....Genau das musste ich wiederholt am gestrigen Nachmittag feststellen.
Hatte ich mich schon am vergangenen Samstag vergeblich bemüht, Junior II. mit einem ordentlichen Paar Lederschuhe in Sportschuhoptik auszustatten, scheiterte ich letztlich an der Bemerkung von Junior I. an Junior II.: "Pah, die Botten, da lachen die dich doch aus."
Nichts war "cool" genug, nichts traf den junior'schen Zeitgeist - und dabei dachte ich immer, ich sei eine moderne Frau? Völlig entnervt hatte ich - wie gesagt - bereits Samstag den Schuhladen verlassen, gereizt bis unter die Haarwurzeln - und dasselbe drohte mir gestern Nachmittag bei besagtem neuen Anlauf eines Schuhkaufes in der heimischen City. Siegessicher steuerten wir den 1. Schuhladen an. Siegessicher dahingehend, als dass hier das wohl breit gefächertste Sortiment an Schuhen für jeden Geschmack zu finden war (nein - Schleichwerbung mache ich hier keine! :-)). Und ich war mir sicher, mir damit jede weitere Diskussion und jeden weiteren Besuch eines Schuhladens für das nächste halbe Jahr ersparen zu können.
Doch die Rechnung hatte ich - wie zumeist - ohne Ziggenheimer Junior II. gemacht. Nichts gefiel ihm, nichts entsprach auch nur annähernd seinen Vorstellungen und wenn hier jemand glaubt, es ginge um eine bestimmte Marke oder eben überhaupt eine Marke - ach wo! Schick mussten sie sein, Gummi musste es sein (gegen die Tatsache, dass gerade in dieser Jahreszeit die ihn bereits hochgradig interessierenden Mädels reihenweise in Ohnmacht fallen würden, sobald er auch nur einen Schuh ausziehen würde, war sein Ohr leider Gottes taub) und egal, wie ich auch argumentierte - er wehrte sich stets mit dem einen Satz: "Mensch Mutter, du kaufst dir doch auch keine Schuhe, die dir nicht gefallen." "Natürlich nicht!" schnaubte ich ihn an, "aber ich bin auch nicht nur auf eine Sorte Schuh fixiert!"
Leider Gottes hatte ich noch den Kardinalsfehler begangen, mein Bürooutfit nach der Arbeit nicht noch schnell gegen ein durch-die-City-schlendern-Outfit getauscht (Zeit ist schließlich Geld) und so stöckelte ich missmutig und hungrig durch die Stadt, das Kind sagte schon gar nichts mehr und auf was immer ich auch zeigte oder vorschlug, reagierte es mit einem anklagenden Kopfschütteln.
Warum tue ich mir das eigentlich an???
Diese Frage hämmerte immer lauter in meinem Kopf. Ich sollte Junior II. einfach entsprechend Geld in die Hand drücken und ihn unter Besein von Junior I. am kommenden Samstag einfach allein in die City schicken: "Kümmert euch selber und wehe, ihr bringt was anderes mit als Schuhe!"
Doch bevor ich diese Drohung aussprechen konnte, wagte Ziggenheimer Junior den ersten zaghaften Hinweis: "Im ersten Laden waren welche, die mir gefielen, aber ich weiß nicht, obs die auch in meiner Größe gab."
Als ich ihn daraufhin anschaute, wusste ich nicht, ob ich hysterisch lachen oder schreien sollte.
"Wie wärs denn mal gewesen, wenn du einfach mal gefragt hättest?" herrschte ich ihn dennoch an und von da an lief er etwa 10 m vor mir, stoppte erst an Laden Nr. 1 und auf meine nur-Kopfbewegung hin verschwand er in den Tiefen der Schuhkartons.
Zum Abschluss des Ganzen gönnten wir uns noch eine Bratwurst vom Stand. Hunger macht bekanntlich böse und bevor die Situation unnötig eskalieren würde, gönnte ich unseren Mägen etwas Gutes. Derart gesättigt und besänftigt, erfuhr ich auch den Grund des ganzen Dramas:
Die Tatsache, dass er nunmehr in der Schule eine Ehrenrunde dreht, war schlimm für ihn. Die Tatsache, dass er sich damit einer neuen Schulklasse stellen musste, empfand er als noch schlimmer. Doch gestern - mit Tag 1 in der neuen Schulklasse - hatte er mit Kennerblick herausgefunden, dass die Mädels in dieser Klasse nicht nur hübscher, sondern auch weniger zickig waren, er von einem Mädel bereits seeehhrrr angetan ist (vergessen die große Liebe aus dem Ferienlager, mit der zwar noch fleißig gesimst, aber um die nicht mehr geheult wird ;-)) und damit ein entsprechendes Auftreten an den Tag zu legen ist. Heißt:
Seit gestern wäscht sich das Kind morgens mit Anti-Pickel-Waschcreme, es duscht morgens und abends, das Outfit des Tages wird mehr als sorgfältig und bedacht gewählt und seit gestern ist es auch im Besitz eines ersten eigenen Duftes... Was tut man(n) nicht alles für die Liebe! Dass das Kind erst 13 ist, wage ich mir gar nicht zu sagen - andere zeugen mit 13 Jahren ja heutzutage schon das erste Kind...
Lachen musste ich heut Morgen aber doch, als wir zum Auto schritten und er einen großen Bogen um den hauseigenen Müllcontainer schlug: "Iiiiieehh, ich will nicht, dass der Geruch an mir kleben bleibt. Sonst wird aus meinem Eau de Toilette ein Eau de Eimääärrr!"
Auf dem Weg ins Büro schließlich musste ich beinah ein bisschen wehmütig daran denken, wie unterschiedlich sich doch selbst Brüder entwickeln können... Junior I. mit seinen 19 Jahren steht kurz vor dem Ende seiner Ausbildung, weiß, dass er "nur" ausgebildet, aber nicht übernommen wird, hat trotzdem keinen Plan, keine Idee, was er nach der Ausbildung anfängt, entsprechende Aufsätze an den Chef verfasst er in "Steno"-Form (Satzbau lernen wir doch schon in der Grundschule, oder?), Herrendüfte werden ihm zum Geburtstag förmlich aufgedrängt (vermutlich verdirbt das duftige Wasser, bevor die Flasche geleert ist; es sei denn, man erinnert Junior I. regelmäßig daran, dass er eins besitzt...), die Ausführung seiner Pflichten erinnert mich ebenso regelmäßig daran, dass er zu 50 % ein Fischkopp ist und damit eine Mentalität in die Wiege gelegt bekam, für die er eben nun nichts kann ;-) und überhaupt... und sowieso...
Doch was soll ich sagen... Dafür macht er sich jedes Jahr zu meinem Geburtstag die Gedanken, womit er mir eine Freude machen kann. Und sei es eine Möwe in einer Schneekugel für zwei Euro - der Gedanke zählt! Oder Mitbringsel aus dem Urlaub. An sowas denke nicht mal ich.
Läd die Mama auf ein Eis ein, weils Kino schon teuer genug war... Das wiederum sind z. B. alles Dinge, die Junior II. völlig abgehen. Noch jedenfalls ;-)
Und wahrscheinlich kann man eben nicht alles Gute auf einmal bekommen ;-) Auch wenn ich mich so nicht wirklich beklagen kann. Hört man sich so um, nicken die meisten Eltern, wenn ich irgendwas erzähle. So wie die Frau gestern mit ihrem Sohn, die einige Wortwechsel zwischen Junior und mir mitbekam und lachte: "Gott, kommt mir das alles bekannt vor!"
Dass immer alles glatt liefe, darf man auch nicht erwarten. Doch auch bei Ziggenheimers ist es nicht anders wie in anderen Familien auch: Man will das Beste für die Kinder - eine Zukunft... Sowohl als auch.
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