Freitag, 18. Februar 2011

Matthew Ryans American Dirt - Inspiration by Youngster

Nachdem ich mir bereits Mittwoch freigenommen und einige wichtige, zu lang aufgeschobene Termine erledigt hatte, orderte ich mir über mitfahrgelegenheit.de einen Fahrer und packte am Donnerstag Morgen meine Tasche. So mach ich das ja nicht zum ersten Mal, aber nunmehr war es das erste Mal, dass ich mit jemandem mitfuhr, der ausdrücklich sagte: "Du bist die einzige Mitfahrerin, ich hab soviel Gepäck, dass kein anderer mehr mitkommen kann."


Offen gestanden, schlief ich die Nacht zuvor nicht besonders gut. Mich plagte die Frage, ob ich hier auch alles richtig machte oder nicht doch besser die website durchforstete nach einer Mitfahrgelegenheit, die entweder weiblich oder mehrzählig war. Mein inneres Auge stellte eine Variantenbetrachtung nach der anderen an, ein Bild nach dem anderen tauchte da auf, Schlagzeilen in einer großen deutschen Blödzeitung von wegen "...noch unbekannte weibliche Leiche auf Rastplatz gefunden..." oder Szenarien wie: auf dem Rastplatz ausgesetzt wie einen räudigen Hund, aller Papiere und Geldkarten beraubt... oder ähnliches halt. Ehrlich, man kann sich da richtig reinsteigern und ich überlegte sogar: Lass ich die Kreditkarten daheim oder verstecke sie so im Reisegepäck, dass selbst ich sie möglicherweise nicht mehr wiederfinden würde? Ach Mensch, mir kamen so viele Warnungen wieder in den Sinn, die ich einst hörte oder auch in Boulevardsendungen vor Augen geführt bekam und fragte mich, ob auch ich eines Tages ein Fall für "XY - Ungelöst - Wir brauchen Ihre Mithilfe!" sein würde und wie viel Belohnung für den entscheidenden Tipp mein kleines, bescheidenes Leben wert sein würde. Mitten in der Nacht also schlug ich noch einmal die website auf, die Anzeige war noch geschalten, ich las noch einmal den Text, der überhaupt nicht bedrohlich klang, hui, ADAC-Mitglied war er auch und überhaupt und sowieso... Beruhigter sank ich in die Kissen zurück und schlief endlich ein, nur um am gestrigen Mittag völlig entspannt zu sein: Mir gegenüber trat ein junger, langhaariger Student in einem schnittigen Fahrzeug und einer Soundanlage, dass ich während der Fahrt ernsthaft in Erwägung zog, für die Fahrt nächste Woche an mein geliebtes Meer ebenfalls einen Mietwagen auszuleihen. Ich meine, die Mucke in meinem Player ist schon cool, aber wenn natürlich zwei von vier Lautsprechern bereits durchgekracht sind und die anderen beiden eher Knarzgeräusche denn wohlklingenden Sound von sich geben, dann kann ich damit zwar eine Fünfstundenfahrt locker überstehen (besser so als ganz ohne Mucke, ohne Mucke übersteh ich nicht mal den Weg zum Supermarkt) - aber Genuss... sieht dann eben doch anders aus.
Jedenfalls - wenn der Typ mich in einem erschreckte, dann eher höchstens damit, dass es sich hier um einen jungen Mann handelte, der in der Schweiz irgendwas mit Politik & Wirtschaft studierte, um später bei oder für die UNO zu arbeiten und noch davon träumte und vor allem daran glaubte, dass die Welt noch zu verbessern sei. Hui, bei sowas entstehen in mir ganz schnell Komplexe. Ich meine, ich, die von acht bis siebzehn Uhr in einem Büro maximal an der Verbesserung des Chef-Kontos wirkte, sich mit ihren Söhnen darüber stritt, ob Schularbeiten eine angemessene Ausrede dafür seien, für den Rest des Tages ausgiebig chillen zu dürfen und sämtliche haushaltliche Pflichten streng zu vernachlässigen und sich ansonsten auch gern mit Frau Dr. Gretchen Hase identifizierte sowie deren "niedere" Beweggründe, den Sinn des Lebens vor allem darin zu definieren, Liebe von sich selbst hinaus in die Welt oder wenigstens zum geliebten Menschen an der eigenen Seite zu bringen.
Und während ich mich noch fragte, ob ich jedweder Kommunikation standhalten könnte, ob ich ausreichend weltgeschichtlich informiert sei, um mich nicht zu blamieren, fanden wir bereits nach schätzungsweise zehn Minuten heraus, dass wir dieselbe Art von Musik liebten, dass wir vor allem Soundtracks liebten ("ach Mensch, ist das lustig, auf meinem Mäc sind etwa einhundertfünfzig Alben!"), dass wir zugrunde gehen würden, nähme man uns die Musik fort, dass ruhige Musik uns eher wieder zum Lächeln brachte, wenn wir selber gerade down waren, dass wir dieselbe Art von "gute Laune Musik" mochten, die uns in nullkommanix ein Lächeln ins Gesicht zauberte, dass wir eben beide noch daran glaubten, dass unsere Welt durchaus noch zu verbessern sei und dass wir beide entspannt genug waren, die Menschen und hier zum Beispiel meinen Kindern ihren Weg selbst finden zu lassen, ohne ihnen zu diktieren, was aus unserer Sicht das Beste für sie sei.
Von wegen tot auf dem Rastplatz liegen... 
Er mochte etwa so alt sein wie mein Großer und obschon meine Freundin ein paar Jahre älter ist als er, kam mir irgendwann der Gedanke, dass dieser junge Mann der perfekte Mann für diese Freundin sei. So entspannt, so sonnig im Gemüt - und ich verwette meinen Arsch darauf, dass sie innerhalb eines Jahres ein völlig gesunder Mensch geworden war, der das Lachen nicht verlernte und auch nicht aufsetzen musste. "Hast du seine Telefonnummer noch?" sprach meine Freundin, als ich ihr anschließend davon erzählte und wir lachten.
Jedenfalls - wir hielten  spontan an einem Rastplatz, er holte seinen Mäc hervor, ich meinen iPod und er gab mir soviel von seiner Mucke wie Platz auf dem iPod war. Mit einem Schlag war ich reich!!!!
Matthew Ryan ist eine Empfehlung von ihm, habe ich bis dato noch nicht gehört gehabt und die abgemixte Version, die ich Euch hier vorstelle, habe ich bei youtube gefunden. Total geil, wenn Ihr mich fragt. Das ist eben so Musik, wie ich es liebe, im flattrigen Sommerkleid, Strickpullover und barfuss ans Meer zu fahren, Scheiben herunter, Wind in den Haaren wuseln lassen und sie zu schmecken: Freiheit, Flügel, Fliegen...
Mein Fazit nach dieser Fahrt: Vorsichtig sein und bleiben ist immer gut - aber Mitfahrgelegenheiten sind nicht nur die preiswerteste Variante aller Reisemöglichkeiten - sie sind mitunter einfach auch ein Gewinn :-)

Quelle Song: http://www.youtube.com/watch?v=t4PDAUDJQxQ

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