Sonntag, 31. Juli 2011

Das Ding mit dem Loslassen

Gestern Mittag sind sie zu mir gekommen - meine Söhne, nach zwei Wochen Ferien auf eine Nacht zu mir und heute Vormittag stand ich schon wieder auf dem Bahnhof, um ihnen nachzuwinken, die Tränen im Knopfloch und mit Knien, die nicht nur krankheitsbedingt schlapp und zittrig waren.
Irgendwie denkt man ja immer: Wenn sie mal nicht da sind, werde ich die Zeit genießen, mich nur um mich kümmern, für nix verantwortlich sein, Beine hochlegen, wann ich das will, essen, wenn ich will oder auch nicht, den Abend vertrödeln, ausgehen, malen, whatever - Hauptsache genießen.

Doch wenn die Zeit dann heran ist - ist irgendwie alles doch anders. Und da ist es ganz egal, ob sie sechs Jahre oder sechzehn sind. Nee, ich glaub, so egal auch nicht. Es ist anders, wenn sie älter sind. Finde ich. Wenn sie klein sind, ist man so in seinem Alltagstrott drin, dass einem direkt was fehlt, wenn man diesen Stress grad nicht mehr hat. Wenn sie aber so wie meine Söhne sechzehn und einundzwanzig sind, dann bekommst du irgendwie einen Vorgeschmack, wie das ist, wenn sie ganz ihre eigenen Wege gehen. Wenn sie ausgezogen sind. Wenn sie ihr Essen allein kaufen und zubereiten (obwohl... ich erinner mich da so an Aktionen meines Ältesten zu Zeiten seiner WG... die geöffnete Ravioli-Dose neben dem Bett und der Löffel steckte noch drin... uuuaaarrggghhh... schon allein vom Hinsehen bekam man einen Magenkatarrh :)), wenn du sie höchstens nur noch dann zu Gesicht bekommst, weil du entweder ihre Wäsche waschen darfst oder ihnen das Geld schon vor Monatsende ausgegangen ist.
Und als ich da so heute Morgen stand, auf dem zugigen Bahnsteig, der Regen schüttete wie aus Kannen, und dem Zug nachsah, da überkam mich dieses Gefühl, wie wenn ich meine Söhne ins Nirvana verabschiedete, heim zur Frau oder Freundin oder wenigstens zur Ausbildung irgendwohin, wo ich sie nicht mehr so oft sehen würde... Blödes Gefühl. Leeres Gefühl. Einsames Gefühl. Du gehst nach Hause und begrüßt deine vier Wände, wo immer noch alles nach dir riecht und alles schön ist - aber du bist alleine. Und du ertappst dich dabei, dass du das Shirt deines Jüngsten an dein Gesicht drückst, weil es noch nach ihm riecht; dass du das Bettzeug zusammenräumst, in dem gerade noch dein Ältester gelegen hat - und irgendwie überkommt dich Wehmut. Möglicherweise liegt es auch nur daran, weil es draußen immer noch regnet wie verrückt, dir ist kalt, niemand spricht mit dir und außerdem ist Sonntag - Familientag. Wo sowieso keine Sau für dich Zeit hat. Doch bevor das Selbstmitleid hochkommen wollte, schlief ich erst mal noch ein wenig, bereitete ich mir alsdann ein lecker heißes Käffchen, stellte leichte Sommermusik an und legte Pinsel, Farbe und Leinwand bereit. Ich denk mal, wenn die Burschen in ein paar Wochen wieder da sind, werde ich mir vermutlich wünschen, die Zeit intensiver genossen zu haben ;) Und bis sie ganz ihre Wege gehen... Nun bis dahin hab ich ja noch ein klitzekleines bisschen Zeit.

Quelle Foto: http://www.fotos.sc/img2/u/derbildermacher/h/bahnhof__leipzig__uhr.jpg

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