Freitag, 14. Februar 2020

17

Eine dieser schier endlosen Bahnfahrten. Eine von diesen zahllosen Reisen, bei denen man aufeinander wartet, sich aufeinander freut, die letzten Stunden sich zu Ewigkeiten dehnen und die wenige Zeit zwischen Ankunft und wieder Abreise so schnell vorübergehen, gleich einem Flügelschlag.. Hier auf dem Bahnsteig sitzen und warten. Eine Stunde zu früh und die unsinnige, aber dennoch Hoffnung, der Zug käme vielleicht eher, vielleicht nur dieses eine Mal.. Über das Warten aufeinander könnten wir vermutlich ein Buch schreiben. Die Gedanken, die Empfindungen des anderen lesen, sehen.. Woran er wohl denkt, wenn er wartet? Ob er auch manchmal denkt "Was tun wir hier?"
Ich erinner mich an jene Nacht mit der einstündigen Verspätung der Bahn. Weil die sowieso nie niemals zu früh kommt.. Ich dachte nichts, ich fror. Und wie dankbar war ich über das Geldstück in der Manteltasche, das mir einen kleinen Kaffee am Automaten erlaubte..

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Ausgelassen wie Kinder, die wir zuweilen sein können, bewarfen wir uns mit dem Meeresboden oder auch Seetang, sprangen ausgelassen im Wasser herum, umschlangen uns, nur um uns wieder voneinander zu lösen und in die Wellen zu werfen, zurück in das Meer, von dem ich manchmal vergesse, wie salzig es schmeckt und wie wundervoll es auf der Haut prickelt.. Wie herrlich die Schaumkronen die nackte Haut einfangen, umspielen und uns mit sich reißen...

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Auf diesem Rad, einem Holländerrad, fuhr ich mit dem Stolz eines Mädchens wie aus einer anderen Zeit.. in einem hellen gestärkten Baumwollrock und einer geblümten Bluse, das Haar zu einem Knoten gewunden, aus dem sich vorwitzige Strähnen lösen, die ich lachend hinter das Ohr streiche, während ich das Rad mit einer Hand über den Deich schlenkere.. Den Blick zurückwerfe auf den Mann hinter mir, die Hosenträger über dem weißen Hemd, das lose über dem Bund flattert.. Und so radelten wir am Meer entlang, oben auf dem Deich, immer dem Leuchtturm entgegen, nur um dort abzusteigen und uns in den warmen Sand zu legen..
So lagen wir, ermattet, ermüdet, mit dem salzigen Geschmack des Meeres auf der Zunge, dem Sand in den Haaren unter dem rosafarbenen Tuch, die Gedanken trieben gemächlich dahin, ließen sich tragen vom auflandigen Wind, der das Murmeln der Wellen zu uns trug.. Der Tag trieb dahin.. auf wundervolle Weise angefüllt mit den Gedanken und Empfindungen, die uns überkamen beim Anblick, beim Entdecken dieses herrlichen Fleckens Erde, den Einheimischen mit ihrem breiten, ruhigen Dialekt und ihren kleinen Häuschen unter den reetgedeckten Dächern und ihren zuweilen wie verwunschen anmutenden Gärten voller wild wachsender Lupinen, dem Mohn und all den Beerensträuchern, deren Früchte bereits den vollmundigen Geschmack des Sommers entwickelt hatten..

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Als wir durch die niedrige Tür des Hauses traten, da atmete ich den Geruch dieses alten Hauses, dieser unverwechselbare Geruch nach frischen Leinen, grünen Äpfeln und Holz. Die Tür zum Zimmer lehnte nur an und noch ehe die Sinne das Zimmer erfassen können, so atmete ich diesen Raum als einen Ort der Schöpfung.. Ein kleines Zimmer, viel Licht, viel Holz und diese Regalreihen voller Bücher und Schallplatten, die geleerte Weinkaraffe und die fast vollständig heruntergebrannten Kerzen.. Und da sah ich mich.. Ich sah mich dort beim Lesen, beim Schreiben, beim Malen, in der Hand zuweilen ein Glas Weißweinschorle, der Blick in den wundervollen Garten.. Und dann sah ich zu dem Mann an meiner Seite hinauf: Teile dieses Leben mit mir.. teile diesen Traum mit mir..
Und in den Augen des Mannes meinte ich einen Glanz zu sehen, der dem meiner eigenen Sehnsucht so ähnlich schien..

♥️

2 Kommentare:

Juna hat gesagt…

Hachz, das ist soooooooo schön

Hr. Blau hat gesagt…

Danke mein ❤️