Dienstag, 7. Juli 2020

Schlussakkord - End of Story

"Können wir kurz reden?" fragte sie und ich antwortete "Ja, ich bin nur grad unterwegs, kein Problem."
Sie sprach mit mir die letzten Ergebnisse durch, widersprach auch ihrer Information von letzter Woche. Da arbeiteten die Nebennieren zu wenig. So wenig, dass sie medikamentös nachhelfen wollte und mir das Rezept auch schon vorsorglich mitgab. Diese Woche heißt es: Alle Werte sind top. 
Ob ihr der Widerspruch bewusst war, habe ich sie nicht gefragt, ich habe einfach nur zugehört. Und eigentlich ist es ja auch immer gut, wenn etwas gut ist. 
Dass ihre Untersuchungen aber nunmehr abgeschlossen sind, alle Werte super sind und ich das Rezept von letzter Woche entsorgen kann und soll, dass ich mich - wenn ich möchte - irgendwann wieder vorstellen kann zur Nachkontrolle - und dass wir uns sonst nicht mehr wiedersehen (müssen). 
Vielleicht hatte ich im Erstgespräch etwas missverstanden oder fehlinterpretiert, kann schon sein. 
Als sie sagte, sie möchte alles neu aufrollen und anschauen. 
Nun also doch nicht. 
Ich könnte ja alles nochmal rheumatologisch und neurologisch abklopfen lassen, empfiehlt sie mir. Doch die Fäden wird nicht sie in den Händen behalten. 
Sie wird eine Zusammenfassung an den Hausarzt schreiben. Soll der halt gucken, ob und was gemacht wird. 
"Das Cortison hat gewirkt, na gut, aber Cortison wirkt ja auch auf den Bewegungsapparat, von daher ist das nicht ungewöhnlich."
Ungewöhnlich nicht. Nur dachte ich, es sei richtungsweisend. Zumindest das hatte der Hausarzt vor Wochen zu mir gesagt. Aber vielleicht habe ich den ja auch missverstanden. 
Für den Moment aber trank ich nur meinen Kaffee zuende, ordnete die hin-und-her-Gedanken, bis ein aufblitzendes Rotlicht mich aufrüttelte.
Verdammt.
160 statt 120 - das wird lustig. Ne, teuer. Und sportlich.

Der Mann raufte sich das Haar.
"Wieso telefonierst du während der Autofahrt??"
"Äh... Ich hab ne Freisprech?"
"Ja und?? Aber es lenkt ab, das hätte doch auch warten können, bis du angekommen bist."
"Ja nun.. Ich wollt halt schon wissen, wie es weitergeht." Nur dass es nun eben nicht mehr weitergeht. 
"Na toll. Aber wir müssen jetzt leiden!"
"Äh.. WIR?"
"Natürlich WIR! Wie machen wir das jetzt mit dem Urlaub und mit dem Wocheneinkauf?"
Ach sooooo! Na wenns nur das ist... könnenmer ja beruhigt sein.
"Keine Sorge. Soo schnell kommt der Bescheid nicht, immerhin fahren wir schon Freitag. Erstmal krieg ich ne Anhörung und eh dann der Bescheid kommt, ist der Urlaub längst vorbei. Und den Einkauf... Ist ja nun dem Kummer sein Kleinster."
"Und du kannst dann vier Wochen nicht pendeln."
"Ja dann hast mich halt vier Wochen lang am Hals."
Und die Jungen werden das auch überstehen. Sohn II verdient inzwischen ein paar Hunderter mehr als ich. Und für Sohn I hatte ich die Steuer fürs letzte Jahr gemacht gehabt, dürfte sich frei nach Adam Riese noch mehr lohnen als die zwei Jahre davor und schon für die gabs nen warmen Geldregen. Den Rest kriegen sie auch alleine gebacken. 



Aber ich... Ich sitze jetzt hier in der Küche, vor mir der Laptop, neben mir auf dem Herd schmurgelt das Abendessen für den, der grad zum Sport los ist, und für den, der miesgelaunt in seinem Zimmer die Stimmung auslüftet. Nachdenklich sitze ich hier und irgendwie.. tut es auch weh. Auch wenn ich mir im Vorfeld immer und immer wieder mantramäßig eingetrichtert hab: "Keine Erwartungen! Keine Hoffnungen!"

Ich muss mich einfach damit abfinden, dass es keine Lösung geben wird. 

Ich will keine Wege mehr gehen und nichts mehr ausprobieren. Ich hab wirklich, wirklich genug. 

Es ist wie es ist. So lange, wie es geht, gehts. Und wenns nicht mehr geht, dann werde ich eben strunzdumm sterben, aber eben nicht zweihundertjährig. 

Und mit diesem Gefühl muss ich grad alleine klarkommen. Werde ich auch.
End of Story.




9 Kommentare:

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Ach Helma, dir könnte nur ein Wunderdoktor helfen - und die sind leider ausgestorben. Aber chaotisch hört sich das tatsächlich alles an.
Bei der Blitzerei musste ich gleich an meine allererste Blitzerfahrung im Westen denken. Mit einem Freund fahre ich eine dicke Westberliner Hauptstraße lang - und plötzlich meine ich: "Huch, es zeichnet sich ein Gewitter ab, das war doch so etwas wie ein Blitz" Und er: "Ja, aber DU bist geblitzt worden!"
Alles Gute und lustigere Tage für den Urlaub wünscht euch
Clara
Das mit dem eventuellen Geldsegen war das einzige positive an der Steuererklärung.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Clara, ich will überhaupt nichts mehr - Wunderdoktor oder einfacher Doc, egal. Ich hab, denk ich, alles ausprobiert - und das mehrfach: Psychotherapie, Schulmedizin, Naturmedizin, Osteopathie, Physiotherapie. Tatsächlich deutlich und sichtbar wirksam waren nur die Eigenblut-Infusionen und die Cortison-Therapie. Beides - jeweils für sich gesehen - spricht für eine "Entzündung irgendwo im System, aber wo?", zumindest sagten das beide behandelnden Seiten. Aber keiner weiß, wo soll man ansetzen, wo kann man das Problem an der Wurzel packen, und was immer ich auch versucht habe, es hat nicht funktioniert.
15 Jahre sind genug.
Ich will nicht mehr kämpfen. Sondern wird laufen wie es eben läuft. Mal besser, mal schlechter. Und wenn die schlechteren Momente überwiegen, dann kann ich immer noch entscheiden, was ich tue.
Ich denke, was ich mir wünschte, war, dass es einer in die Hand nimmt, der die Fäden auslegt und am Ende aber in seiner Hand behält. Alle möglichen Informationen einsammelt und bewertet. So zumindest hatte ich das Prinzip des MVZ verstanden. Aber wie ich schon sagte: Möglicherweise habe ich da einfach etwas missverstanden oder falsch interpretiert.
Und wieviele Niederschläge kann man hinnehmen? Mir reicht das, was ich in 15 Jahren serviert bekommen habe.

Juna hat gesagt…

Umärmel. Ich bin sprachlos. Kann dich so gut verstehen, das ist ein so großer Kack.

Lappen: Sag dem Blauen, dass er sich freuen kann, wenn er Samstags zum Einkaufen fahren darf, dann ist die Fahrt dorthin mal langsam ;-)(ich erinnere an das Gespräch) die Jungs haben die ersten Wochen C auch ohne dich geschafft und der Urlaub wird euch guttun. Wasser oder Berg? Fühl dich feste gedrückt und meld dich, wenn du magst.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Juna, um Geld zu sparen, ist es versicherungstechnisch so gestrickt, dass mit dem kleinen Schwarzen nur ich fahren darf. Zumal ich den ja auch am meisten brauche.
Das heißt: Entweder dann künftig ganz dekadent mit dem Oldtimer zum Supermarkt (was vermutlich eher nicht der Fall sein wird) - oder wir zwei zu Fuß zu dem kleinen Supermarkt ums Eck und tragen. Gehen wir halt zwei-, dreimal die Woche - auch wenn ich das eher ungern tu. Einmal die Woche, ist eigentlich mein Prinzip ;)

Ohne mich kommen die zwei schon aus, nur der eine meldet sich immer erst dann, wenn die Kacke ganz kurz vorm Dampfen ist. Wie Samstag, als er meinte, er habe noch 15 Euro auf dem Konto - und Geld kommt erst am 15. Beim Girokonto dauerts etwa 2 Tage, ehe das Geld ankommt, also hab ich das Sparkonto bemüht, weil ich da kostenfrei und in Echtzeit überweisen kann. Und gestern wie auch bei der ersten Reise nach der großen C-Auszeit hab ich schon festgestellt, dass es ganz gut ist, öfter mal da zu sein. Was aber nichts mit Geld oder Ordnung machen zu tun hat. Grundsätzlich aber mache ich mir da jetzt keine Gedanken. Denn grundsätzlich schaffen sies allein. Auf jeden Fall vier Wochen lang ;)

Ich denke, ich werde Dir mal was auf Deine Mailbox quasseln. Dann kannst Du entscheiden, wann Du Dir das antust. Aber das mach ich auch erst, wenn mir bei dem Thema nicht gleich wieder das Wasser in die Augen steigt. Ich sammle erstmal e bissl Contenance.
Und der Urlaub ist natürlich am Meer. Was soll ICH in den Bergen? ;)

Anonym hat gesagt…

Guten Morgen Helma,
ich bin entsetzt.......wie kann das sein ?
Hat sie etwas verwechselt ?
Ehrlich gesagt fehlen mir die Worte....

Ich wünsche dir einen wunderschönen Urlaub,
schicke dir eine Umarmung und einen Sack voller Zuversicht daß alles gut wird,

lieben Gruß P

Anonym hat gesagt…

Zum Thema Auto: Meine Versicherung ist auch personenbezogen, allerdings darf ich zweimal im Jahr für 21 Tage eine andere Person kostenfrei mit in den Vertrag aufnehmen. Ich würde da einfach mal nachfragen ...

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Petra, ich hatte gestern Abend überlegt, Dir noch eine (ausführlichere) Mail zu schreiben. Im Sinne dessen, Dir davon zu berichten, aber ich war einfach nicht.. in der entsprechenden Verfassung.
Ob sie mich verwechselt hat, habe ich mich auch gefragt - ich weiß nur nicht: Hat sie mich beim ersten Test oder beim zweiten verwechselt?
Vielleicht hätte ich nachhaken sollen, aber.. Dann werde ich vielleicht noch als Patient empfunden, der unbedingt was haben will? Weißt Du... Hätte ich nicht ihr Rezept in meiner Tasche gehabt, dann hätte ich mich wirklich gefragt, ob was mit meiner Auffassung nicht stimmt. Aber ich hatte es ja - und habe es gestern in tausend Einzelteilen in die Mülltüte rieseln lassen.
Ich glaub, an der Zuversicht mangelt es nicht - aber ich gebe zu, dass es mich traurig macht. Und wenn ich ein, zwei Nächte drüber geschlafen hab, hab ich das auch wieder verdaut. Unabhängig davon danke ich Dir trotzdem sehr - vor allem für Deine Worte.

Und das mit der Autoversicherung - da muss ich tatsächlich mal nachhaken. Wenn das möglich ist, ist es generell gut zu wissen :)

Nova hat gesagt…

Liebe Helma, hatte mich auch schon für Dich gefreut... :( Irgendwann kommt vielleicht ganz unverhofft der alles entscheidende Moment / Tag. Ich würde es Dir sehr wünschen!!!

Mit Auto habe ich schon so gemacht, einen Monat lang jemanden in der Versicherung dazu genommen. LG

Grit hat gesagt…

Hallo Helma,
das kann doch jetzt nicht wahr sein. Es klang ja alles ein wenig zuversichtlich, dass Ihr Fall nochmal aufgerollt werden soll. Eigentlich sage ich es ungern, aber Hauptsache die Versicherungskarte ist eingelesen, der Patient*in fragt und sagt nicht viel und gut ist...der/die Nächste bitte, Zeit ist Geld. Kompliziertere Fälle gehen schon gleich gar nicht.... Ich kann das aus eigener Erfahrung so gut nachvollziehen wie Sie sich fühlen und das macht mich traurig.
Mit dem Führerschein abgeben, kenne ich auch :), vor 27 Jahren, 70km/h anstatt 50km/h gefahren und zu einem Date 🥰 unterwegs. Den Führerschein hatte ich damals noch gar nicht lange in der Tasche. 4 Wochen Fahrverbot, 3 Punkte in Flensberg und 250 DM. Werde ich nie vergessen.
Einen schönen Urlaub, fernab von allen Sorgen !!
Herzliche Grüße, Grit.