Sonntag, 16. Januar 2011

Seelentröster

Als ich heute morgen erwachte, wachgeküsst sozusagen mit einem Telefonanruf, aalte ich mich noch kurz einmal nach rechts, einmal nach links, nur um dann festzustellen, dass man 10.32 Uhr vielleicht nicht ungestraft "morgens" nennen sollte.
Mir wiederum stellte sich spontan die Frage: Ein klarer sonniger Januarmorgen, der durchaus vermuten ließ, dass der Frühling nicht mehr weit sei - was fängt man damit an? Noch bisschen liegenbleiben, die Restwärme des Schlafes genießen, in aller Ruhe ein Sonntagmorgenfrühstück zelebrieren und anschließend ein Wellnessprogramm für Haut-Haare-Nägel zu veranstalten?
Die Antwort lautete ganz spontan und unmissverständlich:
Nein!
Und so sprang ich aus dem Bett, unter die Dusche, in die Sportklamotten, sprang mit gleichem Enthuisiasmus in die Sportschuhe "Cool Running", ploppte mir die Kopfhörer in die Ohrmuscheln, stellte den iPod auf "extralaut" (damit ich mein eigenes Keuchen nicht so anhören muss) und lief hinein in einen wunderbaren strahlend sonnigen Tag, der mir schien wie ein junger Frühlingsmorgen - wären da nicht die dick vermummten Spaziergänger, die hübsch geschminkt und nett frisiert am See entlangflanierten, als handelte es sich bei dem jüngst asphaltierten Weg eher um den Laufsteg von Heidi Klum. Ich habe niemals in meinem Leben eine Zigarette geraucht, also ich meine wirklich geraucht, probiert, ja okay, das schon, aber sonst, nein, never - an meine Haut ließ ich nur Wasser und CD (hä hä), aber beim heutigen Frühjahrssport schien mir, als lösten sich aus meinen Lungen irgendwelche Ablagerungen von wann auch immer, die ich aber tapfer im Gegensatz zu all den anderen Sportlern weder auf den Fußweg noch in den anliegenden Graben rotzte; schien es mir, als zerrte die laufbewegte Masse meines Körpers sogar an meinen Herzkranzgefäßen, meinte ich, sie müssten jeden Moment reißen, wenn ich auch nur noch einen Moment weiterliefe. Trotzdem hielt ich tapfer durch, freute mich selbst, heut ein bisschen besser schon wie gestern noch gelaufen zu sein - bis zu jenem Moment, als ich vollkommen erschöpft vor der Haustür stand, Einlass begehrte bei den Jungs, die in der Zwischenzeit den Frühstückstisch gedeckt hatten und mein Jüngster mich eines denkwürdigen Blickes von Kopf bis Fuß maß: "Na Frau Schildkröte, sind wir heute wieder um den Block geschlichen?" - "Hä?" - "Na heute haste länger gebraucht wie gestern und so wie du aussiehst..." - "Großklappe", jappste ich, doch zu mehr Verteidigung reichte weder Atem noch Energie, ich ließ mich einfach fallen auf den mir zugedachten Platz am Tisch, ließ den wohlwollenden Spott meiner faulen Kinder über mich ergehen und muss dennoch sagen: ein geiles Gefühl so nach ein wenig Freiluftsport. Auch wenn ich - um hier noch mal die Haskamp zu zitieren - wie ihre Protagonistin meine Ziele von Baum zu Baum definiert hatte, um nicht gleich den Mut zu verlieren und wieder aufzugeben. Immerhin scheint das Wetter auch die Kinder aus ihrer Höhle zu locken: Während der eine nachher das Skateboard schnappt, tuts der andere mir nach und macht sich samt iPod auf den Weg zum See.
Insofern hatte ich einen Seelentröster eigentlich gar nicht nötig, den ich mir anschließend in das Badewasser hineingoss. Doch wenn ich mir etwas Gutes tun möchte, dann gehören dazu unbedingt ein Bad, klasse Musik - und Schokolade. Und wenn die nicht gleich wieder auf den Hüften landen soll... dann wähle ich eben die Schokolade als Badezusatzvariante und bin allein vom süßen Geruch in meiner kleinen Wohnung gesättigt. Und falls das doch nicht genügen sollte... die Muffins sind auch gleich fertig!

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