jetzt inzwischen da, hat zum ersten Mal mit einem Schrei diese Welt begrüßt und man hat Dir gesagt, dass alles gut und der Kleine rundum gesund ist. Das wünsche ich Dir und Deiner kleinen Familie von ganzem Herzen. Ich wünsche Dir und Euch ein buntes, fröhliches Leben, vor allem ein einfacheres, ein entspannteres Leben - und ganz vor allem ein gutes Miteinander.
2 Kommentare:
Es ist so wunderbar, Menschen zu haben, mit denen man im Einklang ist, mit denen man sich mit Worten (im Auto) und ohne Worte beim Essen versteht.
Es wäre also ein drittes Kind geworden, das nicht leben wollte oder konnte.
Manchmal sind die Übereinstimmungen von Ereignissen wirklich frappierend.
Liebe Grüße zu dir
oh, ich habe vergessen, die Folgkommentare anzuklicken.
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