Vor Jahren las ich mal eine Geschichte über eine Frau, die unglücklich in einen Mann verliebt war: Sie wollte ihn, er sie jedoch nicht. Sie besann sich eines Voodoo-Zaubers, ließ dem Mann - ich hab inzwischen vergessen, auf welche Weise - beibringen: Es gibt nur noch eine einzige Frau für ihn, nämlich sie selbst. Die Warnung der Zauberin, die Konsequenzen zu bedenken, schlug sie in den Wind: Sie wollte nur ihn, er war die Erfüllung all ihrer Träume und er und nur er sollte es sein.
Der Zauber wirkte, der Mann hing ihr fortan an den Fersen, er hatte nur noch Augen & Ohren für sie, seine Welt drehte sich nur noch um sie. Was sie zunächst als die Erfüllung ihrer Träume betrachtete, erwies sich alsbald als ein Fluch, der nur leider nicht mehr aufgehoben werden konnte...
Dieser Tage fiel mir diese Geschichte wieder ein und erinnerte mich an die Zeilen, die ich einst irgendwo las:
"Hüte dich vor deinen Träumen, sie könnten eines Tages wahr werden."
Oder, um es mit den Worten der Kürthy aus ihrem Roman "Höhenrausch" zu sagen:
"Manchmal wartet man so lange auf etwas, das man, wenn man es endlich hat, nicht mehr weiß, ob man es eigentlich noch möchte."
Ich glaub, das ging uns irgendwie allen schon mal so, oder? Na jedenfalls wenn es um das erste Paar selbstgekaufter Stiefel oder so ging. In meinem eigenen Leben gab und gibt es so oft Momente, in denen ich entweder gar nicht (wirklich) nachdenke und trotzdem handele oder aber... gleich ein Stück weit zuviel nachdenke und währenddessen gar nichts tu. Damit hab ich mir schon in der Vergangenheit nicht wirklich Freunde gemacht, aber die meisten haben es mir glücklicherweise verziehen. Es gilt also noch immer den goldenen Mittelweg zu finden und letztlich trotzdem immer darauf zu vertrauen, dass am Ende alles gut würde. Der Schlüssel zum Erfolg gleich welcher Art, da gibts ja nun wirklich ausreichend Publikationen über das Wie und so, soll bekanntlich genau darin liegen, auch oder insbesondere dann, wenn was schiefgeht.
Wusstet Ihr eigentlich, dass - zumindest der Wissenschaft zufolge (wobei ich mich immer frage, woher die bestimmte Sachen wissen können und warum sie davon ausgehen, dass das auch so stimmt?) - ein Mensch pro Tag etwa sechzigtausend Gedanken denkt. Ganz schön viel für so eine doch verhältnismäßig kleine Masse, wenn Ihr mich fragt. Ich hätte auf so vielleicht zehntausend geschätzt und mich allein damit schon wie Einstein gefühlt. Ich meine, hütet mal sechzigtausend Gedanken! Das ist doch schlimmer wie ein Sack Flöhe, oder? Also bei mir springt immer mal der eine dahin, der andere dorthin, manchmal ganz ohne meinen Willen, manchmal auch unter Aufbietung aller Willenskraft.
Aber ach - du sollst ja gar nicht deine Gedanken kontrollieren!
Du sollst einfach nur das Urvertrauen entwickeln und besitzen, dass nicht nur alles gut wird, sondern dass überhaupt auch alles gut IST. Komisch... Ich stehe fast jeden Morgen vorm Spiegel und denke "Schei... Ähm... Tscha-KAA - du bist jung, du bist erfolgreich, du bist stark!" Trotzdem bin ich nach wie vor ne kleine Büromaus im ewigen Clinch mit Bankhaus und Finanzamt, im ewigen Kampf um die wahre Liebe und bekam heut morgen obendrein einen Mordsschreck, als mir ein Foto gemailt wurde, heimlich aufgenommen im Büro vor wohl über einem Jahr, und ich mich auf den ersten Blick mindestens zehn Jahre älter schätzte.
"Löschen! Aber sofort!" Ich hab jetzt einfach mal Vertrauen darin, dass meiner unmissverständlichen Anweisung auch Folge geleistet wurde.
Ich meine, die Menschen, die mich kennen, bezeichnen mich schon als Optimisten und selbst mein Ex-Mann hielt mir einst zugute: "Ich brauch dich gerade deshalb." Andererseits.. frage ich mich schon manchmal.. wieviel Portion reales Leben mein Optimismus vertragen kann, um dauerhaft bestehen zu können. Hänge ich also deshalb noch im "Niemandsland", weil sich meine Gedanken und Gefühle nicht mehr so richtig einigen können, wohin sie sich nach Niederlagen, Fehltritten, Fehlentscheidungen, Fehlkäufen ;-) bewegen sollen? Ich sags ja... Schmetterling mit Bleischuhen..
Also einfach ausziehen, die Dinger, abwerfen den unnötigen Ballast? Ja wenn das denn so einfach wär... Obwohl ich das heut übrigens amüsiert in meinem Tageshoroskop las, während ich mir genüßlich ein Stück Geburtstagskuchen meines Azubis schmecken ließ.
"Alles ganz normal", hatte meine Schmerztherapeutin beruhigend abgewinkt (ich glaub, ich mag sie vor allem deshalb, weil in ihr ebenso meckelbörger Blut fließt), "die Besten sind immer die, die an sich zweifeln. Nur das Mittelmaß ist von sich überzeugt!"
Eigentlich schöne Worte. Nur... irgendwie im Widerspruch zur Wissenschaft... Obwohl sie doch auch eine wissenschaftlich Studierte ist? Also doch lieber nicht (nach)denken und einfach passieren lassen? Vor zwanzig Jahren funktionierte das bei mir prächtig - aber mit der wunderbaren Last des heutigen Wissens, der heutigen Erkenntnisse... Datt is man gar nich so einfach, nech... Und hatte mir nicht schon nach dem Verkehrsunfall der Neurologe vorgeworfen, ich sei viel zu kontrolliert? Ja was denn nun? Wie denn nun?
"Ihre Schmerzerkrankung", so hatte sie mir zuletzt mit auf den Weg gegeben, "ist das Ergebnis einer Fehldiagnose und damit einer Nichtbehandlung. Stellen Sie sich Ihre Nervenbahnen als Bänder vor, deren Schutzschicht von Bakterien angefressen wurde und die nun freiliegenden Stellen senden seit nunmehr sechs Jahren pausenlos das Schmerzsignal an Ihr Hirn. Platt ausgedrückt: Damit ist ein Schaden im Hirn entstanden."
Super. Klasse Aussage. Hoffentlich fällt diese Information nicht den falschen Leuten in die Hände. Aber irgendwie... wusste ich ja immer, dass ich ein bisschen bluna bin ;-)
"Ist das heilbar?" hatte ich vorsichtig gefragt.
"Selbstverständlich. Und Sie werden kaum glauben, wie einfach es im Grunde ist: Tun Sie sich einfach nur was Gutes, lassen Sie sich Gutes tun! Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen Gutes wollen und Gutes geben! Machen Sie sich endlich mal mehr Gedanken um sich selbst und weniger um die anderen. Umso schneller regeneriert sich die Schutzschicht. Mal einfach ausgedrückt."
Hmm. Auch schöne Worte. Aber kurioserweise: Immer wenn ich das versuche, bin ich das Ego-Schwein... Nichtsdestotrotz wirkt es bis heute erstaunlich gut. Positive Erlebnisse erzeugen ja auch positive Gedanken, das Gesicht entknittert sich, die Augen werden klarer und während zu Beginn der Schmerztherapie auch die profanen Muskeldehnungsübungen ausgesprochen schmerzhaft waren, so lohnte es sich bereits nach einem Jahr, die schmerzfreien Tage innerhalb eines Jahres in einem Kalender anzukreuzen, ohne beim Blick darauf zu denken: Watt... für das bisschen soll sich die Schinderei gelohnt haben?
Ach ja, ich vergaß... Nicht denken... Fühlen! Positiv fühlen! Und zwar unkontrolliert ;-)
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